Urmel spielt im Schloß
das so vorgestellt? Und Seine Majestät sah aus,
als ob er die bitterste Medizin der Welt getrunken hätte und dringend drei
Tropfen Lachbrunnen bekommen müßte.
Aber er
bekam keinen!
Das Urmel studiert
den Stadtplan und Wutz ruft jemanden an
In Pumpolon
hatte Sami seine liebe Not mit dem Urmel, während Wutz trüben Gedanken
nachhing. Es gefiel ihr nicht, hier zu sein, während der Professor Besuch bekam
— und was für Besuch! Sie teilte ihren Kummer auch Sami mit, aber er sagte nur:
«Du hast zu viele Romane gelesen, Wutz!»
Und sie
antwortete: «Jawohl, und in allen stiftet die Liebe große Verwirrung unter den
Menschen, öfföff!»
Als der
König abgeflogen war, wollte Sami die beiden zunächst aus dem Dachboden
befreien. Er fand Wutz vor einer alten Drehorgel sitzen, das Ohr an die Kurbel
gepreßt. «Hör mal, Sami», rief sie ihm zu, «hier ist ein Baby drin, aber das
Telefon ist kaputt. Es kann mich nicht verstehen, nur ich kann es hören, vorhin
hat es gewimmert.»
«Du liebe
Güte!» antwortete er. «Das ist ein Leierkasten, und ich glaube gern, daß er
wimmert. Mindestens fünfzig Jahre hat ihn niemand mehr gespielt...»
«Spiel ihn
mal!» bat Wutz.
Sami drehte
die Kurbel, und der Leierkasten gab unter entsetzlichem Heulen ein paar Töne
von sich. «Ich glaube, es soll ‹O du lieber Augustin› sein.»
«Es klingt
eher nach Zahnweh, öfföff!» sagte Wutz. «Wo ist denn das Urmel?» fragte Sami.
«Auf dem
Dach!» antwortete Wutz. «Es wollte dem König zum Abschied winken...»
«Ach,
konntest du denn das nicht verhindern?»
«Wie denn,
öfföff? Ich kann ja nicht zum Dachfenster hinauskriechen!»
Sami rannte
unter die geöffnete Luke. Er sah das Urmel neben dem Kamin sitzen. Es hatte
seinen Schwanz um den Schornstein geschlungen, um nicht hinabzurutschen. Manche
Ziegel fehlten — sehr fest war das Dach nicht mehr.
«Komm sofort
ins Schloß!» rief Sami entrüstet.
«Nee», sagte
das Urmel. «Ich genieße die schöne Aussicht!»
Sami
kletterte ebenfalls aufs Dach.
«Wenn du
mich fangen willst, fliege ich davon!» drohte das Urmel.
«Mach es mir
doch nicht so schwer!» bat er.
«Na gut»,
sagte das Urmel. «Ich komme freiwillig. Aber zuerst erklär mir die Stadt.»
Sami wäre es
lieber gewesen, wenn das Urmel gleich gekommen wäre. Aber er war schon froh,
daß er es nicht über das Dach jagen mußte. «Paß auf», sagte er, indem er in die
betreffende Richtung deutete: «Da hinter den großen Bäumen liegt der Zoo...»
«Wo Babu
war?»
«Ja. Und da
links zwischen den beiden Kirchen ist das Naturkundemuseum. Vom Zoo und vom
Museum ist Zwengelmann der Direktor.»
«Ach, der wo
gesagt hat, daß es mich nicht gibt? — Na, der wird aber erleben, daß es mich
doch gibt!» Das Urmel prägte sich die Orte genau ein. «Schläft er im Museum?»
fragte es harmlos.
«Nein»,
sagte Sami. «Er wohnt in der Tuntukullerstraße 7, dort am Stadtrand, siehst du,
bei der roten Kuppel. — Und nun komm runter, du hast es mir versprochen.»
Das Urmel
kletterte vom Dach. Und dann war es ziemlich artig, so daß Sami sich einige
Stunden dringenden Arbeiten widmen konnte. Urmel und Wutz unterhielten sich
währenddessen im Empfangssalon, so gut es eben ging. Wutz studierte dicke, auf
Hochglanzpapier gedruckte Mode- und Gesellschaftszeitschriften, das Urmel
störte sie mit vielen Fragen.
«Laß mich
endlich in Ruhe, öfföff!» knurrte Wutz.
«Ach, wieso
denn?» sagte das Urmel. «Du tust ja nur so, als ob du lesen könntest, aber du
kannst es gar nicht!»
Schon seit
einer Weile schielte es nach dem Telefon, das auf einem vergoldeten Wandtisch
stand. Wie erwartet, war Wutz gereizt und begann, zum Beweis ihres Könnens aus
dem Journal vorzulesen: «Am Abend trägt die Dame ein dezentes Diadem im Haar,
öfföff...»
«Du hast ja
keine Haare!» sagte das Urmel. «Lies lieber aus dem Telefonbuch vor. Ich möchte
wissen, ob du das ABC kannst, und Zahlen. Schau mal nach, ob Zwengelmann im
Telefonbuch steht...»
«Oh», sagte
Wutz, «mit dem würde ich zu gern einmal telefonieren!»
«Wollen
wir?» fragte das Urmel. «Wir telefonieren beide...»
«O nein,
öfföff, ich telefoniere alleine. Du verrätst womöglich, daß wir im Schloß sind!
— Hier steht er schon, gleich zweimal, privat und im Museum. Ich denke, jetzt
ist er im Museum.» Sie wählte die Nummer. Es gelang ihr erst nach mehrmaligem
Bemühen, denn noch immer waren ihre Klauen nicht so geübt wie ein menschlicher
Finger.
Endlich
jedoch
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