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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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Kaufleuten mit solchen Angeboten einen kleinen Zollnachlass als Anreiz zu gewähren, lässt sich von einem seiner Geschöpfe referieren, was im Augenblick auf dem Basar gut geht.
    Es ist mäuschenstill während dieser Arbeit.
    Dann erklärt er: »Alle fünf dürfen zum Schatzamt gehen und ihre Einfuhrzölle zahlen, vorausgesetzt, sie besitzen die entsprechenden Papiere vom Hafenmeister und vom Wakil, dem Repräsentanten der ausländischen Kaufleute. Die beiden Herren, die Zimt, Pfeffer und Seide importieren, dürfen heute Nachmittag zu mir in meine Räume kommen, um mit mir eine Partie Schach zu spielen.«
    Was bedeutet, dass der Hadjib an diesen Waren besonders interessiert ist und von den »hoch Geehrten« einen kleinenExtratribut fordert. Dafür dürfen sie dann auch ihre Preise auf dem Basar frei gestalten . . .
    »Sind die Tauben schon gekommen?«
    »Nur die aus Carmona und Moron, großer Herr!«, antwortet man ihm.
    Ibn Abdus runzelt die Stirn. »Also nur von den nahe gelegenen Fürstentümern«, sagt er ärgerlich. »Nun gut, warten wir den Nachmittag ab, um die Korrespondenz zu erledigen.«
    Als Erster Minister Cordobas unterhält Ibn Abdus per Taubenpost Kontakte zu allen Taifas, den Kleinkönigreichen in Al Andalus, von Lerida bis Algeciras, von Murcia bis Bajadoz. In jedem Palast sitzt ein Agent von ihm, meist ein hoher Beamter des dortigen Herrschers, der ihn mit den nötigen Informationen versorgt, über die offiziellen Verbindungen hinaus, die natürlich auch gepflegt werden.
    Der Schreiber erhebt sich bereits; er weiß, seine Anwesenheit ist erst zur Zeit des Nachmittagsgebets wieder vonnöten.
    Ibn Abdus winkt auch die Reste seines Schattenkabinetts fort, und ein Diener huscht herein, um unter vielen Verbeugungen die Kanne mit Minztee und die hauchdünne Trinkschale aus fernöstlichem Porzellan zu bringen.
    Nach ihm erscheint, zögernd zwischen den Vorhängen, das Gesicht leicht verschleiert, eine kleine Frau in der unscheinbaren, dunkelblauen Kleidung einer Bediensteten. Der Wesir bedeutet ihr mit einer Kopfbewegung, näher zu kommen.
    »Du hast etwas für mich, Suad?«
    Suad ist die einzige Person, die er persönlich anspricht   – nicht, dass er die Namen der anderen Subjekte nicht kennen würde!   –, denn sie ist sein Spitzel im Haus Valadas.
    Suad ist stumm. Valadas Mutter, die »Gotin«, ließ ihr, als ihrer vertrauten Lieblingssklavin, vor vielen Jahren die Zunge herausschneiden, damit sie keine Geheimnisse des Frauenhauses ausplaudern konnte. Was die Herrin nicht wusste: Suad konnte lesen und schreiben, und sie hatte und hat sehrfeine Ohren und ein gutes Gedächtnis. Ihren Hass auf ihre einstige Gebieterin hat sie nun auf deren Tochter übertragen, die freilich gar nichts davon weiß; sie beachtet diese Sklavin, die den Boden fegt und die Kissen aufschüttelt, überhaupt nicht.
    Die Frau nickt und drückt dem Wesir ein säuberlich gefaltetes Papier in die Hand, und im Gegenzug empfängt sie einen Silberdirhem. Dann schleicht sie davon.
    Ibn Abdus ist allein. Er nimmt einen Schluck von seinem Minztee. Dann öffnet er den Zettel.
    Suad hat eine schöne, gut leserliche Schrift.
    »Erlauchter Hadjib, den der Allmächtige mit seinen Segnungen überschütten möge: So dichtete am Abend, nachdem du gegangen warst, die Tochter des Feigenhändlers vor ihrer Herrin:
     
    ›Wie lächerlich ist es doch anzusehn   / Wenn alten Kerlen noch die Schwänze stehn!   / Was heute da in seiner Hose wohnt   / Ist sicher nichts, was sich zu prüfen lohnt.‹
    Es antwortete darauf die Prinzessin mit folgendem Vers:
    ›Sei unbesorgt, ich nehme weiße Haare   / Erst wichtig, komm ich selber in die Jahre.   /
    Solang wir jung sind, will ich mich ergötzen   / An dir und deinen frischen, schönen Schätzen.‹
     
    Der erhabene Hadjib möge die scham- und respektlose Sprache der Verse verzeihen. Erhaltet mir Eure Gunst. Ich bin stets zu Diensten.«
    Ibn Abdus runzelt die buschigen Brauen. Hat er diesem Frauenzimmer nicht ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, sie solle ihn bei ihren unverschämten Reimen außen vor lassen?
    »Nimm dich in Acht, Muhdja bint Al Tayyani«, murmelt er zwischen den Zähnen. »Leg dich nicht mit dem Falschenan. Sonst muss deine Prinzessin ihre Zunge in andere Honigtöpfe stecken.«
    Er zerreißt den Zettel in kleine Stücke, so, dass nichts mehr leserlich ist.
    VALADA.
    Ich muss lachen über Muhdjas Botschaft   – wenn auch der »Hund« nicht entkommen ist, sondern im sicheren

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