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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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Wort.
    M-A-C-H-T.
    »Du hast total viel Power«, sagt Kai zu Maria, diesmal in normaler Lautstärke. Ihre Stimme hört sich verblüfft und beinahe neidisch an.
    »Das bin doch nicht ich«, sagt Maria. Eine leise Angst erfasst sie.
    »Doch«, sagt einer der anderen Jungen. Sie kennt ihn nicht. »Wir machen hier schon seit 'ner halben Stunde rum. Und kaum bist du da, tut sich was.«
    »Stell ihm eine Frage«, sagt Kai.
    »Wem?«
    »Das ist der Hilfsgeist. Er redet mit uns durch die Plakette. Frag ihn, was du wissen willst, er wird dir antworten. Du kannst die Frage auch denken.«
    Maria schließt die Augen. Sie würde lieber gehen, aber gleichzeitig ist etwas an dem Spiel, was sie fasziniert. Sie denkt die erste Frage, die ihr in den Sinn kommt.
    Wer ist Kai?
    Unter dem tiefen Schweigen aller rutscht die Plakette hin und her und bildet schließlich ein neues Wort.
    G-E-F-A-H-R.
    Ihr bricht der Schweiß aus. »Was hast du gefragt?«, will der Gastgeber wissen.
    »Das ist geheim«, sagt Maria. Die Blicke der anderen sind ihr lästig. Sie will weiterspielen, aber nicht als Hauptperson. Sie glaubt nicht an diesen angeblichen Hilfsgeist. Kai ist alles andere als gefährlich, das weiß sie einfach. »Ich könnte Fragen stellen, die von euch kommen«, schlägt sie vor. Zu ihrer Überraschung verfängt der Vorschlag sofort. Auch die Atmosphäre entspannt sich. Der Gastgeber sagt: »Also, ich will wissen, ob eine gewisse Du-weißt-schon-wer auf mich steht.« Er grinst und sieht Maria an, und sie kapiert mit Verzögerung, dass mit Du-weißt-schon-wer sie gemeint ist. Aber sie lässt sich nichts anmerken. Sie schließt die Augen und stellt die Frage im Geist noch einmal.
    H-A-H-A.
    Die Gruppe explodiert vor Gelächter. Ein Junge ruft: »Hey, und ich will wissen, ob Barbie gut poppt!«
    B-E-S-S-E-R-O-H-N-E-D-I-C-H.
    Gefeixe, Gelächter. Der Junge produziert ein schiefes Grinsen.
    »Ihr seid so kindisch«, sagt Kai plötzlich. Gelassen nimmt sie ihren Finger von der Plakette und zieht den anderen das Brett darunter weg.
    »Hey! Was soll'n das?«
    »Für den Scheiß gebe ich das Ding nicht her!« Kai legt das Brett in aller Ruhe zusammen. Es gibt noch ein paar vereinzelte Proteste, dann stehen schließlich alle auf, gähnend. Nach ein paar Sekunden ist das Zimmer leer bis auf Maria und Kai. Kai öffnet das Fenster, damit der Rauch abziehen kann. Musik und ausgelassene Stimmen dringen mit der frischen Nachtluft in den Raum, und Maria ertappt sich bei dem Gedanken, dass sie gern wieder unten wäre bei den anderen.
    »Willst du runter?« Kai stellt diese Frage in einem ganz normalen Ton, so als sei ihr jede Antwort recht. Aber Maria spürt, dass sie sie auf die Probe stellt. Wenn sie jetzt ja sagt, hat sich ihre Verbindung erledigt. Dann wird es keine Freundschaft geben.
    »Ich würde lieber hier bleiben«, sagt sie also. Kai heftet ihren hypnotischen Blick aus ihren schwarz umrandeten Augen auf Maria. Einen so schönen Menschen hat Maria noch nie gesehen. Kai ist schlank, hat einen kleinen Busen, ihre Lippen sind voll und scharf geschnitten, ihre Wangen, ihre Stirn so perfekt geformt wie bei einer Statue. Maria lächelt unwillkürlich. Die anderen können ihr gestohlen bleiben.
    »Ist das dein Brett?«
    »Ja.«
    »Warum hast du's eingepackt?«
    Kai streicht ihr mit dem Handrücken ganz leicht über die Wange. »Wieso? Willst du weitermachen?«
    Eigentlich nicht. Aber dann wieder doch. »Ja.«
    Kai kniet sich hin, packt das Brett wieder aus und legt es zwischen sie beide. »Weißt du, wie alt dieses Spiel ist?«
    »Nein«, sagt Maria vorsichtig. Das Brett wirkt zwar abgegriffen, aber keineswegs antik.
    »Ich meine nicht das Ding da speziell. Das haben mir Leute aus Amerika mitgebracht. Dort gibt's so was in jedem Drugstore. Ich meine insgesamt.«
    »Keine Ahnung.« Sie legen beide ihre Zeigefinger auf die Plakette.
    »Jahrhunderte. Es stammt aus Frankreich und Deutschland. Deshalb heißt es Ouija. Abtrünnige Mönche haben es erfunden. Sie hassten Gott und nahmen durch das Brett Kontakt zu den gefallenen Engeln auf.« Die Plakette bewegt sich nicht.
    »Warum haben sie das getan?«
    »Gott hatte sie enttäuscht. Sie haben andere Wege gesucht, mit der Meta-Welt zu kommunizieren.« Die Plakette bewegt sich, ruckartig, unschlüssig. »Die Power ist da«, sagt Kai. »Stell eine Frage.«
    »Mir fällt keine ein. Stell du eine.«
    »Das glaube ich dir nicht«, sagt Kai ruhig. »Du hast eine Menge Fragen. Du brauchst keine Angst zu

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