Valadas versinkende Gaerten
meiner Hand unter der Decke. Zieht die Nase hoch und ist weg.
Zitternd vor Hunger und Erschöpfung stehe ich auf und taumele an meinen Tisch, zu dem Berg bereits beschriebenen Papiers.
Ich setze die Feder an und schreibe:
»Von Kummer schwer sind alle meine Tage,
Und bittre Tränen tränken mir das Brot.
Was ich auch flehe, was ich klage:
Kein Stein erbarmt sich meiner tiefen Not.
Du, deren Leib so biegsam wie die Weide
Und deren Schoß so tief ist wie die Nacht,
Erbarm dich meiner, sieh doch, wie ich leide,
Lass uns vollbringen, was wir sonst vollbracht.
Du bist wie Himmelssterne, bist der Mond,
Bist meine Sonne, die am Himmel thront.
Bist Blume und der Wind, der sie bewegt,
Bist jener Atem, der sich in mir regt,
Bis ich von dieser trüben Erde scheide.«
Für einen Morgen ohne Essen und mit einem doppelten Bocksprung nicht schlecht. Und das alles deinetwegen, du Bestie.
4
IM REGIERUNGSPALAST.
In seinem Amtszimmer im Regierungspalast sitzt der Hadjib Ibn Abdus Al Gahsiyari und erledigt seine Morgenarbeit, das heißt, er lässt sich von seinen Subjekten Vortrag halten.
Dass man in seinem Amt alles wissen muss, ist eine eiserne Regel. Nur dadurch, dass er alles weiß, einst, jetzt und immer, hält er sich nun schon so lange im Amt.
Nachdem es vorbei war mit den Omayaden, mit den Kalifen, deren mehr als zweihundertjährige Herrschaft nun immer als glanzvoll-melancholische Legende über allem schwebt, als Maßstab, an dem gemessen wird, was Herrschende tun und lassen, nachdem das Licht dieser Dynastie also erloschen war, diente er, der jetzige Minister, ein junger unbedeutender Katib, Beamter bei der Steuerbehörde, sich mit Scharfblick bei der Familie der Banu Yahwar an, einer der alteingesessenen Sippen von Cordoba, die sich stark genug fühlte, die Regierung zu übernehmen. Die Banu Yahwar, das war solider Durchschnitt. Die wollten nichts Besonderes. Nur an der Macht sein. Da gab es keine Experimente. Keine tollkühnen Kriege, keine extravaganten Steuern, keine verwegenen Bündnisse mit anderen Fürstentümern. Und sie regieren bis heute. Das heißt, er regiert. Nun schon den dritten Fürsten aus diesem Geschlecht gängelt er mit Geschick und Wendigkeit. Dieser dritte, Abd Al Malik mit Namen wie viele seiner Vorgänger, ist, wie man so sagt, nicht das schärfste Messer im Schrank, aber das kommtihm nur zupass. Allerdings, in letzter Zeit macht ihm etwas zu schaffen. Der Herrscher hat eine neue Favoritin, und die ist sehr anspruchsvoll – was man verstehen kann, wenn man sich Abd Al Maliks Statur vor Augen führt: kurz und dicklich, die Wangen schlaff. Verschwenderisch war Abd Al Malik seit eh und je – ein Waffennarr, der es liebte, die halbe Zeit des Tages in seiner Rüstkammer zu verbringen, ohne dass er jemals einen Krieg führen musste oder wollte. Aber nun greift er dem Weib zuliebe in die Staatskasse, ohne zu fragen. Und kürzlich hat er sogar versucht, eine Steuer ausschreiben lassen, über den Kopf seines Wesirs hinweg.
Ibn Abdus weiß nicht, wie lange er sich das noch gefallen lassen soll . . .
Er hockt bequem auf seinen Polstern, der Schreiber kniet zu seiner Rechten, die Rohrfeder hinterm Ohr, gewärtig, ein Diktat aufzunehmen, und über dem Wesir schwebt der Baldachin der Macht. Zwei schwarze Sklaven mit Pfauenwedeln stehen bereit, ihm Kühlung zuzufächeln, wenn er es denn befiehlt.
Also zunächst zur Aktion der Strenggläubigen.
Er lässt sich von den Schäden berichten, die heute Nacht entstanden sind. Nur drei Tote, zwei Frauen und im Judenviertel ein Händler, das ist glimpflich. Dass sich die Bärtigen diese Nacht gegen die Judería wenden würden, war vorauszusehen. Schließlich gab es da einen Feiertag.
(Pro forma ließ er auf Bitten der Prinzessin hin die Shorta, die Stadtwache, patrouillieren. Nun, die schauen ohnehin eher weg.)
Allerdings wird es, wie er gerade erfährt, in zehn Tagen ein zweites jüdisches Fest geben, und die Hebräer werden es sich nicht nehmen lassen, es zu begehen . . .
Aber Zurückhaltung ist geboten. Die Juden Cordobas in Angst und Schrecken zu halten, kann nicht schaden, wie es überhaupt nie schaden kann, jemanden in Angst und Schreckenzu halten. Aber immer in Maßen. Sie, die Juden, dürfen nicht auf den Gedanken kommen, fortzuziehen, etwa ins weltoffene Granada. Schließlich braucht die Stadt die Handwerker, die Kaufleute, Ärzte und Gelehrten. Und sie braucht die Steuern. (Nicht-Muslime müssen einen beträchtlichen Preis
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