Unzaehmbares Verlangen
während sie sich in die Daunenjacke hüllte. »Er ist eine anerkannte Autorität in seinem Fachgebiet. Und er hat einige hochgeschätzte Abhandlungen über Geschäftsführung geschrieben.«
»Sieh zu, daß du ihn los wirst«, befahl Joel knapp.
»Manchmal denke ich, daß du vergessen hast, wer hier für wen arbeitet, Joel Blackstone.«
»Das können wir heute abend besprechen. Im Bett.«
Als Letty wenig später ihr Büro betrat, fand sie dort glücklicherweise nur Arthur vor, der ihr rasch eine Tasse Kaffee brachte und dann heftig zwinkernd an der Tür stehenblieb.
»Mr. Manford aus der Marketing-Abteilung hat die überarbeitete Fassung der Gebrauchsanleitung für die neuen Zelte fertiggestellt. Er möchte gern wissen, ob Sie noch einmal einen Test durchführen wollen.«
»Ja, das wäre wohl angebracht. Bitte vereinbaren Sie einen Termin im Konferenzraum im dritten Stock. Und sagen Sie ihm, er soll eines der Zelte mitbringen.«
»In Ordnung, Miß Thornquist. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Nein, danke, Arthur.« Letty nahm die Akte in die Hand, die Keith Escott ihr gegeben hatte. »Wenn Professor Dixon anruft, sagen Sie ihm, ich wäre beschäftigt.«
»Natürlich, Miß Thornquist.« Arthur schloß die Tür hinter sich.
Letty öffnete den Aktenordner und begann, den Fünf-Jahres-Plan für Copeland Marine aufmerksam zu studieren.
Eineinhalb Stunden später war ihr klar, daß sie noch die Meinung eines Experten einholen sollte, daß der Plan im großen und ganzen aber sehr vielversprechend klang. Keith war offensichtlich davon überzeugt, daß er Copeland Marine retten konnte, wenn man ihm freie Hand ließ.
Nachdenklich spielte Letty mit einem Kugelschreiber und fragte sich, wie sie Joel das beibringen sollte, ohne ihn zu verärgern.
Arthurs Stimme über die Sprechanlage riß sie aus ihren Gedanken. Er klang noch aufgeregter als gewöhnlich.
»Miß Thornquist? Hier sind einige Leute, die Sie sprechen wollen.«
»Wer denn?«
»Sie sagen, sie kämen aus Echo Cove.«
Letty überlegte einen Moment. Ihr erster Gedanke war, daß Joel wahrscheinlich furchtbar wütend sein würde. Andererseits konnte sie die Leute nicht abweisen, ohne mit ihnen gesprochen zu haben. »Schicken Sie sie herein, Arthur.«
Wenige Sekunden später wurde die Tür geöffnet, und Arthur begleitete drei Männer in Lettys Büro. Einer von ihnen war Stan, der Barkeeper vom Anchor.
»Mr. Stan McBride, Mr. Ed Hartley und Mr. Ben Jackson«, erklärte Arthur mit einem Blick auf seinen Notizblock.
»Danke, Arthur.« Letty stand auf und reichte den Männern die Hand.
Arthur blinzelte nervös. »Soll ich Mr. Blackstone Bescheid geben, Miß Thornquist?«
»Wir sind bekommen, um mit Ihnen zu sprechen, Ma'am«, warf Stan rasch ein.
»Das stimmt«, bestätigte Ben Jackson, ein dünner Mann mit schütterem Haar. »Wir wollten mit der Firmeninhaberin reden.«
Ed Hartley nickte traurig. Er hatte ein langes, betrübtes Gesicht. »Ja, Miß Thornquist. Wir wollen Sie nicht lange belästigen, aber es ist sehr wichtig für uns, daß Sie uns anhören.«
Letty nickte Arthur zu. »Wenn ich Mr. Blackstones Unterstützung brauche, gebe ich Ihnen Bescheid.«
»Ja, Miß Thornquist.« Arthur warf ihr einen skeptischen Blick zu und verließ das Büro.
Letty hatte das Gefühl, daß ihr Sekretär trotzdem Joel benachrichtigen würde. Arthur war sich offensichtlich noch nicht darüber im klaren, wessen Befehle er befolgen sollte. Außerdem hatte er seine jetzige Position Joel zu verdanken.
»Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment, meine Herren.« Letty ging ins Vorzimmer und schloß die Tür hinter sich.
»Arthur«, sagte sie leise. »Ich möchte auf keinen Fall, daß Sie Mr. Blackstone anrufen, bevor ich Sie darum bitte. Ist das klar?«
Arthur zuckte zusammen und besuchte hastig, den Telefonhörer wieder auf die Gabel zu legen. Er verfehlte sein Ziel, und der Hörer landete geräuschvoll auf dem Schreibtisch. »Ja, Miß Thornquist.«
»Gut.« Letty lächelte frostig. »Mr. Blackstone hat Sie befördert, aber ich bin die Person, die entscheidet, ob Sie diesen Job behalten. Es würde mir ganz und gar nicht gefallen, wenn ich feststellen müßte, daß Sie auf einen anderen leitenden Angestellten dieser Firma mehr hören als auf mich.«
Arthur sah sie entsetzt an. »Aber Mr. Blackstone hat mir befohlen, ihn genau darüber zu informieren, wer in unserem Büro ein- und ausgeht.«
»Ich werde selbst dafür sorgen, daß Mr. Blackstone die
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