Valentine
Emanuele redend fest. »Ich hole Roxanne. Sie weiß, was zu tun ist.«
»Bitte bleibt hier , Madame la Duchesse . I ch werde Mademoiselle Roxanne holen. Ich habe sogar schon Badewasser eingelassen.«
Während Emanuele das Zimmer verließ, zog Valentine behutsam die Decke fort. »Kommen Sie«, forderte sie das Mädchen mit sanfter Stimme auf. Zuerst reagierte dieses nicht. Erst als Valentine ihr die Hand reichte, erhob sie sich, jedoch ohne Valentine zu berühren. Wie ein Roboter folgte sie der Vampirin in das angrenzende Badezimmer, die Arme um den mageren Körper geschlungen. Das Kleid war von undefinierbarer Farbe, verschmutzt und löchrig, und bedeckte kaum ihre Brüste.
Auch im Bad war Emanueles Vorliebe für Rot zu spüren, jedoch in der umgekehrten Kombination. Wand- und Bodenfliesen präsentierten sich in mattem Schwarz, auf Augenhöhe durch eine Reihe roter Mosaikfliesen unterschiedlicher Schattierungen unterbrochen. Waschbecken und Badewanne waren ebenfalls rabenschwarz, die Armaturen hingegen aus Gold.
Es war ein besonderes Privileg und Frédérics Entscheidung, dass jeder seine Räume so ausgestattet erhielt, als halte er sich in einem Luxushotel oder seinem eigenen Zuhause auf. Dutzende roter Kerzen flackerten auf einem vorstehenden Sims über der Wanne aufgestellt, zwischen extravaganten roten und schwarzen Flakons erlesener Düfte.
Teufel oder hoffnungsloser Romantiker? Valentine wurde daraus nicht schlau. Jedenfalls schien es so, als ob sie Del Castello vielleicht falsch beurteilt hatte.
Roxanne kam herein , und ein kurzer Blickkontakt zwischen ihr und Valentine genügte. Die Halbvampirin aus der Unterschicht war für Valentine in ihrer schweren Zeit zur Vertrauten geworden. Die Fremde würde bei ihr in den besten Händen sein. Wenn es jemand schaffte, an sie heranzukommen, dann Roxanne. Valentine ging hinaus und schloss die Tür leise hinter sich.
Emanuele hatte in der Zwischenzeit zwei Gläser mit Sherry gefüllt und reichte eines davon Valentine. »Auf Euer Wohl, Duchesse. Danke für Eure Hilfe. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.«
Wie charmant er war. Wo war der affektierte Draufgänger geblieben, als der er sich sonst gab? Wo seine unerschütterliche Selbstsicherheit? So wohl hatte sie sich in seiner Gegenwart noch nie gefühlt.
»Señor Del Castello, eine Frage: Wo haben Sie das Mädchen gefunden? Ist sie Französin?«
»Erzählen Sie mir, haben Sie etwas Neues über Mademoiselle Aliénors Verbleib erfahren?«, erwiderte er ausweichend, ohne sie anzuschauen.
» Señor Del Castello …«
Sein treuer Blick brachte beinahe ihr Herz zum Schmelzen. »Bitte, Madame La Duchesse, wir kennen uns schon eine so lange Zeit. Könntet Ihr Euch vorstellen, mich Emanuele zu nennen ?«
Warum eigentlich nicht. Wenn er sich immer so gäbe wie in dieser Nacht, wären sie sich schon längst nähergekommen. Es war noch nicht zu spät dafür.
»Gern, Emanuele«, erwiderte sie und studiert e seinen undefinierbaren Gesichtsausdruck. »Aber beantworten Sie jetzt bitte meine Frage: Woher kommt das Mädchen?«
Er stieß sanft sein Glas an das ihre. »À votre s anté.«
Valentine schenkte ihm ein Lächeln.
»Sie kommt aus Köln.«
Ausgerechnet Köln. Das durfte doch nicht wahr sein! »Wie bitte?«
Er lächelte verlegen und drehte das Glas zwischen seinen Finger n hin und her. »Verzeiht mir , Madame. Ich habe Euch zufällig an einem Abend beobachtet, als Ihr das Schloss verlassen habt , und bin Euch gefolgt. Es ist mir nicht verborgen geblieben, dass Ihr ein Geheimnis hütet und bis vor kurzem nie das Schloss verlassen habt.« Er nippte an seinem Glas. »Ich wollte Euch beschützen, falls … aber dann habe ich gesehen, dass Ihr Euch mit einem Verehrer trefft und dieser Mensch nicht den Eindruck erweckte, als wäret Ihr in Gefahr.«
Heiß und kalt rieselte es ihr im Wechsel den Rücken herunter. Warum zum Teufel meinte jeder, er müsse sich als ihr Beschützer aufspielen? Sie nahm es im Schwertkampf und im Schießen mit jedem der Männer auf. Oder sollte das unterstreichen, dass ihm ernsthaft an ihr gelegen war? Wenn dies den Tatsachen entsprach, so hatte er es hervorragend verstanden, ihr auf eine vollkommen unpassende Art den Hof zu machen.
Sie setzte sich auf das schwarze Ledersofa, das sich viel weicher und angenehmer anfühlte, als sie vermutet hatte.
»Darf ich Euch nachschenken, Duchesse?«
»Gerne, aber nur wenig. Ich möchte einen klaren Kopf behalten. Und hören Sie auf
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