Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
Tauwetter einsetzen. Dann war er nicht länger ans Haus gefesselt. Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wären er und Aud auf und davon.
    Trotz der missbilligenden Blicke seiner Schwester suchte Hal auch weiterhin Auds Gesellschaft. Womöglich hätte Astrid mehr unternommen, um die beiden voneinander fernzuhalten, aber sie hatte inzwischen alle Hände voll mit ihrem schwer kranken Mann zu tun, und hörte kaum hin, wenn Leif sich beschwerte.
    »Beim Essen hat sie sich entschuldigt, weil sie angeblich Kopfschmerzen hat!«, meckerte Leif. »Und was musste ich kurz darauf sehen? Aud sitzt in Hals Zimmer, mit rosigen Wangen, kichernd und offensichtlich völlig gesund! Was ist bloß los mit dem Mädel?«
    Aber es dauerte nicht lange, und Leif war selbst viel zu beschäftigt, um sich über Aud zu ärgern. Da es mit Arnkel zu Ende ging und Astrid anderes zu tun hatte, musste Leif die Führung des Hauses übernehmen. Das lief von Anfang an nicht besonders gut. Abwechselnd zaghaft und dann wieder übertrieben energisch, versuchte sich Leif in seiner neuen Stellung zu behaupten und durchzusetzen. Bei den Versammlungen in der Halle gelang es ihm nicht, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wenn sich die angestauten Gefühle in verbissenen Streitereien und gelegentlich auch in betrunkenem Gerangel Bahn brachen.
    Immer wieder erkundigte sich ein besorgtes Mitglied des Hauses nach den Hakonssons und ihrer Drohung, und Leif antwortete immer dasselbe: »Wir haben nichts zu befürchten! Selbst wenn sich Hord auf seine Rache versteift, wird der Rat die Angelegenheit entschärfen, ehe Hord bis hierher ins Obertal kommen kann. Wenn es bald wärmer wird, schmilzt der Schnee, und die Schlucht wird unpassierbar. Bis die Straßen wieder benutzbar sind, hat der Rat längst eingegriffen, und Hord ist wieder zuVerstand gekommen. Das Ganze wird sich in Wohlgefallen auflösen. Zerbrecht euch nicht eure dummen Köpfe darüber!«
    Nicht alle ließen sich von Leifs Worten überzeugen und das sagten sie ihm auch. Mit angeschlagenem Selbstvertrauen suchte er beim Bierfass Trost, was seine Stellung nur noch mehr untergrub.

    Inzwischen bereitete Hal seinen Erkundungsausflug aus dem Tal vor. Er und Aud horteten unter seinem Bett heimlich dicke Wollkleidung. Außerdem trieb Hal etliche ausgediente Werkzeuge auf, die man als behelfsmäßige Waffen verwenden konnte.
    »Wozu das denn?«, spottete Aud. »Damit schleppen wir uns doch nur unnötig ab.«
    »Schon, aber falls wir uns irren und es doch Trolde...«
    »Hör schon auf. Selbst wenn es sie wirklich gibt – und es gibt sie nicht! -, bleiben sie brav unter der Erde. Wir sind schließlich tagsüber unterwegs. Beim ersten Mal bleiben wir nicht lang. Wir sehen uns einmal kurz um, und wenn es dunkel wird, sind wir wieder hier.«
    »Ich bin lieber auf alles vorbereitet.«
    »Meinetwegen. Aber du trägst das Zeug!«
    Spätabends, wenn es im Haus still geworden war, plauderten sie ausgiebig mit Katla, fragten sie über die Gegend jenseits der Grenze aus. Die alte Amme mochte Aud gern und gab sich gut gelaunt und redselig, besonders wenn sie einen Becher heiße Milch mit Wein in ihrem breiten Schoß hielt. Sie saß am Kamin, der Feuerschein tanzte über ihr runzliges Gesicht und ihr wacher Blick wanderte unablässig zwischen Aud und Hal hin und her.
    »Natürlich kenne ich Hal schon sehr, sehr lange. Da war er noch viel, viel kleiner als jetzt, ein pummeliger Schreihals, der nackig auf seinem Fell vor dem Kamin lag! Du hättest seinen niedlichen Hintern sehen sollen, wie er aus der Decke lugte! Ganz rosig und mit zwei süßen Grübchen, ach ja, den hab ich immer trocken getupft, und zwar mit...«
    »Ich glaube nicht, dass Aud das unbedingt hören will«, unterbrach Hal ihren Redefluss. »Erzähl uns lieber ein paar von den alten Geschichten, Katla.Von Sven und den Trolden und so weiter.«
    »Ja, bitte erzähl, liebe Katla!«, bat Aud. Sie saß auf dem Boden, eng an die Knie der Alten geschmiegt. Hal saß gegenüber auf einem Stuhl und dieser Anblick brachte ihn aus unerfindlichen Gründen aus der Fassung. »Erzähl uns noch einmal, wie euer Haus gegründet wurde«, fuhr Aud fort. »Das ist so spannend.«
    Draußen rüttelte der Wintersturm an Türen und Fenstern. Die Flammen im Kamin flackerten. Die alte Amme lächelte geschmeichelt. »Wie könnte ich so einem hübschen Ding wie dir etwas abschlagen? Nun, es heißt, als Sven noch ganz klein war – wobei ich mir denken könnte, dass er nicht ganz so drall und

Weitere Kostenlose Bücher