Untreu
wofür?«
»Bauer sollte Farkas observieren. Wir hatten keine Leute frei, das hast du selber gesagt, und wir kommen anders nicht weiter, wir...«
»Ist schon gut. Also, du schickst ihn allein los, Farkas zu überwachen, und was dann?«
»Ja.«
»Und dann? Hat er sich zwischendrin gemeldet?«
»Nein. Keine Ahnung, was los war. Wir hatten ausgemacht, er meldet sich. Ich hab zweimal versucht, ihn anzurufen, aber sein Handy war entweder aus oder kaputt oder was weiß ich. Ich hab jedenfalls keinen Empfang bekommen.«
»Vielleicht war er grade an ihm dran und hat's deshalb ausgeschaltet«, sagte Fischer plötzlich. Sein Ton war weder mürrisch noch aggressiv, sondern einigermaßen sachlich. Mona fühlte sich eine Spur erleichtert.
»Wir hatten Vibrationsalarm vereinbart«, sagte sie.
»Aha«, sagte Berghammer.
»Wir hatten vereinbart, dass Bauer, sollte er gerade nicht reden können, sein Handy vibrieren lässt, bis die Mailbox anspringt, und mich dann zurückruft, sobald er wieder kann.«
»Warum hat er sich nicht von selber mal gemeldet?«
»Weiß ich nicht.«
»Du hast keine Ahnung, was passiert ist«, fasste Berghammer zusammen. Er nickte vor sich hin, als sei nun alles klar.
»Nein, keine.«
Nichts war klar, und Berghammer schien, ein seltenes Ereignis, nicht mehr recht weiterzuwissen. Er bewegte sich unbehaglich auf dem für seine Figur zu schmalen und klapprigen Stuhl. Ein Arzt kam aus der Notaufnahme und blieb bei ihnen stehen. »Sie sind die Kollegen von Herrn Bauer?«
»Was ist mit ihm?«, fragte Mona. Ihr Herz begann zu hämmern, von Sekunde zu Sekunde unangenehmer und schmerzhafter, so als würde es unaufhörlich wachsen und irgendwann den Brustkorb sprengen.
Der Arzt sah sie prüfend an. »Ich hab mal ein Praktikum in Chicago in einer No-Go-Area gemacht«, sagte er. »Da hatte die Hälfte der Patienten unter fünfundzwanzig solche Wunden. Die andere hatte Schussverletzungen.«
»Was für Wunden?«
»Messerstiche. Ein kleines, scharfes Messer, die Klinge war vielleicht zehn Zentimeter lang. Der Täter hat gut getroffen, zwischen den Rippen durch. Ist gar nicht so einfach.«
»Wie geht's ihm?«, fragte Berghammer mit scharfem Unterton in der Stimme.
Der Arzt ließ sich nicht beirren. »Kann hier noch keiner sagen. Er kriegt Blutkonserven. Wir müssen sehen, wie sich die Organe regenerieren. Nach der OP kommt er auf die Intensiv.«
»Wird man mit ihm reden können?«, fragte Fischer.
»Erst mal nicht. Bitte halten Sie sich dran. Haben Sie die Telefonnummer seiner Eltern? Frau oder Freundin?«
»Eltern«, sagte Mona. Sie kramte einen Zettel aus ihrer Tasche und reichte sie dem Arzt. Der steckte sie in seine Kitteltasche und ging. Er sah nicht so aus, als würde er sich sofort auf die Suche nach dem nächsten Telefon machen.
»Wir müssen eine Großfahndung nach Farkas einleiten«, sagte Berghammer. Er stand auf und dehnte sich.
»Ja«, sagte Mona. Sie stand ebenfalls auf, obwohl sie am liebsten sitzen geblieben wäre, so lange, bis sie wusste, was mit Bauer sein würde. Es gab nichts Wichtigeres im Moment als die Gewissheit, dass Bauer wieder gesund werden würde. Wenn nicht, wäre alles vorbei für sie. Ihr Beruf, ihre Karriere, ihre ganze Arbeit, für die sie so viel geben und so viel einstecken musste und die sie dennoch liebte. Aber vielleicht wäre ein Schlussstrich sogar das Beste.
Für sie. Und für die Allgemeinheit.
»Du kannst nicht hier bleiben«, sagte Berghammer. »Tut mir Leid.«
»Ich weiß.«
»Wir müssen die Fahndung...«
»Ich weiß. Aber kann nicht einer von der Schupo kommen?«
»Hab ich schon veranlasst«, sagte Berghammer. »Wir halten hier Kontakt. Wir erfahren alles, was - äh - passiert.« Langsam gingen sie zu dritt auf den Ausgang zu. Draußen war es neblig und kalt. Gelbbraune Blätterhaufen lagen auf der Kastanienallee vor der Klinik.
»Kann ich dich mitnehmen?«, fragte Berghammer.
»Danke, ich bin mit meinem Wagen da.«
»Okay. Bis gleich.« Fischer und Berghammer gingen zu Berghammers Auto, das er auf dem Parkplatz neben der Notaufnahme abgestellt hatte, obwohl den nur Angestellte des Krankenhauses benutzen durften.
»Martin!« Mona lief hinter ihnen her. Berghammer drehte sich überrascht um. Mona blieb vor ihm stehen, trotz der Kälte mit erhitzt roten Wangen.
»Wird das... Wirst du mich...«
»Nein«, sagte Berghammer nur.
»Also...«
»Es gibt kein Nachspiel, Mona, du bist weiter dran. Bei Nachfragen nehm ich das auf meine Kappe. Wir
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