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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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Ich hab ihm gesagt, dass ich es gern probieren will, dass er aber nicht zu viel erwarten soll. Ich bin kein Bildhauer.«
    Valeria lächelte ihn an. »Du bist unser Michelangelo.«
    »Wohl kaum«, sagte er lachend.
    Er war erleichtert. Dieser ungezwungene Umgang schien zu klappen, genau wie er es sich erhofft hatte. Sie begegneteneinander wie Freunde, die sich ohne große Formalitäten trafen und gern zusammen waren.
    Sie gingen auf die Veranda hinaus. Dann herrschte Schweigen.
    »Trotzdem, zehn Tage sind eine lange Zeit.« Valeria rief sich das ins Gedächtnis. Er war so charmant und ungezwungen, dass sie ihre Wut beinah vergessen hätte. »Ich habe Wasser aufgesetzt. Möchtest du eine Tasse Tee?«
    Er war verblüfft.
    »Wie? Tee? Ja, doch, warum nicht. Tee wäre gut.«
    Er ging mit ihr ins Haus und sie setzten sich in die Küche. Dort stand der Wasserkrug jetzt und der Töpfer seufzte, als er ihn sah.
    »Lass ihn mich doch kitten.«
    Valeria schloss einen Schrank auf und holte zwei Teetassen heraus.
    »So gefällt er mir aber«, sagte sie.
    »Er ist doch kaputt«, erwiderte er.
    »Kaputt ist vieles.«
    Der Töpfer dachte darüber nach. Sie klang entschlossen. Er kam zu der Überzeugung, dass sie nichts Böses im Sinn hatte, doch etwas schien sich zwischen ihnen zusammenzubrauen. Er versuchte, seine Leichtigkeit nicht zu verlieren, und lächelte sie an.
    »Valeria, ich wollte mich für mein Benehmen entschuldigen.«
    Valeria neigte den Kopf.
    »Du hattest recht. Ich habe dich ausgenutzt und schäme mich furchtbar deswegen. Weißt du, ich war so aufgewühlt wegen dem Krug und so stolz auf mein Werk, und dann war dein Haar offen und ringsum benahmen sich alle wie die Verrückten. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Es war unbesonnen von mir.«
    Valeria nickte und nippte an ihrem Tee. »Was sagst du?«
    »Ich sage, dass es vielleicht ein Fehler war, dass ich dich nicht hätte ausnutzen dürfen. Du hattest recht. Ich würde es gern irgendwie wiedergutmachen, aber ich weiß nicht, wie. Auch ist da Ibolya, und ich hätte dir wahrscheinlich sagen sollen, dass wir zwar nicht verlobt oder verheiratet, aber doch befreundet sind, das heißt, seit ein paar Monaten haben wir eine Affäre. Wir leben in einem kleinen Dorf und anscheinend schickt sich das nicht. Ich möchte nicht, dass das negative Auswirkungen auf dich hat.«
    Valeria schluckte ihren Tee hinunter. Sie sah aus, als wür de sie gleich anfangen zu lachen.
    »Meine Güte, bist du wirklich so dumm? Ich bin achtundsechzig Jahre alt. Ich habe ein Hirn. Ich wusste, was ich tat. Ich wollte es, ich hab’s mir ausgesucht. Willst du mich beleidigen?«
    Sie stand auf. Der Töpfer hob entgeistert die Hände.
    »Nein, in keiner Weise. Ich hab nur gedacht   …«
    »Was hast du gedacht?«, sagte Valeria lauter als vorher. »Du hast gedacht, du könntest hierherkommen und lächeln und charmant sein und dich dann aus meinem Leben schleichen. Du hast gedacht, ich würde zu alldem nicken und es in Ordnung finden?«
    Der Töpfer legte die Stirn in Falten.
    »Du bist schon sehr dumm, wenn du das gedacht hast.«
    »Ich hab gar nichts gedacht.«
    »Dann bist du gedankenlos.«
    »Ich hab nur gedacht dass,   –«
    »Du hast gedacht, dir bliebe die Entscheidung erspart. Das ist es doch. Aber das gibt’s bei mir nicht. Ich kann schlafen, mit wem ich will.«
    Der Töpfer war verwirrt.
    »Was?«, fragte er. »Mit wem willst du denn schlafen? Warum willst du das denn?«
    Valeria ging aus dem Zimmer, machte die Haustür auf und hielt sie ihm auf.
    »Raus.«
    »Tut mir leid. Ich versteh dich nicht.«
    »Raus«, antwortete sie.
    Der Töpfer ging zur Tür.
    »Kommst du die Vasen in der Werkstatt abholen?«, wollte er wissen. »Oder soll ich dich anrufen?«
    »Geh«, sagte sie. »Komm wieder, wenn du erwachsen geworden bist.«
    Sie hätte ihn fast hinausgestoßen. Während er dastand und protestierte, machte sie ihm die Tür vor der Nase zu.

Zweites Buch
     
     

I
     
    D as Fahrrad des Schornsteinfegers war Baujahr 1902 und das führende Modell der damaligen Epoche. Weil es schnell war und ein hohes, ausladendes Lenkrad hatte, nannte man es »den Hasen«. Es gehörte zu den ersten Fahrrädern der Welt, die über eine Gangschaltung verfügten und Gummireifen, deren Durchmesser einen halben Meter betrug. Gleichzeitig war es ein neumodisches Ding, das seinen Besitzern kein Glück brachte, sondern sie zur Verzweiflung trieb. Alle Räder aus dieser Zeit wurden in einer kroatischen

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