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Urod - Die Quelle (German Edition)

Urod - Die Quelle (German Edition)

Titel: Urod - Die Quelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Levine
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des Finales eines blutrünstigen Splatterfilms. Aber das hier war anders. Das hier war weit weg von Chaos und Verwirrung. Sie hatte vielmehr den Eindruck, ihr Körper sei irgendwie abgetrennt von ihrem Geist. Gefühle drangen kaum zu ihr durch. Das war vor ein paar Stunden noch anders. Aber jetzt war die Tatsache, dass Menschen gestorben waren, mit denen sie vor kurzem noch gelacht und gescherzt hatte, einfach nur normal. Sie war nicht länger etwas Unfassbares, Monströses, sondern gehörte nun zu ihrem Alltag. Zu den Optionen der Zukunft, mit denen man zu rechnen hatte und die man nun als gegeben hin nahm. Und selbst jetzt, da sie so darüber nachdachte, es sich wirklich bewusst machte, konnte sie es nicht als schrecklich empfinden . Sie konnte es nur denken. Schrecklich. Der Horror. Und kam sich dabei wie eine Heuchlerin vor.

Kapitel 9
    Thomas zog sie mit sich fort. Sie waren in eine Art schleichendes Laufen verfallen, lange Schritte und auf Zehenspitzen, um nicht zu viel Lärm zu machen. Ihre Waffen trugen sie griffbereit in der Hand. Die Sonne stand nun hoch am Himmel und es wurde schnell immer heißer. Mit dem Verstummen der Quelle hatten sich auch die Wolken am Himmel verzogen. Die feuchte, schwüle Luft machte ihnen zu schaffen, aber Viola war froh, dass der Regen aufgehört hatte. Auch wenn es die Gefahr erhöhte, die Hitze tat einfach gut. Das Licht war eine Wohltat. So konnten sie sich wenigstens aufwärmen, bevor sie in den See springen mussten. Nach einem halben Kilometer fiel ihr das Atmen zunehmend schwer. Sie wusste von einer Freundin, dass dies mit der Schwangerschaft zusammen hing. Warum hatte sie vergessen. Aber es machte ihr Angst. Was, wenn die beiden mit ihren Bedenken richtig lagen und sie es wirklich nicht schaffte, den See zu durchschwimmen? Nein, Thomas würde sie nie zurücklassen. Er würde sie sicher auf die andere Seite bringen, das wusste sie. Auch wenn es ihn sein eigenes Leben kostete. Oder nicht? War sein Überlebenstrieb am Ende doch stärker. Sie hatte in den letzten Stunden erlebt, wie wenig man sich selbst einschätzen kann, wenn es um eine Lage wie diese ging. Und noch weniger konnte man vorhersagen, was ein anderer Mensch tun würde. Sebastian war tot. Und sie fühlte nicht mal Trauer. Nur eine große Erleichterung, dass sie und Thomas noch hier waren. Auf dem Weg in die Freiheit.
    Miles drosselte das Tempo. Viola, die die ganze Zeit auf den Boden gestarrt hatte, um ja nicht zu stolpern, sah auf und erkannte, warum. Sie näherten sich nun der Stelle, an der sie die Quelle vernichtet hatten. Das Plateau war allerdings so hoch über ihnen und lag zu weit im Felsen, als dass sie etwas hätten sehen können. In der sommerlichen Schwüle hatte die Szenerie jedwede Ausdünstung von Gefahr verloren. Kletterbegeisterte würden sich die Finger nach einer solchen Gelegenheit lecken. Mit dem Versiegen der Quelle schien der Frieden eingekehrt. Doch Viola wusste, dass das nur ein Trugschluss war. So wie man in einem radioaktivverseuchten Landstrich nicht sehen oder riechen konnte, dass dort der Tod Einzug gehalten und die Gegend für sehr lange Zeit unter seine Herrschaft gebracht hatte.
    Sie mussten vorsichtig sein. Die Urods konnten jederzeit auftauchen. Alle drei blickten hoch und suchten den Felsen ab. Doch es war weit und breit nichts zu sehen. Thomas hielt an und wirkte unschlüssig, was nun zu tun sei. Dieses Mal war es Viola, die ihn weiter zog.
    „Lauf! Denk nicht nach! Lauf einfach!“
    Also lief Thomas.
    Miles beschleunigte das Tempo. Dabei waren sie bemüht, immer im Schutz der Bäume oder des Felsens zu bleiben. Sie liefen durch die Sonnenflecken, das scheckige Blätterlicht, das die Bäume auf sie herab warfen. Eine herrliche grüne Pracht. Viola stiegen die Tränen in die Augen. Sie riss sich zusammen. Zwang sich dazu, ihr Sinne nur auf das eine Ziel zu fixieren. Sie mussten den See erreichen. Das war der nächste Punkt auf ihrem Plan. Sie erinnerte sich an den Fallschirmsprung, den sie mal mitgemacht hatte. Ein Tandemsprung. Der Mann, der mit ihr gesprungen war, hatte ihr vorher genau erklärt, was sie tun sollte, wenn sie sprangen. Sie musste ihren Körper in einer bestimmten Haltung in die Luft legen, den Körper steif wie ein Brett und Arme und Beine angewinkelt. Als der Mann die Tür öffnete und sie plötzlich einfach aus dem Flugzeug heraus mit sich in das luftige Nichts riss, war es genau das, was sie in diesem Moment bei Sinnen hielt. Sie war genau nach Plan

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