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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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hat sich das ausgedacht.«
    »Ja. Weiß ich, dass du das denkst.«
    Was, wenn er Recht hatte? Dann hatten sie - nichts. Außer einem Mord, der nach allen Regeln der Wahrscheinlichkeit niemals hätte stattfinden können. Gewalt innerhalb der Familie? Der Vater ein Schläger, die Mutter wehrte sich ein einziges Mal, dann aber richtig? Frauengefängnisse waren voll solcher Täterinnen, die sich nicht auf Notwehr oder Affekt hatten berufen können, weil sie den Tod ihres Peinigers planen
mussten.
Aber nichts wies bei Thomas Belolavek auf versteckte Gewalttätigkeit hin. Einfach nichts.
    Es gab Täter, die im öffentlichen Leben perfekt funktionierten, denen man nicht ansah, dass sie sich im Familienkreis, scheinbar von einer Sekunde auf die andere, in stumme, gnadenlose Berserker verwandeln konnten. Forster und Schmidt hatten deshalb mit Karin Belolaveks Gynäkologin gesprochen. Ergebnis: regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen alle paar Monate, ganz wie es die Gesundheitsbroschüren empfehlen. Keine Narben, keine blauen Flecke unklaren Ursprungs, keine auf geheimnisvolle Weise gebrochenen Glieder. Kein Hinweis auf Misshandlungen.
    Missbrauch der Tochter? Die Lehrer schwärmten von der Intelligenz, dem wachen Wesen von Maria Belolavek. Ihre Freundinnen bewunderten sie. Maria war so intelligent, hübsch und selbstsicher. Sie hatten sie manchmal besucht, in letzter Zeit allerdings selten. Sie habe sich die Haare kurz geschnitten. Das habe cool ausgesehen, aber auch seltsam. Ihr Vater sei so nett gewesen. Ob Maria sich komisch benommen habe, wenn er dabei gewesen sei?
    Nö.
    Man musste bei ihnen nicht mal um den heißen Brei reden, sie wussten alle aus der
Bravo
Bescheid. Es gab darüber hinaus eine Schulpsychologin, die jederzeit ansprechbar war, auch und gerade für diese Problematik. Maria hatte sie nie konsultiert. Keine Auffälligkeiten im Verhalten. In letzter Zeit, sagte ein Lehrer, sei sie zwar etwas blass gewesen. Aber dafür erstklassige Schulnoten. Kein Anhaltspunkt für einen entsprechenden Verdacht.
    Eine blitzsaubere, glückliche Familie.
    Was hatte sie gesprengt?
    Mona ging zurück in ihr Büro. Sie hatte nun eine wirklich gute Begründung, um den Pfarrer ein zweites Mal zu kontaktieren.
    »Wie wär's, wenn wir uns zum Mittagessen treffen? Dort können wir reden.«
    »Was?«
    »Ja. Sie können ja Ihren Recorder wieder mitbringen. Funktioniert doch bestimmt auch mit Batterie.«
    »Nein.«
    »Na gut, dann nehmen Sie eben Ihren Block. Bei mir um die Ecke ist ein netter Biergarten. Nicht grade leise, aber das beste Wiener Schnitzel im Umkreis von hundert Kilometern.«
    »Also...«
    »Jetzt hören Sie schon auf. Auch Kommissare müssen mittagessen.«
    Der Biergarten lag neben einer lauten Hauptverkehrstraße, immerhin abgeschirmt durch ein paar kränklich aussehende Kastanienbäume. Jeder der eng stehenden Tische war besetzt, obwohl ein scharfer, kühler Wind wehte und sich die Sonne wieder seltener sehen ließ. Der gekieste Boden knirschte überlaut unter Monas Schritten, als sie versuchte, unter all den fremden Gesichtern Grimms vertrautes ausfindig zu machen.
    Grimm saß nahe an der Hauswand, an einem sonnigen, windstillen Platz. Er winkte ihr zu, auf seine lässige, unbeschwerte Art. In dieser profanen Umgebung wirkte er eher wie ein jugendlicher Universitätsprofessor als wie ein Mann Gottes. (Andererseits hielten sich Monas Erfahrungen mit Männern Gottes in Grenzen. Sonntägliche Kirchgänge waren in ihrer Kindheit nicht gerade die Regel gewesen, und von ihrer Mutter hatte sie ganz andere Dinge gelernt als Gebete. Sich unsichtbar machen zum Beispiel, damit der rasende, ziellose Zorn ihrer Mutter gar nicht erst die Möglichkeit bekam, Mona ins Visier zu nehmen, sondern sich an einem Kissen oder einem Stuhl abreagieren konnte.)
    »Guter Platz hier?« Er sah sie mit einem merkwürdig schiefen Grinsen an, als wollte er etwas ganz anderes wissen.
    »Ja.« Mona setzte sich.
    »Wo haben Sie Ihren Block?«
    »Kein Block. Ich will Sie nicht vernehmen.«
    Der Pfarrer trug eine beige Leinenhose und ein hellblaues Hemd, von dem die obersten drei Knöpfe offen standen. Sein graues Jackett hatte er hinter sich über die Stuhllehne gehängt. In der Sonne wirkte sein blondes Haar leicht rötlich, und auf seinem Hals entdeckte Mona ein paar Sommersprossen. Sie zog den Parka aus. Ihre Jeans mussten mal wieder in die Wäsche, und ihr Baumwollpullover war zwar sauber, aber so alt, dass man kaum noch seine Ursprungsfarbe erahnen

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