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Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition)

Titel: Valerias letztes Gefecht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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schwarze Lederjacke, die ein Muss war, und seine Finger waren schwarz vom jahrelangen Kohlestaub. Ibolya merkte auch, dass er ihre Brüste anstarrte und daraus keinen Hehl machte – im Gegensatz zu den anderen Stammgästen. Sie spürte ein Summen in ihrem Kopf und richtete sich auf. Mach weiter, dachte sie. Schau’s dir genau an. Nimm es ganz in dich auf. Sie stand so selbstsicher wie möglich im Sonnenlicht, das durch das gähnende Loch in der Wand fiel. Er saß an Ferenc’ Tisch, und sie wusste genau, wo sie sich hinstellen musste, um das Vormittagslicht möglichst wirkungsvoll zu nutzen. Sie würde ihm ein paar Dinge zeigen.
    »Guten Tag«, sagte Ibolya fröhlich und streichelte dem Schornsteinfeger die Schulter. Sie meinte, einen Anflug von Ärger in seinem Gesicht gesehen zu haben, hatte sich aber zweifellos geirrt. Sie war sich ihrer Ausstrahlung sicher.
    »Noch ein Bier«, sagte der Schornsteinfeger schroff. »Nein, zwei Bier, aber dalli. Warten Sie! Tut mir leid. Ich meine, guten Tag. Wie geht es Ihnen?«
    Ibolya war verblüfft. Das war fast ein Dämpfer für sie. Dieser Mann war bestimmt kein gewöhnlicher Schornsteinfeger. Die meisten waren überglücklich, wenn eine Frau sie anfasste und streichelte   … sie hatte sogar einen gekannt, der darauf bestand, dass jede Frau, die ihn anfassen wollte, sich auf seinen Schoß setzte. Und sie hatte Frauen gekannt, die sich darauf einließen.
***
     
    Der Schornsteinfeger schüttelte den Kopf. »Ein Bier«, sagte er noch einmal, diesmal lauter.
    Ibolya drehte sich um, achtete darauf, dass das Sonnenlicht weiter auf ihre Beine fiel, holte ihm ein Bier und brachte es ihm leise kichernd. Diesmal achtete sie nicht auf das Sonnenlicht. Ein Schornsteinfeger mit so einem Naturell wäre tatsächlich sehr unterhaltsam. Wenn sie ihn lange genug in der Kneipe halten konnte und alle davon erfüh ren , würde das Geschäft unter der Woche besser laufen.
    Sie reichte ihm das Bier, setzte sich und schob ihre Brüste nach vorne.
    »Sind Sie auf der Durchreise?«, fragte sie. »Die Schornsteine hier sind nicht gut in Schuss. Es ist ein Wunder, dass noch nichts in Flammen aufgegangen ist.«
    Der Schornsteinfeger nickte, schlürfte sein Bier und sah dabei auf Ibolyas tiefen Ausschnitt.
    »Wissen Sie, Sie könnten zumindest so tun, als würden Sie nicht hinsehen«, sagte sie. »Sie könnten sich anständig benehmen.«
    »Haha!« Der Schornsteinfeger lachte. »Das ist ein starkes Stück! Warum verlangen Sie das von mir? Sie bieten sich dar und ich sehe hin.«
    Ibolya schüttelte den Kopf.
    »Mag sein. Aber ich bin kein Stück Fleisch.«
    »Verheiratet?«
    Ibolya veränderte die Position. Der Schornsteinfeger war gefährlich.
    »Nein danke, den Laden kenn ich. Ich kauf da nicht. Sie sind also hier, um eine Frau zu finden? Wollen Sie sich hier niederlassen?«
    Wieder nickte der Schornsteinfeger und wieder blickte er sie direkt an. Er hatte gerötete Augen und die Haut darunter war schlaff.
    »Ich habe schon zwanzigtausend Forint verdient und binerst seit gestern im Dorf. Heute hab ich mir freigenommen.« Er deutete hinter sich. »Übrigens sind hier zu viele Kinder. Die verdammten Bengel haben mich praktisch hierhergetrieben.«
    Ibolya lachte. Sie dachte an das Geld und hätte seinen Heiratsantrag beinah akzeptiert. Aber nur beinah.
    »Und dann die Hunde«, fuhr er fort. Er wurde ruhiger. Es gelang ihm sogar, sie auf seine besondere Art anzugrinsen. Ibolya zuckte nicht mit der Wimper und grinste auf besondere Art zurück. Es war ein Patt. Sie zogen die Schultern hoch und lachten wie alte Freunde.
    »Gibt es keinen Tierarzt im Dorf?«, fragte er. »Wie die Hunde hier herumrennen, ist geradezu kriminell. Sie sind wild, wahrscheinlich haben sie sogar Tollwut. Dieses Dorf braucht keinen Schornsteinfeger, es braucht einen Hundefänger.«
    Ibolya lachte und wollte ihn plötzlich wieder anfassen. Er erlaubte es ihr. Diesmal zuckte er nicht zurück und riss sich auch nicht vorzeitig los. Das tröstete sie.
    »Aber das Schlimmste sind die Kinder. Sie sind unerträg lich . Offen gestanden, Fräulein, habe ich es satt, dass man mich immer anfasst. O nein, ich meine natürlich nicht Sie. Eine gutaussehende Frau wie Sie darf mich natürlich anfassen. Ich spreche von den anderen. Ich ertrag ihr Gebettel nicht mehr. Dieses Gebettel hab ich an der Arbeit noch nie gemocht. Es hat so was Hoffnungsloses. Ich weiß auch nicht, vielleicht kommt es mir nur so vor, weil ich älter werde, aber in den letzten

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