Urban Gothic (German Edition)
Stoff seiner Jeans, sondern auch die Haut darunter. Die Frau ließ nicht los und wälzte sich mit ihm im Schlepptau über den Boden. Ihre Zähne schnappten nach ihm, als sie probierte, einen Weg durch seine Verteidigung zu finden. Er wehrte sie erneut ab und kämpfte darum, sich zu befreien. Hinter ihnen heulte das behaarte Mädchen in einer Tour.
»Runter von mir, du Miststück!«
Die Narbengesichtige knurrte, schien zu keiner sinnvollen Erwiderung fähig zu sein. Ihre Zähne blitzten auf. Ihre Finger schlangen sich um sein Handgelenk und zerrten an den Rändern der Wunde. Javier schrie. Ihre Nägel öffneten unterhalb der ersten Verletzung einen neuen Schnitt. Frisches Blut floss. Zischend drehte Javier den Arm herum und konnte ihren Griff so weit lösen, dass es ihm gelang, die Finger und die Handfläche unter ihr Kinn zu schieben. Wenn sie es nicht schaffte, den Kiefer zu öffnen, dann konnte sie ihn auch nicht beißen. Die Narbengesichtige drehte den Kopf und wollte sich ihm entwinden, aber er ließ es nicht zu. Er wagte es nicht. So scharf ihre Fingernägel sein mochten, ihre Zähne wirkten weitaus gefährlicher. Javier erinnerte sich an den Angriff auf Brett, der früher in dieser Nacht stattgefunden hatte. Er durfte es nicht riskieren, einen Finger zu verlieren. Ein gedämpfter Laut der Frustration fauchte zwischen ihren geschlossenen Lippen hervor, und Javier grinste als Antwort.
»Und? Was willst du jetzt machen, du verrückte Schlampe?«
Die Narbengesichtige setzte sich weiter zur Wehr. Über ihre Schulter hinweg sah Javier, dass ihre Gefährtin allmählich ihre Benommenheit abschüttelte und sich anschickte, wieder in den Kampf einzugreifen. Er musste das rasch beenden. Javier streckte die andere Hand aus, packte das Ohr seiner Gegnerin und umklammerte es mit den Fingern. Ihm fiel auf, dass frisches Blut die Innenseite seines Unterarms hinablief, aber es tröpfelte nur, statt zu strömen. Er presste ihr Ohr zusammen, zog daran und verdrehte es, so brutal er konnte. Javier hörte und spürte, wie das Knorpelgewebe nachgab. Sie kreischte vor Schmerzen und er zerrte ein zweites Mal daran, bemühte sich nach Kräften, es vollständig abzureißen. Die Schmerzen lenkten sie zu sehr ab, um ihn weiter zu attackieren. Das behaarte Mädchen kauerte sich an die Tunnelwand, wirkte plötzlich verängstigt. Javier langte ein drittes Mal zu. Die Frau zuckte krampfhaft auf ihm, als er am Ohr drehte. Javier brüllte zusammen mit ihr, scherte sich nicht länger darum, ob ihn die anderen Kreaturen hörten. Er konzentrierte sich nur noch darauf, ihr das Ohr vom Schädel zu reißen. Sie rollten aus der Reichweite des Strahls der Taschenlampe und Javier hörte, wie etwas nachgab. Gleich darauf war er frei – und hielt den abgetrennten Körperteil zwischen den Fingern.
Die Narbengesichtige heulte in der Dunkelheit. Javier rappelte sich auf, schleuderte ihr das Ohr entgegen und trat ihr ins Gesicht. Ihre Nase explodierte förmlich unter seiner Schuhsohle. Ein zweiter Tritt traf sie in die Rippen, ein dritter gegen die Schläfe. Die glücklose Frau erschlaffte. Javier achtete nicht weiter darauf. Er holte zu einem vierten Tritt aus, als ihm die Gefährtin der Narbengesichtigen auf den Rücken sprang. Ihre blutigen, geschwollenen Lippen pressten sich auf seinen Nacken, aber er spürte keine Zähne. Javier vermutete, dass sie entweder zu große Panik hatte, um ihn zu beißen, oder dass er ihren Mund schwerer verletzt hatte als zunächst gedacht. Einer ihrer Arme schlang sich um seine Kehle. Mit der anderen Hand zerkratzte sie ihm das Gesicht. Ihre Finger suchten nach seinen Augäpfeln. Javier reagierte, indem er mit einer schnellen Bewegung rückwärtsstolperte und sie gegen die Felswand krachen ließ. Gleich darauf taumelte er vorwärts und wiederholte den Vorgang. Nach mehreren Malen rutschte das behaarte Mädchen bewusstlos von seinem Rücken.
Während er keuchend nach Luft schnappte, betrachtete er seine zwei Gegnerinnen. Bei beiden hob und senkte sich der Brustkorb leicht, aber sie hatten die Augen geschlossen. Javier glaubte nicht, dass sie sich nur ohnmächtig stellten, doch es gab nur eine Möglichkeit, sich davon zu überzeugen. Er legte den Kopf schief und lauschte. In den Tunneln herrschte Stille. Falls jemand den Kampflärm bemerkt hatte, lauerte derjenige in der Dunkelheit und verhielt sich ruhig. Allerdings schloss Javier das eher aus. Er fühlte sich sicher, dass sie allein waren – vorläufig.
Er kniete
Weitere Kostenlose Bücher