Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
Vom Netzwerk:
Christbaum. Einige der Lämpchen blinkten, andere leuchteten ununterbrochen, schimmerten unheimlich. Sie verliefen durch die Wände der Behausungen und wickelten sich um einige der Rohre und Leitungen. Auch einige gelbliche Baulampen, wahrscheinlich von den ursprünglichen Erbauern der Kanalisation angebracht, erspähte Javier, doch es schienen nur noch wenige davon zu funktionieren, und die Helligkeit, die sie spendeten, konnte man allenfalls als schwach bezeichnen.
    Javier schüttelte den Kopf, trat einen Schritt zurück und kauerte sich in die Schatten. Vielleicht gab es einen Ausweg durch die Kanalisation, aber konnte er es riskieren, von den Bewohnern der hängenden Behausungen über ihm gesichtet zu werden?
    Habe ich denn eine andere Wahl?
    Er blickte den Tunnel zurück zu der Stelle, an der von oben das Wasser aus einem Loch in der Wand herabströmte. Die Rohre, die zu der Öffnung hinaufführten, verliefen zu steil, um daran hochzuklettern, außerdem waren sie von Schleim und Schimmelpilzen überzogen. Unmöglich, dort hinaufzuklettern. Und selbst wenn es ihm gelang, oben anzukommen, ohne vorher abzurutschen, passte er nie und nimmer durch das viel zu enge Loch. Javier schauderte bei der Vorstellung, darin festzustecken, bis Scug, Noigel und die anderen Kannibalen aufkreuzten, um an seinen Beinen zu nagen. Er hielt es für möglich, dass Kerri oder Heather durchpassten, aber selbst sie mussten erst einmal hinaufgelangen, ohne abzustürzen.
    Er drehte sich in die andere Richtung und beobachtete, wie der Fluss in den Schatten verschwand. Dort unten im Tunnel herrschte Finsternis. Er fragte sich, ob die Kreaturen die Lichter vorsätzlich demontiert hatten oder sie bloß im Lauf der Zeit ausgebrannt waren. Das Wasser musste auf jeden Fall irgendwohin führen, allerdings gab es keine Gewähr, dass es sich tatsächlich um eine geeignete Fluchtroute handelte. Was, wenn der Fluss tiefer in die Eingeweide der Erde hinabstürzte oder ihn lediglich zu weiteren dieser Kreaturen oder in einen Abwassertank trug?
    »Verdammt.«
    Javier betrachtete die Nester an der Tunneldecke. Falls sich jemand darin aufhielt, schliefen die Bewohner oder hatten seine Gegenwart noch nicht bemerkt. Er beschloss, nach den Mädchen zu suchen, sie herzubringen und dann sein Glück über den Fluss zu versuchen. Das Wasser schien nicht besonders tief zu sein, die Strömung hielt er für beherrschbar. Falls der Fluss sie einem Ort entgegentrug, der ihnen nicht gefiel, konnten sie immer noch hinauswaten.
    Über ihm hustete etwas. Er duckte sich in die Schatten und beobachtete, wie ein Schemen aus dem Spalt einer der hängenden Behausungen hervorkam. Javier erhaschte einen flüchtigen Blick auf dreckige Haut, dann verschwand die Kreatur wieder ins Innere. Mit angespannten Muskeln erstarrte er und fragte sich, ob das Geschöpf ihn bemerkt hatte. Falls ja, ließ es sich das nicht anmerken. Es gab keinen Aufschrei, keine Mutantenhorde schwärmte aus. Javier atmete erleichtert aus und zog sich in die Tiefen des Wartungskorridors, aus dem er gekommen war, zurück. In der Finsternis quiekte etwas. Er zuckte zusammen. Eine kleine, pelzige Gestalt huschte vor ihm vorbei. Abermals verspürte er Erleichterung. Nur eine Ratte. Javier grinste. Sein Magen knurrte.
    »Du solltest besser verduften, Kumpel. Wenn die dich nicht fressen, tu ichʼs vielleicht.«
    Wie als Reaktion auf seine Bemerkung hielt die Ratte inne, drehte ihm den Kopf zu und richtete sich auf die Hinterbeine auf. Der Nager schlug mit den Vorderpfoten nach ihm und bleckte die Zähne. Die Pupillen des Tiers funkelten in der Dunkelheit.
    »Verpiss dich«, sagte Javier. »Husch!«
    Er stampfte mit dem Fuß auf. Statt zu flüchten, griff ihn die Ratte an. Bevor er sich rühren konnte, vergrub sie die Zähne in seinem Schuh. Mit einem Aufschrei trat Javier in die Luft. Die Ratte prallte gegen die Wand, rutschte zu Boden, sprang auf und huschte davon. Keuchend stand Javier da. Zu spät wurde ihm klar, dass sein Schrei durch den Tunnel hallte.
    Das Echo wurde von Gebrüll beantwortet. Hinter ihm erhob sich aus den Nestern ein Chor aus Heulen und Kreischen.
    »Scheiße!«
    Javier bewegte sich schneller, rannte aber nicht – er wollte nicht, dass die Schritte seine genaue Position verrieten. Als er die Tür erreichte, schob er sie auf, eilte zurück in die Höhle, zog sie hinter sich zu und dämpfte damit das wilde Geschrei der anstürmenden Kreaturen. Trotzdem drang ein Teil des Lärms durch und hallte

Weitere Kostenlose Bücher