Urod - Die Quelle (German Edition)
Thomas wäre enttäuscht. Darüber, dass Miles sie am Ende doch nicht würde retten können. Dabei wusste er doch, wie es laufen würde. Im Grunde hatte Miles nicht mal damit gerechnet, dass sie es bis hierher schaffen könnten. Dennoch glaubte er, er müsse sich für seinen mangelnden Einfälle rechtfertigen.
„Vielleicht sind nicht mehr viele von ihnen übrig. Wenn das mit der Sprengfalle hingehauen hat, dann..." Er hielt inne. „Lasst uns einfach versuchen, bis zum Auto zu kommen. Mehr weiß ich auch nicht.“
Viola berührte sanft seinen Arm. Eine Geste, die Miles die Tränen in die Augen trieb. Er wandte seinen Blick gen Boden.
„Schon gut! Jetzt liegt es nicht mehr in unserer Hand. Du hast uns bis hierher geführt und dafür danken wir dir.“
Miles nickte. Zu mehr war er nicht in der Lage.
Thomas schlug den beiden vor, bis zum Ausgang der Höhle zu gehen und dort zu warten, während er die Lage draußen inspizierte.
„Was soll das bringen?“ fragte Miles.
„Ich checke ab, ob sie in der Nähe sind. Und falls ja, renne ich in die andere Richtung. Sobald sie mir auf den Fersen sind, lauft ihr zum Auto und haut von hier ab.“
Viola reagierte prompt und sehr bestimmt.
„Nein.“
Thomas berührte Viola an der Wange.
„Schatz, nur so habt ihr eine Chance.“
Miles war unmerklich zusammen gezuckt, als Thomas Viola Schatz nannte und sie auf so vertraute Art berührte. Erstaunt sah er Viola an. Als habe er dergleichen nicht von ihr erwartet. Und obwohl die Lage für sie absolut lebensbedrohlich war, empfand Viola so etwas wie Scham vor Miles. Scham darüber, Sebastian hintergangen zu haben. Ihn ausgerechnet jetzt im Stich zu lassen. Auch wenn es so gut wie sicher war, dass er nicht mehr lebte. Oder gerade deswegen. Gott, darüber durfte sie nicht nachdenken. Später hatte sie genug Zeit dafür. Später, wenn sie in Sicherheit wären.
„Ich lass dich nicht gehen. Wir alle oder keiner von uns. Ich will nicht noch jemanden verlieren.“
Thomas seufzte und wollte sie unterbrechen, aber Viola ließ es nicht zu.
„Nein. Keine Diskussion. Wir gehen alle zusammen. Wenn sie uns holen, dann sterben wir gemeinsam. Und wenn nicht, dann überleben wir gemeinsam.“
Sie blickte die beiden angriffslustig an.
„Hat einer von euch was dagegen und will sich mit mir anlegen. Aber bedenkt dabei, dass wir hier nur unsere wertvolle Zeit verplempern.“
Miles stimmte Viola zu. Thomas zögerte, doch dann willigte auch er ein, die Sache gemeinsam durchzustehen. Er liebte diese Frau so sehr. Er war im Grunde nicht bereit, sie zu verlieren. Tief in seinem Inneren verspürte er plötzlich eine immense Erleichterung über Violas Widerspruch.
Sie eilten Richtung Ausgang und versuchten dabei so leise wie möglich zu sein. Als sie das Tageslicht erreichten, hatte der Regen aufgehört. Das war schlecht. So könnten sie zwar besser hören, ob sich die Urods näherten, gleichzeitig aber würden die Urods sie noch viel früher bemerken.
„Ich denke, es ist am wahrscheinlichsten, dass sie sich in der Nähe des Camps aufhalten. Wenn sie uns nicht gefolgt sind, dann lauern sie wohlmöglich dort irgendwo.“
Thomas sah Miles zweifelnd an.
„Traust du ihnen wirklich so ein planvolles Vorgehen zu? Ich meine, sie waren doch vollkommen außer sich, als sie gesehen haben, dass die Quelle vernichtet ist. Wahrscheinlich sind sie gerade dabei, sich gegenseitig zu fressen oder so was.“
Miles schüttelte bestimmt den Kopf.
„Nicht, wenn der… der Anführer noch lebt. Du hast doch gesehen, welche Macht er über sie besitzt. Und er ist intelligent. Er kann sich denken, was wir vorhaben. Vielleicht nicht im Detail, aber ich glaube auf jeden Fall, dass er weiß, dass wir von hier fliehen wollen. Also weiß er auch ungefähr, welche Richtung wir einschlagen werden.“
„Und das bedeutet, wie müssen in jedem Fall am Camp vorbei“, vollendete Viola den Gedanken.
Thomas wirkte zornig.
„Es muss doch irgend einen anderen Weg geben?“
Miles sah ihn eine Weile an und schien etwas zu überlegen. Dann ächzte er, als müsse er einen schweren Gegenstand stemmen.
„Seid ihr gute Schwimmer?“
Thomas und Viola schauten verständnislos drein.
„Es gibt einen See. Er liegt jenseits der Ausgrabungsstätten. Wenn wir es schaffen, ihn zu durchschwimmen, dann hätten wir ’ne Chance, den Transporter zu erreichen, ohne dass sie uns überhaupt bemerken.“
„Und das sagst du jetzt erst?!“ fuhr Thomas ihn an.
„Vertut euch nicht!
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