Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
Vom Netzwerk:
vorgelesen, ihrem - ähm - vorletzten Roman. Ach, jetzt erinnere ich mich. Weißt du, warum sie hier war?«
    »Nein, warum?« Mona unterdrückte eine schier überwältigende Gähnattacke. Einen Moment lang erwog sie, Wilhelm zu fragen, ob hier irgendwo eine Couch herumstand. Zum Hinlegen. Nur für fünf Minuten.
    »›Der Hass‹ spielt in einem Internat. Ich fand, das passte.«
    Mona sah ihn verständnislos an.
    »Auf das hier. Gut, kein Internat. Aber doch was irgendwie Vergleichbares.«
    »Eine JSA? Du spinnst doch!«
    »Die Stein hat das aber auch so gesehen. Sie hat sogar vor ihrer Lesung einen Vortrag darüber gehalten.«
    »Über die Ähnlichkeit zwischen einem Internat und einem Knast? Die muss ja einen echten Schatten haben!«
    Wilhelm schloss den Folder. Er presste die Lippen zusammen und sah beleidigt aus. Mona erinnerte sich zu spät, dass er zu den Leuten gehörte, denen man nicht widersprechen durfte, weil sie sonst zuklappten wie eine Auster. Andererseits hatte sie ihm nicht widersprochen, sondern nur gewisse Dinge gerade gerückt. Trotzdem sollte sie sich vielleicht entschuldigen. Andererseits brachten Entschuldigungen die meisten Adressaten erst auf die Idee, dass es einen Grund gab, sich aufzuregen. Also ließ sie es sein.
    »Die Insassen«, sagte sie. »Wer von deinen Kandidaten war dabei? Gibt's da 'ne Liste?«
    »Hör mal, als Erstes redest du jetzt mal Klartext. Wieso willst du so was wissen? Was interessiert dich das? Ich meine, es ist ewig her, und an dem Abend ist überhaupt nichts passiert. Alles lief gut.«
    »Warst du dabei?«
    »Na sicher. Glaubst du, ich lasse eine Frau allein unter lauter halbwüchsigen Killern rumsitzen?«
    »Apropos Frau. Kennst du diese hier?« Mona reichte ihm ein Foto von Karin Belolavek hinüber. Wilhelm nahm den Abzug in die Hand. Er runzelte die Stirn. »Kommt mir bekannt vor. Weiß aber jetzt nicht, wo ich sie hintun soll.«
    »Karin Belolavek. Kam von der Kirche, also dieser Gemeinde aus dem Westend. Eine Ehrenamtliche. Erinnerst du dich an sie? Sie müsste alles organisiert haben. Von der Gemeinde aus.«
    Wilhelm drehte das Foto zwischen seinen sehnigen Fingern. Er betrachtete es sorgfältig, in einem Anfall von Übereifer sogar von der Rückseite.
    »Und?«, drängte Mona. Ihre Gedanken drohten abzuschweifen, und sie bemühte sich angestrengt, sie auf Kurs zu halten. (Wieder war es fünf vorbei, wieder musste Lukas vom Hort abgeholt werden, wieder hatte sie selbst es nicht geschafft. Wieder würde Lin einspringen müssen. Zum soundsovielten Mal.)
    So geht das nicht, Mona. Du benimmst dich, als seist du Single. Du hast Verantwortung für Lukas.
    Eben. Und weil ich Verantwortung habe, arbeite ich für mich und meinen Sohn. Von einer Vollzeitmutter, die Sozialhilfe bezieht, hat er nichts.
    Das verlangt ja auch keiner.
    Dann gib mir einen Tipp, wie ich's sonst machen soll. Halbtags arbeiten geht in meinem Job nicht. Soll ich von Antons Geld leben?
    Nein, aber...
    Oder von deinem?
    Also...
    Hey, Lin. Sag schon, wie ich's besser machen soll. Ich wäre wirklich dankbar für jeden Tipp.
    »
Sag schon, Will...helm. Kennst du sie?«
    »Phhh... Kann sein. Ich glaube, sie war hier, aber... Das Ganze ist ein Jahr her, verstehst du. Ich bin mir nicht sicher.«
    »Okay. Wer war sonst alles anwesend? Wer von den Insassen?«
    Wilhelm zog ein zerknittertes, mit blauem Kugelschreiber beschriebenes Blatt aus dem Folder. »Warte mal... Ja, das ist die Anwesenheitsliste. Zehn von den Jungs sind gekommen, der Rest kam von außerhalb. Lauter Frauen übrigens, da kann ich mich noch dran erinnern.«
    »Toll.«
    »Genau. Lauter Frauen, die beim Anblick der Jungs rumgiggelten. So viele auf einmal hatten wir seit Jahren nicht mehr hier. Willst du jetzt die Liste, oder was?«
    »Die Liste allein reicht nicht. Ich muss wissen, wer von denen hier noch sitzt. Alle, die noch sitzen, die können wir gleich streichen.«
    »Erst will ich wissen, worum es geht.«
    »Der Mordfall Thomas Belolavek. Hast du darüber nicht in der Zeitung gelesen?«
    »Mann! Diese Leiche im Gartenhaus?«
    »Geräteschuppen.«
    »Und sie war's? Diese Karin Bedingsda?«
    »Der Tote war jedenfalls ihr Mann. Die Belolavek ist flüchtig. Oder auch tot.«
    »Kein Anhaltspunkt?«
    »Bisher nur falsche Spuren.«
    »Und was haben die Jungs damit zu tun?«
    »Wissen wir noch nicht. Aber vielleicht hatte sie mit einem von ihnen eine Affäre. Dass sie eine Affäre hatte, wissen wir. Dass er viel jünger war als sie auch. Aber

Weitere Kostenlose Bücher