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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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herausmusste.
    Der kaputte Krug stand in der Schlafzimmerecke. Der Töpfer hockte sich davor und sah ihn sich an.
    »Ich kann ihn ausbessern«, sagte er. Eine Paprikaschote war abgegangen. Er hob sie auf und untersuchte sie. »Ich kann dir auch einen neuen machen.«
    Sie betrachtete den Krug und lächelte.
    »Wie diese hier unter der Tülle hängt, gefällt mir«, sagte sie und zeigte darauf. »Hab vielen Dank.« Der Töpfer, der mit dem Rücken zu ihr saß, stand auf und drehte sich mit den Händen auf dem Bauch zu ihr.
    »Ich habe Bauchweh«, sagte er verlegen.
    Valeria packte jähe Wut.
    »Du Baby. Als du mich gestern Abend ausgenutzt hast, hat dein Bauch nicht wehgetan.«
    Der Töpfer blinzelte ihr zu und lachte.
    »Das glaubst du doch selber nicht«, sagte er kopfschüt telnd . Er hatte es sehr laut gesagt und dachte jetzt an seine tote Frau und an Ibolya.
    »Doch, und ich meine es so. Du hast ausgenutzt, dass ich nicht richtig bei Sinnen war. Das ganze Theater im Hof hat mir den Verstand geraubt.«
    »Dir ging es doch ausgezeichnet«, erwiderte der Töpfer. »Du warst ganz und gar im Besitz deiner geistigen Kräfte.«
    »Nein.«
    »Valeria, du hast mir Anweisungen gegeben, weißt du das nicht mehr?«
    Valeria wurde rot. Wie unhöflich von ihm, solche Details zu erwähnen, als wäre sie ein gewöhnliches Bauernmäd chen , das über so etwas sprechen und mit leuchtenden Augen und offenem Mund lachen konnte.
    »Was fällt dir ein, so mit mir zu sprechen«, sagte sie.
    »Ich muss jetzt gehen«, unterbrach er sie. »Es tut mir leid, dass du böse bist. Ich komm irgendwann diese Woche und repariere den Krug.«
    Valeria zog sich die Bettdecke über die Brüste. Am Fußende des Bettes stand ein nackter Mann. Ihr Blick glitt über seinen Körper. Er wurde rot und sah zu seiner Hose hinü ber . Er war wie gelähmt und konnte sie weder aufheben noch einfach stehen bleiben.
    »Schon gut«, sagte sie. »Vielleicht sollte er ja kaputtgehen.«
    Der Töpfer sah sie genauer an. Er versuchte zu lächeln, was aber beiden gekünstelt vorgekommen wäre.
    »Seltsam«, sagte er. »Ich glaube, so etwas bring ich nie wieder zustande.«
    »Du Armer«, erwiderte Valeria.
    »Nein, ganz im Ernst. Ich könnte es kein zweites Mal. Ich weiß gar nicht, wie ich diesen Krug hingekriegt habe.«
    »Ich brauch neue Vasen«, antwortete Valeria plötzlich. »Zwei für die Küche. Sie müssen praktisch sein, nicht wie der Krug, den ich nicht heben kann. Kannst du mir welche machen?«
    »Ich könnte ja Paprikaschoten hineinritzen«, sagte der Töpfer hoffnungsvoll.
    »Nein«, antwortete Valeria. »In Sachen Paprikaschoten hast du dein Bestes gegeben. Nimm weiße Rüben.«
    Sie lächelte, als der Töpfer die Stirn in Falten legte. Genau so hatte er sie angeschaut, als sie ihn bat, den Wasserkrug mit Paprikaschoten zu schmücken. Sie wusste jetzt, dass sie ihn wiedersehen würde.
    »Weiße Rüben?«
    »Ja«, sagte Valeria. »Komm erst wieder, wenn du die Vasen fertig hast, vorher hab ich keine Zeit für dich.«
    »Aber wieso weiße Rüben?«, stammelte der Töpfer.
    »Weil ich sie mag. Sie wachsen schnell«, erwiderte sie. »Sie bringen gute Erträge und liefern viel Energie. Das Vieh frisst sie gern und sie sind winterhart. Es gibt tausenderlei Gründe. Aber vor allem wegen des Viehs. Weißt du überhaupt, wie schwer es ist, das Vieh satt zu bekommen? Weißt du, wie viel Handarbeit nötig ist, wenn man Tiere zu füttern hat? Hier ist kein Mann für diese Arbeit, und wenn einer da wäre, würde er jede andere Arbeit vorziehen. Ein Rübenfeld haben, heißt, dass sich die Kuh, die Schweine, die Ziege ihr Futter selbst suchen können. Ich esse sie schon ein Leben lang. Als ich klein war, hat mein Großvater ganze Weiden zu Rübenfeldern gemacht. Überall an den Hängen sah man sie wachsen. Dann ließ er das Vieh dort weiden. Die Tiere fraßen das Grün und durchwühlten die Erde nach den Wurzeln. Nie haben wir auch nur ein einziges Kalb verloren oder ein Lamm. Die Rüben taten ihnen gut. Als ich heranwuchs, tat man sie mir sogar in die Suppe. Gratisenergie. Darüber denk jetzt mal nach und lass mich in Frieden.«
    Der Töpfer nickte und griff nach seiner Hose. Er war fest entschlossen, Valeria nie wiederzusehen. Er hatte nicht vor, die beiden Vasen für sie zu machen. Er konnte zurück in sein Leben, sobald er erst angezogen und wieder draußen war.
    »Das kann dauern, Valeria. Ich habe eine Menge Aufträ ge . Vielleicht komme ich nächsten Monat dazu.

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