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Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition)

Titel: Urbat: Die dunkle GabeRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bree Despain
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Ich war wohl ein bisschen in Gedanken.« Ich stellte meinen Rucksack ab und drehte das Zahlenschloss am Spind in die richtige Position. »Brauchst du irgendwas?«
    »Eigentlich wollte ich dir gerne etwas geben«, erwiderte er und zog ein Päckchen aus einer Plastiktüte. »Donuts.« Er reichte mir die Schachtel. »Sie sind leider schon ein bisschen alt. Ich habe sie gestern gekauft, aber du warst nicht da.«
    »Danke … äh … und wofür sind die?«
    »Tja, du schuldest mir immer noch ein Dutzend. Vor Thanksgiving, erinnerst du dich? Da dachte ich, wenn ich dir stattdessen jetzt welche mitbringe, dann fühlst du dich mir gegenüber noch etwas mehr verpflichtet.« Hier bitte ein Dreifachbedrohungslächeln einfügen.
    »Verpflichtet wozu?«, fragte ich schüchtern.
    Pete beugte sich vor. Seine Stimme war leise. »Ist da wirklich etwas zwischen dir und diesem Kalbi oder seid ihr nur gute Freunde?«
    Wirklich etwas zwischen uns? Jetzt war ich sicher, dass die Leute über mich redeten.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte ich. »Ich glaube nicht mal, dass wir Freunde sind.«
    »Gut«, sagte er und lehnte sich wieder zurück. »Die Donuts sollen dir so ein schlechtes Gewissen machen, dass du mich zum Ausgleich zur Weihnachtsparty begleitest.«
    »Zur Weihnachtsparty?« Ich hatte seit Tagen nicht an das Fest gedacht. Gingen Menschen, die die Geheimnisse der Unterwelt kannten, zu einem Tanzvergnügen? »Oh ja. Ich komme gerne mit«, sagte ich. »Unter einer Bedingung allerdings.«
    »Und die wäre?«
    »Hilf mir bei diesen Donuts, sonst passe ich niemals in ein Kleid.«
    Pete lachte. Ich öffnete die Schachtel und Pete schnappte sich drei Donuts.
    »Kann ich dich zum Unterricht begleiten?«, fragte er, während ich die Schachtel in meinen Spind einschloss.
    Ich lächelte. Perfektes Fünfziger-Jahre-Benehmen! »Klar«, sagte ich, presste die Bücher an meine Brust und tat so, als ob ich einen Glockenrock mit Pudelmuster und flache Oxford-Schuhe trug. Pete legte mir den Arm um die Hüfte und nickte mehr als nur ein paar erstaunt dreinblickenden Leuten zu, während wir den Flur entlangschlenderten.
    Pete erschien mir so voller Selbstvertrauen, so normal, so gut. ›Er ist genau das, was ich brauche‹, dachte ich, während ich ihn ansah.
    Allerdings bemerkte ich, dass da noch jemand anderer war und mich beobachtete.
     
    Mittwoch der darauffolgenden Woche,
    kurz vor der Mittagspause
     
    Ich saß neben April im Kunstraum und arbeitete an der vorläufigen Skizze eines alten Schnappschusses für mein Portfolio. Die Skizze sollte später zu einem Gemälde werden: Jude stand hinter Großvater Kramers Hütte und angelte. Ich mochte die Art, wie das Licht auf dem Foto von der Seite hereinschien und Judes geneigten Kopf wie einen Heiligenschein umkränzte. Doch im Augenblick arbeitete ich noch mit Bleistiften, skizzierte die Grundlinien und bestimmte die Verteilung von Licht und Schatten. Das Bild wies mehr Schatten auf, als ich gedacht hatte, und die Mine meines Bleistifts war zu einem unbrauchbaren Stumpf geworden. Dennoch vermied ich den Anspitzer im hinteren Teil des Raums, weil Daniels Platz nur einen Meter davon entfernt lag.
    Ein paar Minuten vor der Mittagspause trat Mr Barlow an Daniels Tisch.
    »Sieh mal, Lynn schäumt vor Wut«, sagte April und stieß mich an.
    Lynn Bishop starrte zu Daniel hinüber, während Mr Barlow neben ihm stand und ihm beim Malen zusah. Es sah aus, als ob sie versuchte, mit ihrem Blick ein Loch in Daniels Rücken zu bohren.
    »Anscheinend hat Barlow einen neuen Liebling. Arme Lynn!«, sagte April mit gespieltem Mitgefühl. »Außerdem bist auch du viel besser als sie. Du hättest mal Barlow hören sollen, nachdem du letzte Woche diese Zeichnungvon eurem Haus eingereicht hast.« Sie deutete auf meine Skizze und seufzte. »Die hier gefällt mir auch. Jude sieht
so
toll aus auf dem Bild.«
    »Hmm«, gab ich zurück. Ich nahm ein paar meiner stumpfen Stifte und machte eine Pause, um nach hinten in den Raum zu gehen, während Daniel beschäftigt war.
    Ich steckte einen Bleistift in den Anspitzer.
    »Stopp!«, brüllte Barlow.
    Erschrocken sprang ich hoch und sah mich um, doch Barlow hatte zu Daniel gesprochen.
    Daniel hielt seinen Pinsel mitten im Strich an und blickte zu Barlow auf. »Lassen Sie es so, wie es ist!«, sagte Barlow.
    Ich beugte mich etwas vor, um einen Blick auf Daniels Gemälde zu erhaschen. Es war ein Bild von ihm als Kind – eine Aufgabe, die Barlow allen anderen schon früher im

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