Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
springt der Hund auf ihn zu und bleibt ganz kurz vor Cams Nest stehen.
»Hey, Streuner!«
Bevor ich es richtig schnalle, bin ich schon die Stufen hinunter in den Schnee gesprungen und marschiere, so schnell ich kann, von der Burg weg. Ich klatsche in die Hände. »Hierher!«
Der Hund bewegt sich von Cam weg und springt im Kreis herum, als ob er seinen eigenen Schwanz jagt. Er benimmt sich wirklich komisch. Und wie schön für mich, ich habe jetzt seine volle Aufmerksamkeit. Er legt die Ohren an und läuft in einem größeren Kreis um mich herum; aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Lily Cam aufhebt und Pete und Alice sich die Boards schnappen. Sie drängen sich an die Tür und schlagen dagegen und rufen nach Smitty. Der Hund läuft immer weiter um mich herum, als ob er eine Schafherde zusammentreibt. Er knurrt jetzt nicht mehr, verhält sich aber immer noch seltsam. Irgendwie glaube ich nicht, dass sich die anderen irgendein Ablenkungsmanöver einfallen lassen, damit ich von hier wegkann. Mit dem Hund von Baskerville muss ich wohl allein fertigwerden.
Von der Burg her kommt ein Quietschen. Das Tor geht auf und Pete, Alice, Lily und Cam fallen praktisch hindurch. Smitty taucht in der Türöffnung auf und guckt total verdutzt.
»Was machst du denn da?« Er starrt mich an, dann bemerkt er den Hund. »Ach, da bist du ja wieder, alter Bursche! Ich hab mich schon gefragt, wo du steckst.« Er beugt sich vor und klatscht in die Hände. Der Hund hört auf zu rennen, stellt die Ohren auf und wedelt mit dem Schwanz. Ohne mich anzusehen, trottet er nach drinnen und bleibt nur kurz stehen, um sich von Smitty den Kopf tätscheln zu lassen.
»Irgendwelche Probleme?« Smitty lächelt mich an.
»Überhaupt nicht.« Ich gehe schnell zu ihm. »Bloß dass dieser Hund gern auf Cam rumkauen möchte.« Ich schiebe mich an ihm vorbei ins Innere. Alice, Lily und Cam halten sich hinter der Tür versteckt. Pete steht mitten in der großen, dunklen Halle.
»Der Hund ist da reingegangen.« Pete zeigt auf die Tür, hinter der das Licht brennen müsste, das wir von draußen gesehen haben. Er grinst mich schief und stolz an. »Ich hab dann zugemacht.«
»Gott sei Dank.« Lily überläuft ein Schauder. »Der war drauf und dran anzugreifen.«
»Dieser harmlose alte Kläffer? Niemals …«, sagt Smitty. »Wahrscheinlich kann er bloß keine kleinen Kinder leiden. Das geht vielen Hunden so, wer kann’s ihnen verdenken? Jedenfalls steht da drin sein Korb und er will vermutlich bloß ein bisschen pennen.« Er tastet an der Wand herum. »Hier muss doch irgendwo ein Lichtschalter sein.«
»Du hast dir ganz schön Zeit gelassen«, schimpfe ich. »Musstest du dir unbedingt die ganze Burg anschauen, bevor du mal nachsiehst, ob wir da draußen schon erfroren sind – oder Schlimmeres?«
Smitty guckt mich schmollend an, aber seine Augen blitzen. »Nur das Erdgeschoss. Sicherheitshalber.«
Wenn hier Leute wären, hätten sie sich inzwischen schon blickenlassen, denke ich mal. Laut genug waren wir ja.
»Wie bist du reingekommen?«, fragt Pete.
»Durch Findigkeit und Einfallsreichtum«, sagt Smitty. »Und durch die Hintertür. Sie war nicht abgeschlossen. Auf dem Land sind die Leute echt seltsam drauf.«
»Hab ihn.« Alice schlägt auf den Lichtschalter und wir keuchen alle auf.
Wir stehen auf einem polierten Fußboden aus dunklem Holz und das Licht kommt von drei Kristallleuchtern her, die unter der hohen Decke hängen. Vor uns führt eine geschwungene Treppe nach oben und die Wände sind bedeckt mit verblichenen Gobelins, auf denen Vögel, Hunde und Pferde drauf sind. Überall stehen Regale und Garderoben und Anrichten. Kleine Statuen und große Statuen. So ein antikes Fahrrad mit einem ganz großen und einem ganz kleinen Rad. Und ein riesiger Globus mit Ländern in Gelb und Grün und Meeren in einem dunklen Gewitterlila. Cam flitzt dorthin und dreht ihn kichernd an. Die Farben wirbeln, verschmelzen ineinander.
»Nicht so prickelnd«, sagt Lily ruhig.
Es ist wie eine Filmkulisse. Man könnte hier die coolsten Partys feiern.
»O Gott, voll gothmäßig«, sagt Alice und zeigt in eine Ecke. »Da ist ein Sarg.«
Wir gehen hin. Er ist groß und schwarz und steht hochkant an der Wand unter der Treppe. Im Deckel ist eine Glasscheibe eingelassen.
»Ein Fenster!«, sagt Alice. »Voll abartig.« Sie dreht sich um und sieht uns ungläubig an. »Wohnen hier Vampire?«, flüstert sie.
Smitty kichert. »Das fändest du toll, was? Wenn dir irgendein
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