Valadas versinkende Gaerten
Bad. Die beiden blonden Jungen erwarten mich, mir begehrlich alle Aufmerksamkeit zu erweisen.
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IBN ABDUS.
Bei meiner Tätigkeit kann es tödlich sein, nicht alles zu wissen.
Die stumme Suad hat versagt. Weder hat sie mir mitgeteilt, welche Nachricht Ibn Zaydun aus Sevilla geschickt hat, noch erfuhr ich irgendetwas über die Wahrscheinlichkeit eines Zerwürfnisses zwischen Valada und der Tochter des Feigenhändlers. Was ist mit meiner Zuträgerin los?
Ich weiß, erstens, dass sie jedes Dokument lesen kann, auch wenn es verkehrt herum vor ihren Augen liegt (Stumme müssen sich anderwärts zu behelfen wissen), und dass, zweitens, ihre Ohren feiner sind als die des Luchses.
Ist sie bestochen worden von ihrer Herrin? Hat sie die Seiten gewechselt und hängt auf einmal in unabdingbarer Treue Valada an? Das wäre schade, denn dann würde sie ganz sicher irgendwann ihre bisherigen Beziehungen zu meiner Kanzlei beichten, und ich müsste sie beseitigen lassen.
Ich werde sie mir vorknöpfen.
Im Übrigen, wenn ich nun mit kühlem Kopf alles überschlage: Eigentlich dürfte ich mit der Entwicklung nicht unzufrieden sein. Meine Reaktion auf dem Fest, als die Prinzessin ihre flammende Rede hielt und alle in ihren Bann schlug – diese meine Reaktion war richtig und die Voraussetzung für das einzig Wichtige: Ich habe weiterhin die Finger im Spiel.
Da nun gewiss schon ganz Cordoba weiß, dass wir demnächst einen Kalifen von Sevillas Gnaden erwarten, muss ichzunächst mit meinem Fürsten eine Strategie entwickeln. Mein Fürst, der mit Recht nicht gerade gnädig gestimmt sein wird, wenn er jetzt erst etwas erfährt, das er und ich als Erste hätten wissen müssen.
Es ist nun einmal so: Wenn wirklich ein Omayade Herrschaftsansprüche anmelden würde, könnte Abd Al Malik als guter Moslem nichts anderes tun, als dem Nachkommen des Propheten seine Unterstützung anbieten.
Wenn.
Verflucht, wäre es mir doch nur möglich, einen Blick in das Papier zu werfen, das bei Valada angekommen ist!
Diese kluge Frau hat einen blinden Fleck in ihrem Kopf.
Als es um die Nachricht über Kasmunas Tod ging, hat sie gewittert, dass ihr ehemaliger Liebhaber ihr eine Erfindung auftischt, obwohl er den »Beweis« der Perlenkette beigelegt hatte. Aber die Botschaft vom Auftauchen des Kalifen hat sie geschluckt, wie ein dummer Fisch einen glitzernden Köder schluckt. Da hat ihr Instinkt für keine Warnung gesorgt, und wahrscheinlich wäre ihr der Stil dieser Mitteilung selbst dann völlig gleichgültig, wenn sie in Gossen-Arabisch abgefasst gewesen wäre.
Bloß: Ich bin überzeugt, dass es diesen Prätendenten nicht gibt, dass er dem Hirn des verschlagenen Dichters entsprungen ist.
Also wird niemand hier auftauchen, um sich »vorzustellen«. Nicht einmal ein abgebrühter Gottesleugner würde sich anmaßen, eine so »geheiligte« Person zu spielen, ohne den Zorn Allahs heraufzubeschwören, und jemand aus einer anderen Religion in eine solche Rolle zu drängen, würde daran scheitern, dass derjenige nicht imstande wäre, bei einer genauen Ausforschung all die intimen Fragen über seinen Stammbaum und die kniffligen Details der Glaubensauslegung richtig zu beantworten.
Mit anderen Worten: Es gibt keinen Hisham, auch wenndie Prinzessin an ihn glaubt. Und noch einen Schritt weiter: Sevilla nutzt die Gunst der Stunde, will uns vereinnahmen. (Aber das ist mir nicht neu. Letztlich hat die »Flucht« des Dichters aus seinem »Gewahrsam« geraden Wegs zu diesem Punkt geführt.)
In dieser Richtung also werde ich vor Abd Al Malik argumentieren.
Offiziell: Wir erwarten die Ankunft des Kalifen voller Vorfreude und teilen das nach Sevilla mit.
Und gleichzeitig setzen wir unsere Truppe in Bereitschaft. Wir haben zwar keine großen Chancen, aber wenn es nach Widerstand unsererseits aussieht, bringt es uns vielleicht einen Handlungsspielraum. Man wird sehen. Al Mutadid, der alte Haudegen, ist bekannt dafür, nicht lange zu fackeln. Er ist auf dem Vormarsch. Granada, so hört man, hat er auch schon so gut wie eingesackt. Und sein Heer – in der klugen Mischung aus Berbern und christlichen Söldnern, durch die verhindert wird, dass eine Gruppe die Oberhand gewinnt – ist, man weiß es, das schlagkräftigste weit und breit. Unter anderem, weil er stets pünktlich zahlt.
Wir haben unseren Berbern immer lieber erlaubt, sich an Plünderungen schadlos zu halten, statt etwas aus der Schatzkammer zu holen. Das wird sich jetzt nachteilig
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