Valadas versinkende Gaerten
dafür zahlen, dass sie in den Ländern der Diener Allahs leben und handeln dürfen.)
Also man sollte für dieses nächste Mal die Aufmerksamkeit dieser Fanatiker in andere Kanäle lenken. Ein bisschen geplündert haben sie ja nun erst einmal. Als Nächstes könnte ja wieder die »Bestrafung zuchtloser Frauen« die Hauptrolle spielen.
Ibn Abdus weiß: Wenn er diesen einstigen Wüstensöhnen nicht gestattet, sich gegen alles, was zivilisiert ist, auszutoben, dann werden sie zur Bedrohung für den Staat. Wie kürzlich, als sie die Wasserräder und die Regulierungssysteme zerstört haben und die halbe Stadt abgesoffen ist, weil der Fluss nicht mehr zu bändigen war.
»Beim nächsten Freitagsgottesdienst soll nach dem Gebet in der Moschee ein Prediger auftreten, der die Aktivitäten der Strenggläubigen auf ein anderes Ziel lenkt«, befiehlt er, ohne jemanden anzusehen. (Er kann sich darauf verlassen, dass der Richtige das Richtige tut. Seine Subjekte sind gut dressiert.) »Vielleicht darauf, dass manche schamlose Frauen nicht genügend verschleiert sind in der Öffentlichkeit oder dergleichen.«
(Er weiß, dass das ein Köder ist, den sie gern nehmen werden: Da die Prinzessin, gegen die sich ihr Hass ganz besonders richtet, dafür bekannt ist, stets ohne Schleier zu gehen, ist das wieder so eine Sache, mit der sie unausgesprochen deutlich machen können, was sie von dieser Frau halten. Und wenn das die Herrin unter – indirekten – Druck setzt, kann das ihm, Ibn Abdus, nur recht sein. Es gilt, die Mauern der Festung durchlässig zu machen . . .
»Waren die Plünderungen sehr ertragreich?«
Er stellt seine Fragen immer nur in den Raum hinein, nicht an jemand Bestimmtes. Er »kennt« sie nicht, diese Zuträger und Spione, die allüberall sitzen.
»Der Imam der Großen Moschee wird eine Spende erhalten«, bekommt er zur Antwort. »Und auch Ihr, großmächtiger Hadjib . . .«
»Um mich geht es nicht«, sagt er schroff, und irgendjemand berührt erschrocken mit der Stirn den Boden. »Ich will wissen, wie hoch die Spende an die Moschee ist.«
Dann nämlich kann er sich ein Bild davon machen, wie viel diese Schurken wirklich erbeutet und erpresst haben. Es gilt als stillschweigende Regel, dass der Imam ein Drittel des Raubs als Tribut erhält. Und wenn man in Rechnung stellt, dass die Bärtigen gewiss nur die Hälfte von dem angeben, was sie wirklich gestohlen haben, kann man ganz gut nachrechnen, wie erfolgreich sie waren.
Und auch Ihr, großmächtiger Hadjib . . ., dieser Zungenschlag im Zusammenhang mit der Beute der Nacht sagt ihm nicht zu. Diese Stimme sollte sich künftig zurückhalten. Niemand soll auf den Gedanken verfallen, dass er irgendwie an dieser Art »Einnahmen« teilhat.
(Denn es geht andersherum. Bevor die Fanatiker einen »Al Ghazi« planen – so nennen sie es noch immer nach altem Wüstenrecht –, suchen sie bei ihm indirekt um Erlaubnis nach, indem sie ihm, als Zeichen ihrer Verehrung und als Dank für den Schutz, den sie durch ihn genießen, einen gut gefüllten Beutel zukommen lassen. Oh ja, er weiß wohl, dass er ihnen damit eine Lizenz zum Terror verkauft. Aber so verliert er die Übersicht nicht und kann die Zahl der Raubzüge steuern.)
»Eine Delegation der jüdischen Gemeinde bittet um das geneigte Ohr des großen Hadjib«, lässt sich eine andere Stimme vernehmen. »Die Männer wollen sich mit einer Summe in gebührender Höhe für den Schutz durch die Shorta bedanken.«
Ibn Abdus verkneift sich ein Lächeln. Der Schutz durch die Shorta war ein Witz, das weiß jeder.
Wenn die Ältesten der Gemeinde das schon für belohnenswert halten – wunderbar. Und das lässt sich bestimmt noch steigern . . .
»Man soll der Delegation ausrichten, dass sie ihr Gold gleich zum Schatzmeister bringen sollen und der Hadjib ihnen seinen Dank übermitteln lässt. Leider ist er im Augenblick zu sehr beschäftigt, ihn persönlich auszusprechen.«
Pantoffeln klappern auf den bunten Fliesen. Irgendjemand eilt beflissen davon.
»Was weiter?«
»Fünf Tujjar, Fernhändler von Übersee, ersuchen um Audienz. Sie wollen die Erlaubnis erbitten, in Cordoba ihre Waren zu veräußern«, hört er.
»Um welche Waren handelt es sich?«
Papier raschelt, Pergamentrollen werden geöffnet, Verzeichnisse vor dem Wesir ausgebreitet. Er winkt mit dem Finger, und der Schreiber rutscht näher. Mit halblauter Stimme diktiert er, lässt aufschreiben, an welchen Waren es gerade in der Stadt mangelt, um den
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