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Urlaub fuer rote Engel

Urlaub fuer rote Engel

Titel: Urlaub fuer rote Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Landolf Scherzer
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dann ist wohl nichts mehr mit der
     deutsch-sowjetischen Freundschaft?« Und drohte obendrein, dass ich mich an den Petitionsausschuss des Thüringer Landtages
     wenden würde. Da reichte mich die erste Stimme an die nächsthöhere Ausländerbeauftragten-Stimme weiter. Und die redete nach
     meiner nochmaligen Litanei wie mit Engelszungen. Ich wäre doch intelligent und müsste deshalb begreifen, dass die Ausländer,
     die ansonsten Einreiseverbot in die BRD hätten, mit einer persönlichen Einladung ohne finanzielle Haftung des Einladenden
     durch die Hintertür doch noch hereingelassen würden. Außerdem würde ich doch nicht wollen, dass im Falle von Eventualitäten,
     also Krankheit oder Abschiebung meiner Gäste, die deutschen Steuerzahler zur Kasse gebeten werden müssten.
    Nein, das wollte ich nicht, und ich sagte das, was ichsonst kaum jemand sage und was ja auch in der neuen Eigentum-ist-alles-Gesellschaft das bestgehütete Geheimnis sein sollte:
     »Ich habe noch 20.000 DM zur Altersvorsorge auf der Bank. Sofort abhebbar. Das könnte ich mir dort bestätigen lassen und als
     Sicherheit für die Einladung vorlegen.«
    »Bedaure«, sagte die »Engelszunge«, »diese Bestätigung wird in dem Fall nicht anerkannt. Sie können jetzt das Geld zwar vorweisen,
     aber bis zum Eintreffen der Russen längst verbraucht haben und hätten nichts, wenn, siehe Gips oder Klauen …« Es ginge um
     den Nachweis eines kontinuierlichen Verdienstes von rund 2.000 DM. Zum Leben brauche man ja auch noch was.
    Da wurde ich trotz der Engelszungen doch laut am Telefon, und da kam zufällig auch die Chefin der Ausländerabteilung ins Zimmer.
     Sie wurde sofort unterrichtet, am Telefon sei ein uneinsichtiger Schriftsteller, der könne das Geld zwar nicht aufbringen,
     bestehe aber trotzdem darauf, einen Russen in die BRD einzuladen.
    Die Chefin kannte den Schriftsteller Scherzer. Das schmeichelte mir, und ich dachte, dass ich es vielleicht mit der diplomatischen
     Variante versuchen sollte. Und als sie sich mit ihrem Namen – ich verstand Senf – vorgestellt hatte, sagte ich, dass ich froh
     sei, nun endlich die kompetente Chefin, also die ganz oben, zu sprechen, denn die unteren wollten ja doch nur immer wichtigtuerisch
     ihren Senf dazugeben.
    Sie unterbrach mich, nannte noch einmal ihren Namen. Und dieses Mal verstand ich nicht Senf, sondern Lenz, Lenz wie die Jahreszeit.
     Ich war außergewöhnlich gedankenschnell und sagte etwas vom Frühling und derHoffnung, die im Lenz immer wieder neu knospe, und dass ich hoffte, mit ihrer Hilfe die Bescheinigung doch noch zu erhalten.
    Sie sagte versöhnlerisch, dass es vielleicht auch möglich wäre, wenn ich nicht ganz 2.000 nachweisen könnte.
    Stolz und hoffnungsfroh beteuerte ich, dass zwar nicht ich so viel verdienen würde, aber in der Familie, da kämen wir zusammen
     sogar auf über 2.000. Und weil das Finanzamt die Steuer auch aus dem gesamten Familieneinkommen errechne, wäre das bestimmt
     auch für diese Einladung gültig.
    Sie widersprach energisch. Nur der Verdienst des Einladenden sei maßgebend, nicht die Familienkasse. Und fürsorglich wie bei
     einem Kranken erläuterte sie: »Also nehmen wir mal an, Sie laden die befreundeten Russen ein, wir geben die Genehmigung, und
     Sie haften mit dem Familieneinkommen für die Ausländer, denen passiert was, Sie, Herr Scherzer, sollen persönlich zahlen,
     können aber nicht, und Ihre Frau sagt: Ich habe niemand eingeladen, ich habe nicht unterschrieben, das war mein Mann, der
     hat den Russen eingeladen, also soll er auch bezahlen.«
    Ich antwortete erst kleinlaut: »Wir haben nur ein gemeinsames Konto; wir sind eine Familie, und meine Freunde sind auch die
     Freunde meiner Frau.« Und sagte dann zornig, dass ich alles langsam verstünde, denn es wäre wohl ähnlich wie mit einer Kaution,
     die man für die Freilassung eines Verbrechers hinterlegen müsste …
    Da wurde Chefin Lenz (in der Zwischenzeit hatte sie mich noch einmal berichtigt, sie heiße nicht Lenz, sondern Senz), also
     sie wurde sehr grimmig und sagte kurzangebunden, dass sie ihre teure Zeit nicht länger vergeuden könne. »Haben Sie nun die nötige Summe, damit Sie wie ein ordentlicher
     Bürger die finanzielle Verantwortung für die eingeladenen Russen übernehmen können, oder haben Sie das Geld nicht?«
    »Ich persönlich habe es nicht«, sagte ich leise. Und hätte heulen wollen. Aber ich heulte nicht, weil am Telefon in der Meldestelle
     inzwischen ein fremder

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