Urod - Die Quelle (German Edition)
hätte. Sie malte sich aus, was es für diesen Planeten bedeuten würde, wenn sich die Urods ausbreiteten. Wer sich nicht schnell genug verwandelte, der würde gefressen. Wer sich gar nicht verwandelte, der würde gefressen. Wer sich verletzte, der würde gefressen. Es gab kein Entrinnen.
„Aber warum bleiben sie hier, wenn ihr Hunger so extrem ist? Sie könnten sich doch in der nächsten Stadt ihre Beute suchen“, fragte Enza Drago.
„Es gibt eines, das noch mehr Einfluss auf sie hat als der Hunger. Die Quelle. Sie würden sich nicht so weit weg bewegen, dass sie sie nicht mehr hören. Ihre Anziehungskraft ist enorm. Es ist, als würde man von einem Magneten angezogen, der einem die Sinne benebelt. Keine Chance, sich dem zu widersetzen“, antwortete Drago. „Warum sie immer in ihrer Nähe bleiben, wissen wir nicht mit Sicherheit. Wir haben einige Theorien ersonnen, aber die schlüssigste scheint mir zu sein, dass sie vielleicht zugrunde gehen, wenn sie sie nicht mehr hören. Einfach verkümmern oder sterben. So was in der Richtung."
„ Deswegen konnte die thrakische Armee sie auch besiegen. Als sie anrückten, muss die Quelle schon seit einer Weile verstummt gewesen sein. Die Urods waren dadurch wahrscheinlich geschwächt und leichter zu bekämpfen", bedachte Sebastian.
„ Aber dann können sie sich auch nicht großartig ausbreiten. Sie müssten warten, bis sich Leute in diese Gegend hier verirren, die sie dann fressen, oder die sich verwandeln. Es kann aber doch nicht allzu lange dauern, bis man kapiert, dass niemand, der sich in diesem Gebiet aufgehalten hat, wieder zurückkehrt. Also wird irgendwann keiner mehr kommen und die Urods werden verhungern, oder fressen sich gegenseitig, oder sonst was“, sagte Thomas.
Miles und Drago nickten und Thomas hatte den Eindruck, dass sie sich zu dem Thema schon ihre Gedanken gemacht hatten.
„ Komm zum Punkt. Oder willst du auf gar nichts Bestimmtes hinaus?“ sagte Sebastian ungeduldig.
„ Ich will damit sagen, dass eine Spezies, die so weit entwickelt ist, dass sie allein durch ein Geräusch eine Art genetische Zwangs-Metamorphose vollbringen kann, einen besseren Plan zur Verbreitung ihrer Art haben muss. Einen, der absolut wasserdicht ist. Das heißt, wenn die Urods sich nicht von der Quelle weg bewegen können, dann kommt es zwangsläufig dazu, dass sie aussterben. Das ist kein besonders schlauer Schachzug, oder?!“ entgegnete Thomas Sebastian.
Sebastian war anzusehen, dass ihm der Sinn wahrlich nicht nach derlei theoretischen Überlegungen stand.
„ Wen interessiert's, was sich irgend so ein verdammter Außerirdischer dabei gedacht hat. Im Grunde wissen wir doch gar nicht, was hier wirklich los ist. Und ich für meinen Teil, muss das auch nicht wissen. Ich will diese miesen Wichser auslöschen, sonst nichts!“
Er nahm noch einen Schluck aus der Schnapsflasche.
„ Trotzdem. Thomas hat recht“, meldete sich Enza zu Wort. „Wie können sie sich überhaupt ausbreiten, wenn sie so an einen Ort gebunden sind?“
„ Das wissen wir nicht. Aber wir glauben, dass sie die Quelle irgendwie bewegen werden, sobald alle verwandelt sind und es kein Essen mehr für sie gibt. Sie haben Felsbrocken von der Quelle entfernt, die Drago und ich auf sie herunter geschmissen hatten. Das heißt, sie sind in der Lage, bis ganz nach unten zu klettern. Und irgendwie werden sie es vielleicht auch schaffen, das Ding von hier wegzubewegen und mit sich herumzutragen.“
Diese Erkenntnis erfüllte alle mit Grauen. Wenn das stimmte, dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Urods ausschwärmen würden. Es gäbe immer Menschen, die das Geräusch hören würden, ja hören wollten. Enza hatte es vorgemacht. Die Neugier war eine fast so starke Gier wie der Hunger. Man wurde also entweder gefressen oder man verwandelte sich, es sei denn, man schaffte es, die Quelle zu vernichten. Aber die Gefahr war einfach wahnsinnig groß. Einmal mehr lag die Schwere der Verantwortung, die sie trugen wie eine dräuende Wolke über ihnen.
Draußen hatte die Dämmerung eingesetzt und der Regen machte zur allgemeinen Erleichterung keine Pause. Sebastian starrte aus dem Fenster, den Blick gen Himmel gerichtet.
„ Gut, dann nichts wie hin. Ich meine, so oder so – wir müssen die Quelle wieder zusprengen und dabei so viele von den Bastarden mitnehmen, wie wir können. Warum noch lange hier rumlabern. Solange es regnet, sollten wir die Chance nutzen“, ereiferte er sich.
„
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