Unvergessen wie Dein Kuss
dessen Poren das Böse wie Schweiß hervorzukommen schien.
“Ich verstehe nicht”, sagte Freddie.
“Sie verstehen nie”, erwiderte Warwick mit demselben Lächeln. “Wie, glauben Sie, habe ich überhaupt von Ihnen und Ihrem Vater und Ihrem gefährlich ausschweifenden Lebenswandel gehört?” Er zuckte die Achseln. “Es spielt keine Rolle. Es gibt etwas, was ich von Ihnen verlange, Standish.”
Bei dem gebieterischen Ton straffte Freddie sich unwillkürlich.
“Ich wünsche unverzüglich zu erfahren, sobald der Earl oder die Countess of Stockhaven beabsichtigen, nach Salterton zu reisen. Und mit ‘unverzüglich’ meine ich eine Stunde, nicht zwei Tage danach. Haben Sie verstanden?”
Freddie nickte verwirrt. Das Gefühl von Angst, das jeden seiner Schritte verfolgt hatte, ließ etwas nach. Dieser Auftrag schien harmlos. Nur eine Information. Die konnte er beschaffen.
“Ist das alles?”, fragte er ein wenig zu eifrig.
Warwick nickte. “Für den Augenblick ist das alles. Sie können gehen.” In seiner Stimme schwang eine Spur Belustigung mit.
Freddie brauchte keine nochmalige Aufforderung zum Gehen. Erst vor dem Modegeschäft unten blieb er kurz stehen, ein schwacher Parfümduft wehte zu ihm heraus. Die Sonne schien, und die Luft war frisch und klar. Freddie war ziemlich sicher, dass er jetzt durchaus etwas essen könnte, weil er sich keine Sorgen zu machen brauchte.
Er gönnte sich eine herzhafte Mahlzeit und begab sich fröhlich auf den Heimweg.
Pen war ausgegangen.
Freddie hatte etwas in seinem Sessel geruht, als er Pen zurückkommen hörte.
Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie ihren Bruder sah.
“Freddie! Ich habe dich erst heute Abend zurückerwartet. Wie ist deine Angelegenheit gelaufen?”
“Gut”, murmelte er. Er nahm die Gelegenheit wahr, seine Nachforschungen anzustellen und fragte beiläufig: “Wie geht es Bella?”
Pen löste die Hutnadeln und warf den Hut auf den Tisch neben der Tür. Zwischen ihren Brauen erschien eine kleine Falte.
“Bella ist nach Salterton abgereist”, sagte sie. “Vielleicht erinnerst du dich daran, dass sie während der letzten paar Wochen davon gesprochen hat.”
Hatte sie? Freddie dachte nach. Er erinnerte sich vage an die Bemerkung Isabellas, dass sie gern ein ruhiges Leben am Meer führen würde, und auch an seine Erwiderung, wie unglaublich langweilig Dorset sei. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Abreise unmittelbar bevorstand.
Pen redete immer noch.
“Offenbar ist sie heute Morgen abgereist. Sie muss in einer fürchterlichen Eile gewesen sein.” Sie runzelte die Stirn. “Wir hatten verabredet, heute eine Ausstellung zu besuchen. Aber Bella scheint das völlig vergessen zu haben.”
Kalte Angst griff an Freddies Herz. Er rannte die Treppe so hastig hinunter, dass er stolperte und fast hinfiel. Im Davonstürmen hörte er noch Pens entsetzten Ausruf: “Freddie? Freddie!”
Doch er achtete nicht darauf. Der Tag, der erst einige Stunden vorher so vielversprechend gewesen war, sah jetzt ziemlich düster aus. Was hatte Warwick gesagt?
Und mit “unverzüglich” meine ich eine Stunde.
Es war schon einige Stunden her, seit Isabella London verlassen hatte.
Dieses Mal nahm Freddie eine Droschke zur Wigmore Street – ohne Rücksicht auf die Kosten.
“Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie habe kommen lassen, Mr Cantrell”, sagte Penelope Standish. “Aber ich fürchte, ich wusste nicht, wen ich sonst um Hilfe bitten könnte.” Sie drückte die Hände an die Schläfen. “Das ist alles so ungewöhnlich! Ich hoffe, Sie werden mir verzeihen …”
“Miss Standish”, antwortete Alistair und zog Pen neben sich auf das Sofa. “Ich versichere Ihnen, nichts könnte die Hochachtung, die ich für Sie empfinde, schmälern. Wie kann ich Ihnen helfen?”
Pens Gesicht hellte sich auf. Sie hatte Alistair genau deshalb kommen lassen, weil er in allen Angelegenheiten das Richtige zu tun wusste. Auf ihn konnte sie sich verlassen. Sie sah auf seine Hand, die die ihre umfasst hielt, und spürte urplötzlich das Verlangen, umsorgt und beschützt, vor allem aber leidenschaftlich begehrt zu werden. Stattdessen tätschelte Alistair aufmunternd ihre Hand und ließ sie dann los. Pen seufzte.
“Meiner Familie scheinen die außerordentlichsten Dinge zuzustoßen!”, rief sie aus. “Bella und ich hatten vor, heute Morgen eine Ausstellung in der
Royal Academy
zu besuchen.”
Sie wartete einen Augenblick, ob er etwas erwidern würde. Dann fuhr sie fort:
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