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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Waffen, die den Männern ungeeignet erschienen waren. Hal suchte sich ein langes schlankes Fleischermesser aus und schob es zu der krummen schwarzen Klaue in seinen Gürtel. Dann machte er sich auf den Weg. Sein Rundgang führte ihn zuerst zum Nordtor, wo er Riegel und Scharniere auf ihre Sicherheit überprüfte.
    Oben auf der Mauer zu beiden Seiten des Tors, die man tagsüber ein Stück erhöht hatte, sah er die ersten beiden falschen Posten stehen. Es waren Kiefernstämme, in die man die groben Umrisse von Kopf, Hals und Schultern eingehauen hatte. Obendrauf hatte Grim einen »Helm« befestigt – im einen Fall einen Milcheimer, im anderen einen Schweinetrog, beides so zurechtgehämmert, dass man den ursprünglichen Verwendungszweck nicht mehr erkannte. Die beiden »Wachposten« waren so zwischen die Steine geklemmt, dass man von unten nur die Helme und Köpfe erkennen konnte. Unter ihnen aufgestellte Laternen sorgten dafür, dass man sie auch im Dunkeln nicht übersah.
    Hal nickte zufrieden. Er hatte auf Svens uralte List zurückgegriffen, die der Held angewandt hatte, um Kol den Schlächter hereinzulegen. Im Halbdunkel, noch dazu im Nebel, schien dieser Mauerabschnitt gut bewacht zu sein. Hal hielt die Laterne gesenkt, verschwand hinter der nächsten Hütte und folgte der Mauer. Kurz darauf kam er an eine Stelle, wo sie eingestürzt war. Entlang dieses niedrigen Abschnittes hatte man drei weitere, schlecht beleuchtete Holzposten aufgestellt, zwei dicht beieinander, einen etwas weiter weg, wo er wachsam hinter einem Steinhaufen hervorschaute. Bei allen dreien hatte man seitlich einen vorn angespitzten Haselschössling angenagelt, der von Weitem wie ein Speer aussah. Hal betrachtete die Figuren von allen Seiten, rückte einen Helm zurecht, der gar zu schief saß, und ging weiter.
    Jetzt kam ein kurzes Stück unversehrter Mauer, doch hinter Unns Gerberei, wo Leif damals sein Misthaufenbad genommen hatte, war die Mauer wieder in bedenklich schlechtem Zustand. Hier lag aller möglicher Abfall herum, zerbrochenes Geschirr, altes Werkzeug, unbrauchbare Pflugscharen. Dies war wieder eine Schwachstelle, nur gab es hier keine falschen Posten. Alles war still und menschenleer. Über den nebelverhangenen Bergen im Süden ging der Vollmond auf.
    Hal ging langsamer und sah sich immer wieder um. »Kugi? Sturla?«
    Sechs Bewaffnete sprangen hinter den Abfallhaufen hervor und stürzten sich von allen Seiten auf ihn. »Halt, ihr Dummköpfe!«, raunte der erschrockene Hal. »Ich bin’s bloß!«
    Kugi hielt mit der Mistgabel dicht über Hals Kopf inne, Sturla ließ die Sense sinken. Etliche andere Knüppel und Keulen wurden widerwillig weggesteckt. Man hörte geflüsterte Entschuldigungen. Hal rappelte sich wieder auf und brummte: »Schon gut. Ich sollte euch zu eurer Wachsamkeit beglückwünschen. Aber denk nächstes Mal dran, Kugi, dass die Angreifer höchstwahrscheinlich von außen kommen!«
    »Ach so, stimmt ja.«
    »Hier ist eine der drei Stellen, wo sie am wahrscheinlichsten angreifen«, erklärte Hal. »Nach dem, was ich eben erlebt habe, verteidigt ihr euren Abschnitt wirklich bewundernswert. Pfeift aber bitte trotzdem um Hilfe, dann kommen wir sofort.«
    Die Verteidiger verschwanden wieder in ihren Verstecken und Hal setzte seinen Rundgang fort. Im Gehen rieb er sich die blauen Flecken.Weiter ging’s auf die der Hügelkette gegenüberliegende Südseite des Hauses. Hier gab es noch mehr eingestürzte Mauerabschnitte, die alle von Puppen bewacht wurden. Nicht weit vom Südtor erstreckte sich ein weiteres, allem Anschein nach unbewachtes Stück, wo die Mauer kaum kniehoch war. Hier stöberte Hal Eyjolf und ein paar andere ältere Mitglieder des Hauses in einem Kuhstall auf, wo sie mucksmäuschenstill im Dunkeln saßen.
    Hal hatte sich angeschlichen, um nicht noch einmal verprügelt zu werden, und fand die Verteidiger schließlich friedlich schnarchend vor. Er verpasste Eyjolf eine Kopfnuss. »Aufwachen! Ihr sollt hier nicht schlafen! Unser Leben hängt von euch ab!«
    Der Alte schrak hoch. »Das war bloß ein taktisches Päuschen.«
    »Aber bitte das Einzige. Habt ihr die Steine?«
    »Einen ganzen Berg. Schön scharfkantig.«
    »Sehr gut.« Hal beobachtete durch die Ritzen in der Bretterwand die Mauerreste und die flache Wiese, die sich dahinter im Nebel verlor. »Hier greifen sie bestimmt auch an. Pfeift, wenn ihr uns braucht.«
    Er stapfte weiter, vorbei an noch mehr falschen Wächtern, immer an der baufälligen Mauer

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