Valhalla: Thriller (German Edition)
friedlich aussehen, notgedrungen die Aufmerksamkeit der NATO und der internationalen Staatengemeinschaft auf sich ziehen würde. Diplomatische Spannungen und Konflikte wären die Folge, und mit einem Male wären aller Augen auf uns gerichtet. Was wir überhaupt nicht brauchen können, sind Beobachter unabhängiger Staaten, die ihre Nasen in unsere Angelegenheiten stecken. Es wurde daher entschieden, die gesamte Aktion EMERCOM zu unterstellen und sie wie ein ziviles Rettungsprogramm aussehen zu lassen. Der Großteil der anwesenden Personen besteht allerdings aus verdeckt arbeitenden Militärs. Elitestreitkräfte, die besten der besten. Auch der medizinisch-naturwissenschaftliche Bereich wurde aus der Armee rekrutiert. Allerdings haben wir auch ein paar zivile Einsatzkräfte hinübergeschickt. Ein Joint Venture, wie man so schön sagt.« Er grinste. »Die Gruppe befindet sich nun schon seit fast drei Wochen vor Ort und arbeitet, wie ich gehört habe, recht gut zusammen.«
»Von wie vielen Personen reden wir?«
»83. 10 Pioniere, 25 Mann leichte Infanterie, 25 Wissenschaftler. Der Rest ist Maintenance. Leute, die für das schwere Gerät zuständig sind: Schneeraupen, Wohncontainer, Hydraulik, Presslufthammer und Sprengkommandos.«
Viktor pfiff durch die Zähne. »Scheint ja wirklich was Größeres zu sein.«
Fradkov verschränkte seine Hände hinter dem Körper. »Ich darf mit Fug und Recht behaupten, dass
Valhalla
die größte und aufwendigste Mission ist, die EMERCOM jemals außerhalb unserer Landesgrenzen durchgeführt hat. Die extremen klimatischen Bedingungen, der Wind, die eisigen Temperaturen und das Fehlen von Licht, stellen unser Personal vor enorme Herausforderungen; deshalb haben wir auch nur Mitarbeiter mit Polarerfahrung und dem bestmöglichen Equipment genommen. Als militärischer Berater bin ich für das Zusammenspiel unserer Leute und des Militärs zuständig. Ich werde übermorgen nach Spitzbergen fliegen und ich wünsche, dass du mich begleitest. Alles, was du über das Projekt wissen musst, findest du dort drin. Ausrüstung wurde für dich zusammengestellt, ebenso Waffen, Munition, Schutzkleidung. Ich bin sicher, du willst selbst noch mal drüberschauen, aber im Großen und Ganzen müsste alles komplett sein.«
Viktor nahm die Mappe in die Hand und blätterte sie durch.
»In welcher Funktion wollen Sie mich mit dabeihaben? Erwarten Sie Ärger?« Viktor hatte einige Zeit in einem Wintertrainingslager des SWR nahe Murmansk verbracht, war also mit Einsätzen in Eis und Schnee vertraut.
»Ich hoffe nicht«, sagte Fradkov, »aber man kann nie wissen. Ich hätte dich gerne als persönlichen Leibwächter mit dabei. Einfach als jemanden, der nicht gleich ausflippt, wenn es mal brenzlig wird, der die Ruhe bewahrt und sich nicht von irgendwelchen außergewöhnlichen Ereignissen ins Bockshorn jagen lässt.«
»Klingt ja mächtig geheimnisvoll. Haben Sie Gründe, besorgt zu sein?«
Fradkov druckste ein bisschen herum, dann sagte er: »Nichts Konkretes, aber es gibt da ein paar Dinge, die mir nicht ganz hasenrein erscheinen.«
»Zum Beispiel?«
»Die Antwort auf deine Frage findest du auf der letzten Seite, Abschnitt 23. Und kein Wort davon an Außenstehende, verstanden? Kein Sterbenswort. Es betrifft das Team, das vorher dort unten war.«
Viktor blätterte zu der betreffenden Stelle vor und begann zu lesen. Was dort stand, war in der Tat nichts für schwache Gemüter. Er war normalerweise nicht besonders zimperlich, aber jetzt lief ihm doch ein Schauer über den Rücken. Als er an dem betreffenden Abschnitt anlangte, geriet er ins Stocken. Er hob den Kopf. »Ist das wahr?«
»Ich fürchte ja. Verstehst du jetzt, warum ich dich dabeihaben will?«
»Allerdings.« Er grinste schief. »Ich weiß nur nicht, ob ich wirklich dabei sein möchte. Können Sie nicht jemand anderen finden, der diesen Job erledigt?«
Wenn Fradkov den Witz verstanden hatte, so konnte er nicht darüber lachen. »Ich fürchte nein. Abflug ist übermorgen um null achthundert. Ich erwarte, dass du dein Bestes gibst.«
Viktor stand auf, nahm die Unterlagen und salutierte. »Sie können sich auf mich verlassen. Das haben Sie immer gekonnt.«
19
J ohn war vorangegangen und hatte das Licht eingeschaltet. Der Raum war klein, kahl und roch nach Putzmitteln. Ein Seminarraum, wie Hannah schon Tausende zuvor gesehen hatte. Ein paar Bürotische mit Stühlen, ein Projektor, ein Flipchart, eine Pinnwand mit Memos von zurückliegenden
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