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Unwiderstehliches Verlangen

Titel: Unwiderstehliches Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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zerwühlt und gesagt: >Hoffentlich hast du das nächstemal mehr Glück, mein Kind.< Für ihn warst du damals ein Geschenk des Himmels. Und das bist du auch heute noch für jeden Mann.«
    William betrachtete sie von Kopf bis Fuß, und sein hübsches Gesicht verzerrte sich zu einem höhnischen Grinsen. »Das heißt, du warst es bis vor kurzem. Ich habe nie gedacht, daß es einmal dazu kommen würde, aber du wirst alt, Jackie. Du bist eine alte Frau geworden.«
    Eine Zeitlang stand er wie wartend da. Vielleicht wartete er darauf, daß sie ihn umarmen und ihm sagen würde, sie sei nicht alt geworden. Daß sie zum Beweis einwilligte, mit einem Mann zusammenzuleben, der zehn Jahre jünger war als sie. Aber dazu war sie nicht fähig. Das konnte sie einfach nicht tun. Denn er mochte reden, was er wollte: Wenn sie ihn anschaute, sah sie schon wieder den kleinen Billy Montgomery vor sich. Und solange das der Fall war, würde sie in ihm nichts anderes sehen können als ein Kind.
    Das Schweigen schien eine Ewigkeit zu dauern. Aber schließlich sagte er: »In Ordnung, Jackie, du hast gewonnen. Oder sind wir beide Verlierer?« Sein Seufzer kam aus tiefstem Herzen. »Ich packe jetzt auf der Stelle und ziehe aus.«
    Damit ging er. Sie rührte sich nicht von der Stelle. Sie war zwar traurig, aber vor allem war sie erleichtert. Nun war die Entscheidung gefallen. Ihr Kummer war beendet. Nun würde sie diesem verlockend starken Männerkörper nie mehr im Haus begegnen und brauchte nicht mehr nachts wachzuliegen und zu horchen, ob sie ihn vielleicht hörte.
    Sie drehte dem Haus den Rücken zu. Auf einmal hatte sie das Verlangen, stundenlang kilometerweit zu wandern. Sie wollte nicht Zeuge sein, wie er abfuhr. Und den Anblick des nun leeren Hauses wollte sie sich so lange wie möglich ersparen.
    Nicht daß sie weinte. Keine Tränen verschleierten ihr den Blick, aber aus irgendeinem Grund achtete sie nicht auf den Weg, den sie nahm. Vielleicht war sie in Gedanken ganz woanders. Jedenfalls bemerkte sie nicht, daß der Boden vor ihr plötzlich in einen steilen Arroyo abfiel, in eine steinige Schlucht, in der die Abfälle von Generationen von Einwohnern vor sich hin rosteten. Im letzten Augenblick zuckte sie zurück. Aber dabei trat sie mit dem Fuß auf einen losen Stein und stürzte ab.
    Sie fiel nicht sehr tief. Sie landete mitten in einem rostigen Metallhaufen, der früher einmal ein Ford gewesen war. Benommen schüttelte sie den Kopf. Dann untersuchte sie, ob sie sich etwas gebrochen hatte. Nein, alles war heil geblieben, stellte sie mit erleichtertem Lächeln fest. Doch dann fuhr sie sich mit der Hand über die Stirn und spürte eine warme, klebrige Feuchtigkeit. Sie zog die Hand weg und sah, daß sie blutig war. Aus einer tiefen Schnittwunde in der rechten Hand floß das Blut. Sie mußte sich an einer scharfen Kante des rostigen Metalls geschnitten haben, in dem sie lag. Sofort stieg in ihr der Gedanke an Blutvergiftung und Wundstarrkrampf auf.
    »Jackie!«
    Sie war nicht einmal überrascht, als sie Williams laute, besorgte Stimme hörte. Schon als Kind schien er ja immer gespürt zu haben, wenn sie Hilfe brauchte. Und sie mochte sein, wo sie wollte, er würde sie immer finden.
    »Hier!« schrie sie zum oberen Rand des Arroyo hinauf. Das heißt, sie glaubte zu schreien, aber es kam nur ein schwacher Ton aus ihrer Kehle. Er klang so hilflos, als hätte ihn nicht ein wirklicher Mensch ausgestoßen, sondern nur sein Schatten. Doch William hörte sie trotzdem, denn bald darauf tauchte er hoch über ihrem Kopf am Rand des Abhangs auf. Einen Augenblick stand er regungslos vor der untergehenden Sonne und sah zu ihr hinunter.
    William wurde blaß, als er sie sah. Erst daran erkannte sie, daß sie übel zugerichtet sein mußte. Und sofort fühlte sie sich auch schwach. Sie sah an sich herunter. Überall war Blut: auf der Bluse, an der Hose, und sicherlich war auch ihr Gesicht blutüberströmt. Das schlimmste war, daß ihre Hand nicht zu bluten aufhören wollte. Unentwegt rieselte frisches rotes Blut aus der Handfläche.
    Jackie schloß einen Augenblick die Augen, während William in den Arroyo hinabstieg. Sie hörte ihn den Abhang entlangrutschen. Steine polterten. Aber alles kam wie aus weiter Ferne. Ein schläfriges Lächeln umspielte ihren Mund. Es kam ihr so vor, als machten die Steine William freiwillig Platz.
    »Jackie«, sagte er leise, »wach auf! Hörst du mich? Du mußt aufwachen.«
    »Ich schlafe ja nicht«, antwortete sie. Dabei

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