Valhalla: Thriller (German Edition)
nichtssagend war, dass es Hannah sofort auffiel. Sie trat einen Schritt zurück. Ihr Instinkt sagte ihr, dass irgendeine Gefahr hinter der Tür lauerte, auch wenn sie keine Ahnung hatte, welcher Natur diese Gefahr sein sollte.
Die anderen schienen nichts bemerkt zu haben und verfolgten weiterhin gebannt das Auseinanderschieben der Steinplatten.
Irgendwann gab Moreau das Zeichen, die Pumpe abzuschalten; dann stellte er sich demonstrativ vor die Öffnung. Der Kameramann filmte den Franzosen aus kurzer Distanz, und Moreau setzte ein breites Lächeln auf. »Der Weg ist frei, meine Herrschaften. Morgen werden wir in unbekannte Welten vorstoßen. Doch heute Abend wird erst mal gefeiert. Sie alle haben sich das verdient.«
Applaus brandete auf.
»Vive la France«, murmelte Hannah.
Es war gegen 21 Uhr, als Hannah endlich die Beine ausstrecken konnte. Müde und übersättigt von den vielen Eindrücken saß sie auf ihrem Feldbett, aß eine Kleinigkeit und beobachtete das Treiben um sie herum.
Frédéric Moreau war in gelöster, ja geradezu euphorischer Stimmung. Der Durchbruch bei der Tür war nicht nur filmisch ein großer Erfolg für ihn; er hatte es tatsächlich geschafft, den erhofften Zugang zum angrenzenden Stadtbezirk zu öffnen. Ein erster Rundgang hatte bewiesen, dass dieser Bezirk deutlich älter war als ihr derzeitiger Aufenthaltsort und dass er sich in einigen Abschnitten beträchtlich unterschied.
Die Party war bereits in vollem Gang, als Hannah sich zu den anderen gesellte. Auch Gjertsen war wieder zurück. Er und seine Techniker hatten das Lager oben sturmsicher gemacht und die Teile, die anfällig oder empfindlich waren, nach unten verlegt. Die Öffnung an der Hebevorrichtung war provisorisch mit Streben und Planen abgedichtet worden, so dass zwar immer noch vereinzelt Schneeflocken herabrieselten, aber zumindest das Heulen des Sturms ausgesperrt war.
Die Wissenschaftler waren so aufgekratzt wie bei einem Kindergeburtstag. Es wurde geredet, gesungen und gelacht. Moreau hatte eine Kiste Wein aus seinen Beständen gestiftet, und der Alkohol zeigte bei vielen bereits erste Wirkung.
Für Hannah bot das Fest eine gute Gelegenheit, den Rest der Truppe kennenzulernen. Eigentlich war es nicht ihre Art, im Mittelpunkt zu stehen, aber da Frédéric Moreau darauf bestand, sie offiziell vorzustellen, spielte sie mit.
Er war auf eine Ansammlung von Aluminiumkisten gestiegen und schlug mit einem Kugelschreiber gegen sein Glas.
»Herrschaften, dürfte ich für einen Moment um Ruhe bitten? Einen Moment Ruhe, bitte, ich habe etwas zu vermelden.«
Es dauerte einen Moment, dann wurde es still.
»Ich darf Ihnen allen für Ihre Mühe und Ihren Einsatz heute danken«, begann Moreau, dessen Wangen vom Wein sichtlich gerötet waren. »Sie alle sind Teil von etwas, das wir erst langsam zu verstehen beginnen. Ein Rätsel, ein Geheimnis, das seit Tausenden von Jahren hier unter dem Eis schlummerte, nur um von uns entdeckt zu werden. Wenn ich auch keine schnellen Erfolge erwarte, so kann ich Ihnen doch versprechen, dass, ehe wir hier fertig sind, jeder Einzelne von Ihnen seinen Namen in den bedeutendsten Fachzeitschriften wiederfinden wird. Sie alle werden als die Entdecker eines der größten Geheimnisse der Menschheit in die Geschichte eingehen. Lassen Sie uns unser Glas erheben auf Hyperborea, die Stadt jenseits des Nördlichen.«
»Auf Hyperborea!«
»Ich möchte Ihnen nun ein neues Teammitglied vorstellen, das gestern kurz vor Einbruch des Sturms zu uns gestoßen ist. Als erfahrene Archäologin und langjährige Expertin in Sachen Ur- und Frühgeschichte wird sie eine willkommene Ergänzung für unser Team bilden und uns helfen, den Fund zeitlich und historisch einzuordnen. Ich möchte Sie alle bitten, ihr mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihr die Eingewöhnung bei uns so leicht wie möglich zu machen. Begrüßen Sie mit mir Frau Dr. Peters. Bitte, Frau Peters, kommen Sie herauf zu mir.«
Wieder wurde geklatscht, allerdings etwas verhaltener. Hannah spürte die skeptischen Blicke vieler Teammitglieder. Wie gerne hätte sie jetzt John an ihrer Seite gehabt!
Sie entschied sich, den Stier bei den Hörnern zu packen, stieg auf die Kiste und räusperte sich. Schlagartig wurde es still.
»Hallo zusammen, mein Name ist Hannah«, sagte sie, während sie in die vielen Gesichter unter ihr blickte. »Ich bin geboren und aufgewachsen in Deutschland, genauer gesagt in Hamburg, wo ich auch Archäologie und Ethnologie
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