V wie Verrat
pochende linke Schläfe. Eine kühle Hand griff mir in den Nacken und massierte ihn leicht.
»Alles ok Mylady? Du bist ein bisschen blass um die Nase.«
Da ich nicht reden wollte, rutschte ich zu ihm rüber und lehnte mich an seine Schulter. Lächelnd legte er den Arm um mich und zog mich an sich.
»Wir finden ihn. Mach dir keine Sorgen. Vik ist ein großer Junge und kann gut auf sich selbst aufpassen.«
Ich bete, dass du recht hast.
Kapitel 6.
Das Penthouse war eine Niete.
Nachdem Darius uns abgesetzt hatte, stand ich, ungeduldig von einem Bein aufs andere tretend neben Andrew im Fahrstuhl, konnte nicht abwarten, dass er sich öffnete. Raphael erwartete uns schon und schüttelte verneinend den Kopf. Hier war keine Spur von ihm. Trotzdem ging ich ein paar Schritte hinein und sah mich um. Scheinbar war er schon eine Weile nicht mehr hier gewesen, der große Raum wirkte irgendwie verlassen und verwaist. Ratlos wandte ich mich zu den Männern um.
»Und jetzt?«
Toni zog entschuldigend die Schultern hoch. Er kannte Viktor nicht gut genug, um darauf antworten zu können. Die beiden anderen tauschten einen vielsagenden Blick.
»Bitte. Raphael. Wenn du etwas weißt.«
»Liebes, ich weiß gar nichts Genaues. Aber vielleicht ...«
Flehend sah ich ihn an.
»Vielleicht?«
»Wir haben ihn gestern zufällig getroffen, Gianna und ich. Es schien ihm nicht sehr gut zu gehen.«
Andrew wich meinem Seitenblick verlegen aus.
»Ja. Er hat sie ausführlich über ihre Heimatstadt ausgefragt. Sehr ausführlich.«
»Aha. Und das ist wo?«
Er zögerte kurz, entschloss sich dann mich nicht weiter zu quälen.
»Das ist Rom ... in Italien.«
Ich lachte trocken auf und sagte: »Himmel noch mal! Ich weiß, wo Rom ist! Und du glaubst, er ist dort?«
Toni hatte sich die ganze Zeit ein Stück abseits gehalten. Jetzt trat er wieder näher.
»Gianna hat eine wunderschöne Villa in einem Nobelviertel der Stadt. Mit einem riesigen Park. Ich war einmal dort. Wenn man sich verstecken will, ist das ein idealer Platz dafür.«
»Verstecken? Vor mir?«
Betroffen wehrte er ab: »Nein! So hab ich das nicht gemeint.«
»Aber vielleicht stimmt es ja.«
Meine Stimme zitterte hörbar. Raphael schoss einen giftigen Blick in Tonis Richtung und drückte tröstend meine Hand. Meine Schläfe klopfte mittlerweile, als würde sie jemand mit dem Presslufthammer bearbeiten.
Was mach ich jetzt? Denk nach Anna!
Die drei sahen mich abwartend an.
Ich kann nicht. Mein Kopf bringt mich um.
Entschlossen straffte ich die Schultern und sagte: »Lasst ihr mich bitte ein wenig alleine. Ich kann vor Kopfschmerzen nicht mehr denken. Hier bin ich doch sicher, oder?«
Andrew wollte protestieren, aber Raphael kam ihm zuvor.
»Selbstverständlich Liebes. Hier bist du absolut sicher. Leg dich ein wenig hin. Und melde dich, wenn es dir wieder besser geht.«
Er umarmte mich liebevoll, küsste mich auf die Stirn und bedeutete den beiden anderen, zu gehen. Toni warf mir einen Luftkuss zu, nur Andrew rührte sich nicht vom Fleck.
»Mac. Bitte.«
Ich wollte ihm nicht in die Augen sehen. Stumm blieb er vor mir stehen. Schließlich zog er mich kurz an sich, atmete zitternd aus und flüsterte: »Wenn du mich brauchst, bin ich in einer Sekunde da.«
»Ich weiß«, flüsterte ich zurück.
Er ließ mich abrupt los und war weg. Alle drei waren weg.
Alleine stand ich mitten in diesem sonst so behaglichen Raum, in dem alles begonnen hatte. Dieser erste Abend hatte alles verändert. Auch wenn ich es damals noch nicht wusste und es mir vor allem nicht eingestehen wollte, hatte ich mich bis über beide Ohren in Viktor verliebt. Danach war nichts mehr wie vorher.
Ich hatte für diesen Mann alles aufgegeben. Meinen Job, meinen Alltag, die meisten meiner Freunde. Aber ich hatte es freiwillig und voller Zuversicht in die Zukunft getan, einer Zukunft mit ihm. Und jetzt? Stand ich jetzt womöglich vor den Trümmern dieser schönen Vision?
Ich trat an das riesige Fenster mit der atemberaubenden Aussicht über die funkelnde, glitzernde Stadt. Doch heute Nacht hatte ich dafür keinen Sinn. Das Pochen steigerte sich ins Unerträgliche.
Die Schmerztabletten waren in meiner Handtasche und die lag zu Hause. Hier würde ich so was sicher nicht finden, denn meines Wissens bekamen Vampire keine Migräne. Also quälte ich mich nach unten in die Lobby und jubelte innerlich, als ich ein bekanntes Gesicht an der Tür fand. Max hörte mir kurz zu, verschwand hinter einer Tür und kam mit
Weitere Kostenlose Bücher