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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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Professor konnte sich an sie erinnern. Es war beinahe so, als hätte sie vor ihrer Ehe mit Thomas Belolavek nicht existiert.
    »Jeder hat die gemocht«, meldete sich Bauer, sein junges, rundes Gesicht glänzte vor Eifer, und plötzlich sah er geradezu gesund aus. Er schaute auf seinen Notizblock. »Ich versteh das nicht. Die Leute haben geradezu geschwärmt von ihr. Aber richtig gekannt hat sie keiner.«
    »Was ist mit Thomas Belolavek? Habt ihr da was?«, fragte Mona.
    Thomas Belolavek hatte zwei vier Jahre jüngere Zwillingsschwestern, die in Berlin lebten und von Kollegen vor Ort vernommen worden waren. Beide wussten von nichts. Ihr Verhältnis zu ihrem Bruder und dessen Schwägerin sei normal gewesen. Thomas habe manchmal bei ihnen vorbeigeschaut, wenn ihn Geschäftsreisen nach Berlin führten. In letzter Zeit aber selten. Karin hätten sie seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen, ihre Tochter zum letzten Mal bei ihrer Taufe. Also vor fünfzehn Jahren.
    »Sie wollen wissen, wann die Beerdigung stattfinden kann«, sagte Forster. »Sie sagen, die Eltern würden täglich bei ihnen anrufen und fragen.«
    »Was wollen die denn beerdigen? Da ist doch nichts mehr übrig«, sagte Fischer. Er riss mit den Zähnen eine Chipstüte auf.
    Forster sah ihn sauer an. Seine Mutter war vor zwei Monaten gestorben, und seither reagierte er dünnhäutig. »Du weißt überhaupt nicht, wie das ist«, sagte er.
    »Was?«, konterte Fischer mit vollem Mund und hielt die Tüte in die Runde. Alle außer Forster und Bauer bedienten sich.
    »Wenn jemand stirbt, den man liebt. Du Arsch weißt überhaupt nicht, was das heißt.«
    »Okay, Ruhe jetzt«, sagte Mona. »Also, die Beerdigung kann erst mal nicht stattfinden. Wir brauchen die Leiche noch. Sag ihnen das, Karl. In netten Worten. Wir müssen unbedingt jemanden engagieren, der uns den genauen Todeszeitpunkt ermitteln kann. Genauer als Herzog und sein Team.«
    »Wer soll das denn sein?«, fragte Fischer erstaunt.
    »Das werden wir sehen. Ich bespreche das morgen mit Berghammer. Ist noch was? Sonst beenden wir das für heute.«
    Es ging ihr schwer über die Lippen, nach einem halben Jahr noch fast genauso schwer wie anfangs. Sie standen am Anfang einer schwierigen Ermittlung. Es gab nach drei Tagen null Resultate. Die Medien riefen im Viertelstundentakt bei der Pressestelle an. Spätestens morgen Mittag würde Berghammer eine Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen geben müssen.
    Keiner ihrer Kollegen würde in einer derartigen Situation um vier nach Hause gehen. Aber sie hatte diese Ausnahmeregelung mit Berghammer vereinbart, und sie sagte sich, dass sie kein schlechtes Gewissen haben musste. Es war alles korrekt. Ihre Kollegen hatten entweder gar keine Kinder oder Ehefrauen oder Freundinnen, die sich um sie kümmerten, Mona hatte nur Anton, den es offiziell nicht gab.
    Das interne Telefon klingelte. Mona griff nach hinten und hob den Hörer ab. Es war Berghammers Sekretärin. »Mona, da ist eine Frau, die sagt, sie sei eine Freundin von Karin Belolavek gewesen. Soll ich sie durchstellen?«
    »Hast du ihre Personalien?«
    »Sie wollte nicht.«
    »Hast du ihre Nummer auf dem Display?«
    »Nee.«
    Die anderen waren bereits aufgestanden und sahen Mona fragend an. Sie gab ihnen Zeichen, dass sie gehen konnten. »Okay, stell sie durch, Lucia«, sagte sie in den Hörer. »Wir sind hier fertig.«
    »Okay. Servus, Mona.« Ein Klicken ertönte, dann war die Leitung wieder frei. Mona hörte schweres, hastiges Atmen. Es klang nach einer alten Frau.
    »Wer spricht da bitte?«
    Die Frau am anderen Ende räusperte sich.
    »Hallo? Mit wem spreche ich, bitte?«
    »Theresa Leitner«, sagte die Frau schließlich. Auch ihre Stimme klang alt, heiser und brüchig. Mona sah auf die Uhr. Zehn nach vier. Um halb fünf musste sie Lukas vom Hort abholen. Halb fünf pünktlich. Die verstanden da keinen Spaß.
    »Hören Sie«, sagte sie zu Theresa Leitner. »Kann ich Sie von einem anderen Apparat aus zurückrufen? In zwei Minuten?«
    »Sicher. Mir ist das egal. Sie können auch gleich vorbeikommen.«
    »Nein, das geht jetzt nicht.« Mona kramte nach einem Stift. »Können Sie mir bitte Ihre Nummer geben?« Sie wusste, es war ein Risiko dabei. Manche Zeugen meldeten sich nur ein einziges Mal, und dann musste man dranbleiben, um sie nicht zu verlieren.
    »Sieben sechs neun null zwei eins.« Sechs Ziffern nur. Eine alte Nummer, wenn sie stimmte.
    »Okay. Ich rufe Sie sofort zurück. Zwei Minuten.«
    »Von mir aus.

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