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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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und versuchten dabei, so lange wie möglich unter Wasser zu bleiben. Die Ringe des Kronleuchters feuerten ihre eisernen Pfeile noch immer in Pritkins Richtung, und ihr rostiges Rasseln hallte laut durch den Saal. Wenn wir an die Oberfläche kamen, spähte ich jedes Mal durch die Düsternis und hielt nach Pritkin Ausschau, aber es war zu dunkel. Das Einzige, was ich sah, war das kurze Aufblitzen von messerartigen Klingen, als Dutzende von Projektilen durch die Finsternis rasten.
    Ich suchte noch immer, als ich gegen die Wand stieß. Caleb hielt mich fest und verschwand dann für eine halbe Minute oder länger unter Wasser. »Die Tür befindet sich direkt unter uns«, sagte er, als er wieder auftauchte. »John hat recht: Der Flur ist vollkommen überflutet. Aber auf der linken Seite sind es nur etwa fünf Meter bis zur Treppe.« Er wollte erneut in die Tiefe verschwinden, doch ich hielt ihn am Arm fest.
    Mir war elend, und ich zitterte innerlich, was vermutlich nicht nur an den letzten Anstrengungen lag. »Pritkin ist noch nicht hier!«
    »John kommt bestimmt zurecht.«
    Ich sah dorthin, wo es noch immer Stahlgeschosse hagelte. Inzwischen hatten sie ein ziemlich großes Loch in die Wand geschlagen, und Risse gingen spinnenwebartig davon aus. Es sah mir nicht nach einer Situation aus, in der jemand »bestimmt zurechtkam«.
    Ein Knacken übertönte das Rasseln von Metall, und in der nächsten Sekunde gab ein großes Stück der Wand nach und stürzte wie bei einem kalbenden Gletscher ins Wasser. Es platschte so laut, dass überhaupt nichts anderes mehr zu hören war, und eine hohe Welle warf mich gegen Caleb.
    »Rühren Sie sich nicht«, flüsterte er, als der nächste Kronleuchter, angelockt von der Bewegung des Wassers, in unsere Richtung rotierte. Er drehte die Ringe mit den Pfeilen von einer Seite zur anderen, und Geschosse trafen die Wellen in unserer Nähe.
    »Wir machen uns jetzt auf den Weg«, raunte mir Caleb ins Ohr. »Alles klar?«
    Mein Blick strich noch einmal durch die Dunkelheit, auf der Suche nach Pritkin, aber er war nirgends zu sehen. Verdammt! Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass er allein loszog.
    »Cassie!«
    »Ja.« Es war nur ein Krächzen. Nie zuvor hatte ich mich so hilflos gefühlt.
    Es waren die längsten fünf Meter in meinem Leben. Kaum lag die Tür hinter mir, ergab sich ein Problem. Meine Absicht hatte darin bestanden, Caleb zu folgen, aber ich konnte ihn nicht sehen. Das Wasser war zu schmutzig und schluckte das wenige Licht der Kugel; der überflutete Flur lag fast völlig im Dunkeln.
    Schon nach wenigen Sekunden verlor ich völlig die Orientierung und konnte oben nicht mehr von unten unterscheiden. Alles sah gleich aus, und durch das Brennen in meinen Lungen fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren. Der Herzschlag pochte laut in meinen Schläfen, und Kälte breitete sich in meinen Gliedern aus, wodurch sie immer langsamer auf die Befehle des Gehirns reagierten.
    Meine umhertastenden Finger fanden etwas, das sich wie eine Tür anfühlte, und mit den Füßen stieß ich gegen etwas, das Stufen sein mochten. Ich trat instinktiv, kam aber nicht sehr weit. Die Reste meines mit Wasser vollgesogenen Kleids zogen mich nach unten, als ich versuchte, zu dem sanften Wogen zu gelangen, von dem ich hoffte, dass es die Oberfläche war.
    Dann packte mich eine Hand vorn am Kleid, als wollte sie mich erwürgen, und mit einem weiteren Tritt tauchte ich auf. Ich griff nach den Ärmeln eines weichen weißen Hemds und starrte den Mann an, der es trug. Für eine Sekunde wurde bis auf sein Gesicht alles grau. Die Augen wirkten zu grün, zu klar, hatten eine messerscharfe, surreale Kante. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen: Das Gesicht war gerötet, und die Augen leuchteten wie Blitze. Der Irre hatte alles genossen.
    »Wie zum Teufel hast du es vor mir hierher geschafft?«, fragte ich und schnappte immer wieder nach Luft.
    Pritkin zuckte mit den Schultern. »Ich bin durch die andere Tür geschwommen und dann hierher gekommen. Vielleicht war’s eine Abkürzung.« Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck und runzelte die Stirn. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Es geht mir gut.«
    »Du siehst nicht aus, als ob es dir gut ginge.«
    »Ich versuche, an all die Gründe dafür zu denken, dass du unentbehrlich bist und nicht langsam und schmerzvoll getötet werden darfst.«
    Er ging nicht darauf ein und zog mich auf die Beine. Ich klaubte das zerrissene Kleid zusammen und nahm auch die Reste meiner Würde.

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