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Unwiderstehlich (German Edition)

Unwiderstehlich (German Edition)

Titel: Unwiderstehlich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Noah
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oder, sofern sich jemand traute, direkt zu werden, auch mal zu einem Abendessen. Und sie wusste immer genau, von wem diese Einladungen kamen.
    Da waren die Pumper – Glatze und Tattoo und Muskeln ohne Ende. Aber lass sie einen Dauerlauf machen, und sie fallen tot um. Die Poser – gestählter Körper, schickes Outfit – ließen ihre Muskeln im Spiegel tanzen. Hatte sie nicht gerade irgendwo gelesen, dass Narzissmus und ein hoher Cortisolwert Hand in Hand gingen? Auch ungesund. Dann gab es da die Anti-Sportler, die Midlife-Typen, die nur auf Drängen ihres Arztes kamen, und schnell wieder aufgaben. Oder die Nerds, lichtscheue Geschöpfe, die plötzlich einen Fitnessflash verspürten und in einer Woche alles nachholen wollten, was sie jahrelang versäumt hatten. Beides Herzinfarktkandidaten. Ganz anders die Fitnessmaniacs: Sport war ihr Leben. Besessen, süchtig, abhängig von den hormonellen Ausschüttungen des Leistungssportes. An ihrer Seite war für niemanden Platz. Blieben noch die Sportstudenten, die alles besser wussten als sie. Aber am liebsten waren Stella die Surfertypen: schulterlange, vom Salzwasser gebleichte Haare und gebräunter Teint. Aber die kamen nur selten und höchstens im Winter. Das waren Freiluftfreaks. Die traf man eher an Orten mit hohem Wellengang.
    Also hatte Stella sich schon früh in ihrer Tätigkeit als Trainerin abgewöhnt, den diversen Angeboten nachzugehen. Nur letztes Jahr hatte sie mal eine Ausnahme gemacht, als sie eine Flasche Champagner in ihrem Spind gefunden hatte. Daran festgebunden war eine kleine Karte:
    Die Austern zum Champagner gibt es morgen Abend, wenn Du freihast. Ich würde mich freuen, wenn Du mich auf meiner Dachterrasse besuchst.
    Julian
    PS: Ich bin der Kerl, den du letzten Freitag zum Schwitzen gebracht hast. Dafür würde ich mich nur allzu gern bei Dir revanchieren.
    Und Julian hatte auch eine Adresse dazugeschrieben. Sie hatte keine Ahnung, wie er es fertiggebracht hatte, die Flasche in ihren Spind zu schmuggeln, denn ihr Fach war immer abgeschlossen. Aber dieser Einfall hatte sie wirklich neugierig gemacht. Tatsächlich hatte es Austern und noch andere Naschereien auf seiner Dachterrasse gegeben. Und darüber hinaus war es Julian dann auch tatsächlich gelungen, sie ins Schwitzen zu bringen. Die romantische Dachterrasse suchten sie in den kommenden Wochen noch häufiger auf.
    Doch dann kam der Herbst, und mit dem letzten Sommertag verschwand auch Julian. Vor fünf Monaten war er weggezogen, nicht nur in eine andere Stadt, nein, es musste gleich ein anderes Land sein. Sie hatten noch ein paarmal telefoniert und gemailt, aber beiden war klar: Zwar verband sie mehr als pure sexuelle Leidenschaft, aber wie sollten sie ihre junge Beziehung per Mailkontakt über Tausende von Kilometern aufrechterhalten?
    Seit ihr das klar geworden war, wartete Stella darauf, dass ihr noch einmal jemand wie Julian begegnete: intelligent und witzig, einfühlsam, attraktiv, verwegen, aber vor allem – erkundungsfreudig, was ihren Körper anging, und immer offen für Neues.
    Stella seufzte. Hier im Studio gab es Männer im Überfluss, nur war definitiv kein Kerl dabei, der über all diese Attribute auf einmal verfügte. Der eine war witzig, ein anderer intelligent, ein Dritter attraktiv, aber manchmal ergibt die Summe aller Teile kein Ganzes. Es blieben hoffnungslose Fragmente einer schönen Vorstellung. Dabei war die fragwürdige Auswahl schwindelerregend groß. Es war wie ein Freifahrschein für die Achterbahn, und Stella wusste genau, dass ihr davon schwindelig wurde.
    Die Sache mit Julian war wirklich zu schade. Sie hatte sogar schon überlegt, ob sie genug Geld für einen Flug nach San Francisco zusammenbekommen würde, doch solange sie noch studierte, musste sie mit dem auskommen, was sie hier nebenbei als Trainerin verdiente. Und das war zu mager, um mal eben für einen guten Fick in die USA zu fliegen. Also machte sie ihren Job so gut wie möglich, immer in der Hoffnung, noch mal einem Mann wie Julian zu begegnen, den es nicht auf einen anderen Kontinent zog.
    Sie seufzte und sprang die Treppenstufen hinunter. Mit ein paar aufmunternden Bemerkungen nach links und rechts durchquerte sie den Raum mit den Ausdauergeräten. Im hinteren Bereich lag die »Muckibude«, wie Matthias, ihr Chef, es nannte. Stella nannte diesen Ort »das Spiegelkabinett«. Hier standen die Jungs, die sich gerne dabei zusahen, wie ihre Muskeln anschwollen, wenn sie die Langhantel stemmten. Dass Männer

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