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Untreu

Titel: Untreu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa v Bernuth
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Augen waren völlig trocken geblieben. Sie hatte den Koffer zugemacht und danach in aller Ruhe ihre Reisetasche aus dem Kellerabteil geholt, um darin Schuhe und Waschzeug zu verstauen. Er verlegte sich aufs Flehen.
    Ich könnte was anderes machen. Ich könnte wieder zur Schupo gehen.
    Ach ja, toll.
    Ich könnte...
    Polizei ist Polizei, Patrick, verstehst du? Ist doch egal, in welcher Abteilung. Da geht's immer nur um schlechte Sachen. Wenn nichts Schlechtes passiert, braucht euch kein Mensch.
    Und das war die Wahrheit. In guten Zeiten brauchte niemand Leute wie ihn. Sie wollte einen Mann für gute Zeiten. Konnte man ihr eigentlich nicht übel nehmen.
    Seit drei Tagen aß Bauer fast nichts mehr. Seine Rippen standen heraus, sein Schädel war knochig und hohlwangig geworden. Manchmal betrachtete er sich im Spiegel des Waschraums und fuhr mit den Fingerspitzen die hageren Linien seines Gesichts ab.
    Sein Telefon klingelte, und er schrak schuldbewusst zusammen.
    »Patrick, Konferenz!«
    »Komme schon.«
    Konferenz. Diese Zwangsveranstaltungen mit all den schrecklichen Leuten, die sich Kollegen nannten und sicher schon längst hinter sich hatten, womit er sich zum ersten Mal abquälte.
    Dieses ewige Gequalme.
    Diese öden Witze, immer bevor Mona den Raum betrat.
    Mona
Mördertitte.
    Er stand auf und nahm seine Unterlagen.
    Diesmal gab es keine Mördertitten-Witze, denn Mona war schon da und klopfte ungeduldig mit einem Kugelschreiber auf ihren Block. Links neben ihr lümmelte Forster, wie üblich mit Kippe im Mund, rechts saß Fischer, nicht mehr so blass wie vorhin, aber ausnahmsweise ohne Chipstüte, neben Fischer saß Schmidt. Berghammer lehnte am Fensterbrett. Als Bauer hereinkam, drückte Berghammer sich ab und schloss das Fenster, sperrte den Straßenlärm, die Sonne und den warmen Wind aus.
    »Geht's dir gut, Patrick?«
    Berghammers väterlich besorgte Stimme löste Alarmsignale in Bauers Kopf aus.
Gehtsdirgutpatrickwiuuwiuuuwiiiuuu.
    »Ja«, sagte Bauer. »Alles okay.« Sie würden ihn wieder zurück zur Schupo schicken, wenn er sich nicht zusammenriss. Und dann hätte seine Freundin für gar nichts mit ihm Schluss gemacht.
    »Gerade auf Diät?«
    Bauer schaffte es zu lächeln. »Kommt alles wieder drauf.«
    »Wieso? Sieht doch gut aus. Stehen die Mädels drauf.« Die anderen lachten. Bauer dachte,
leckt mich, ihr Arschlöcher
. Er setzte sich neben Schmidt, der ihn nicht ansah, obwohl er immer noch lachte. (Über ihn. Und dann traute er sich nicht mal, ihm ins Gesicht zu sehen.)
    »Es kommen drei in Frage«, sagte Mona auf ihre übliche sachliche Art, als hätte sie gar nicht mitbekommen, was hier ablief. Das Gelächter verstummte aprupt.
    »Drei«, wiederholte Mona. »Das ist schon mal ein guter Anfang.« Welche drei? Er hatte irgendwas verpasst.
    »Milan Farkas, heute dreiundzwanzig«, fuhr sie fort, »hat mit sechzehn seine Freundin umgebracht. Totschlag, sechs Jahre Jugendstrafe, vier Jahre später auf Bewährung entlassen. Zur Zeit der Lesung war er kurz in U-Haft wegen einer anderen Sache, nämlich Körperverletzung mit Todesfolge. Ihm konnte nichts nachgewiesen werden. Verhandlung und Entlassung aus der JSA zwei Wochen später. Wolfgang Heiermann, heute achtundzwanzig, zehn Jahre Jugendstrafe wegen Mord, Eifersuchtsdelikt, war vier Monate nach der Lesung frei. Hanno Jindjic, heute zwanzig, schwerer Raub mit Körperverletzung, Jugendstrafe, auf Bewährung entlassen.«
    »Alle andern sitzen noch?«, fragte Berghammer.
    »Ja. Zwei sind verlegt worden. Unwichtig für uns.«
    »Und wenn sie zu den Weib... den Frauen gehört, die an Strafgefangene Liebesbriefe schreiben?«
    Mona sah Berghammer verständnislos an.
    »Du weißt schon«, sagte Berghammer, »diese...«
    »Ich hab schon verstanden. Die Leitner hat aber klar gesagt, es war eine Affäre. Mit allem Drum und Dran. Keine läppischen Briefchen hin und her.«
    »Ist ja gut«, sagte Berghammer. Bauer wusste nie so genau, woran man mit ihm war. Wegen seiner massigen Statur und seiner tiefen Stimme wirkte er schwerfällig, friedfertig und langsam. Aber er konnte unvermutet scharf schießen.
    »Ich denke, wir sollten gar nicht lange reden«, erklärte Mona. »Wir nehmen uns die Typen vor. Jetzt sofort. Wir rufen nicht an, wir laden nicht vor, wir fahren hin und führen die Vernehmungen vor Ort. Ich will nicht, dass einer von denen plötzlich nie mehr zu Hause ist.« Sie sah Berghammer an. »Was hältst du davon?«
    Berghammer nickte und machte gleichzeitig ein

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