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Valley - Tal der Wächter

Titel: Valley - Tal der Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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und zu dem stummen, stimmlosen, verwesten Scheusal, das vor ihnen auf der Kuppe des Findlings stand und nichts als Hochmut und grausamen Stolz ausstrahlte.
    »Früher habe ich davon geträumt, dir nachzueifern und ein Held zu werden«, sagte Hal mit belegter Stimme. »Leider muss ich dir mitteilen, dass mich deine Erscheinung bitter enttäuscht.«
    Brodir legte lauschend den Kopf schief, dann verkündete er: »Schweig! Er verbietet dir den Mund! Du, der du alle Tugenden, die er wertschätzt, vergeudet hast, der du unter dem Einfluss des Weibervolks fügsam und weichlich geworden bist, der du schwach bist und keinen Mumm zum Kämpfen hast – du darfst ihn nicht ansprechen. Du bist nicht Svens würdiger Nachfahre.«
    »Ach nein? Obwohl ich immer versucht habe, die Ehre meines Hauses zu bewahren? Obwohl ich meinen Onkel rächen wollte? Obwohl ich unseren Hof gegen die hinterhältigen Hakonssons verteidigt habe? Inwiefern habe ich den großen Sven denn enttäuscht?«
    Die Riesengestalt trat wieder einen Schritt vor, die Knochenfinger spielten knackend auf dem Schwertknauf. »Sei still!«, zeterte Brodir. »Inwiefern du ihn enttäuscht hast? Ha, da gibt es einiges aufzuzählen! Jedes Mal wenn du Gelegenheit hattest, einen Gegner zu töten, bist du davor zurückgeschreckt. Du lässt ein Mädchen deine Kämpfe ausfechten. Du verbündest dich mit ihr, obwohl sie aus einem anderen Haus stammt. Schlimmer noch, du hast die Grenze übertreten, du wolltest das Land verlassen, das Sven dir vermacht hat. Und was am Allerschlimmsten ist: Du wagst es, seinen Gürtel zu tragen!«
    Letzteres war nur noch ein unartikuliertes Gebrüll, dann flog mit schrillem Kreischen das Schwert aus der Scheide, die Knochenhand schwenkte die blanke, schmale, mit einem Schlangenmuster verzierte Klinge. Die Waffe war doppelt so lang wie das plumpe Ding in Auds Hand.
    »Nimm du mein Schwert, Hal!«, flüsterte Aud drängend.
    Hal ging nicht darauf ein, sondern wandte sich an die stumme Gestalt: »Du bist bloß eine Leiche aus einem Hügelgrab. Da hast du wohl kaum Verwendung für einen Gürtel oder dergleichen. Und was ist schon dabei, wenn ich dein Land verlasse? Deine Zeit ist um. Deine Nachkommen tun sich nach Belieben mit den Mitgliedern anderer Häuser zusammen. Meine Mutter stammt aus Erlends Haus, wir sind alles Mischlinge. Aud Ulfarstochter hat mir gerade dabei geholfen, unser Haus gegen die Hakonssons zu verteidigen...«
    »Keines seiner Kinder ist seiner wert!«, jammerte Brodir. »Sie richten sich nicht mehr nach den alten Regeln.«
    Hal konnte seinen Zorn kaum noch bezähmen. »Ich wüsste da jemanden, der sich noch danach richtet. Hord Hakonsson. Er hat Brodir umgebracht. Er hat deinen Hof in Brand gesteckt.«
    Brodir stöhnte und hielt sich mit den Knochenhänden den Schädel. »Hord Hakonsson war seines Ahnen würdig«, flüsterte er. »Er hätte nach seinem Tod ein Gefolgsmann Hakons werden können, wäre er nicht so dumm gewesen, sich von dir hinter die Grenze locken zu lassen.«
    Hal verlor endgültig die Beherrschung. »Seit wann interessiert sich der Held Sven für Hakons Nachfahren? Hast du ihn und sein ganzes Haus damals nicht verabscheut?«
    Wieder lauschte Brodir, und wieder gab er das Gehörte an Hal weiter: »Im Leben waren die Helden Rivalen«, verkündete er, »aber bei der Schlacht am Troldfelsen haben sie sich, gebunden durch ihren Schwur, im Tode vereint. Mit ihrem Opfer haben sie das Tal gerettet. Sie haben den Trolden den Kampf angesagt. Sie haben in einer einzigen Nacht Hunderte Biester erschlagen, sodass sich ihre Leichen auf Eiriks Feld zu stinkenden Bergen türmten. Die Helden haben die Trolde wieder ins Hochmoor zurückgejagt, sodass sie es nie mehr wagten zurückzukehren, sondern in der Wildnis zugrunde gingen. Sie haben das Tal von ihnen gesäubert. Jetzt gehört es ihnen. Sie haben es rechtmäßig erworben und üben dieses Recht bis in alle Ewigkeit aus.« Nun kam die gepanzerte Gestalt noch näher. Unter dem Helm erkannte man den nackten Schädel, das grinsend gebleckte Gebiss. »Nimm den Gürtel ab«, sagte Brodir feierlich, »und mach den Nacken frei.«
    »Die Trolde sind in der Wildnis zugrunde gegangen...«, wiederholte Hal nachdenklich.
    »Die Knochen in der Höhle...«, flüsterte Aud. »Dann stammten die gar nicht von Menschen, sondern...«
    Hal führte den Satz in ungläubigem Ton zu Ende: »... von Trolden.«
    »Gehorch deinem Herrn und nimm den Gürtel ab!«
    Hal hob unvermittelt den Kopf. »Ich schere

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