Vampire Academy 03 ● Schattenträume
einfachste Erklärung auch die vernünftigste sei. Dr. Olendzki sieht es genauso. Die Geistererklärung hat Löcher. Aber wenn Sie mehr in Erfahrung bringen können.... dann haben wir vielleicht etwas in der Hand, womit wir arbeiten können.”
„Wir?”, fragte ich.
„Natürlich. Ich werde Sie mit dieser Angelegenheit nicht allein lassen, ganz gleich, was geschieht. Sie wissen, dass ich Sie nie im Stich lassen würde.” Seine Worte hatten etwas sehr Süßes und Nobles, und ich verspürte das Bedürfnis, sie zu erwidern, obwohl ich am Ende wohl eher idiotisch klang.
„Und ich werde Sie niemals im Stich lassen, das wissen Sie. Ich meine es ernst.... Nicht dass Ihnen so etwas jemals passiert, aber wenn Sie anfangen, Geister zu sehen, werde ich Ihnen helfen.”
Er stieß ein leises, sanftes Lachen aus. „Danke.”
Unsere Hände fanden sich, unsere Finger fädelten sich ineinander ein. Fast eine geschlagene Minute standen wir so da, und keiner von uns sagte etwas. Die einzigen Stellen, an denen wir einander berührten, waren unsere Hände. Die Brise war wieder aufgefrischt, und obwohl die Temperatur wahrscheinlich nur knapp über dem Gefrierpunkt lag, fühlte ich mich wie im Frühling. Ich erwartete, um uns herum würden Blumen erblühen. Als teilten wir denselben Gedanken, ließen wir uns gleichzeitig los.
Kurz danach erreichte ich mein Wohnheim, und Dimitri fragte, ob ich allein zurechtkäme. Ich bejahte und sagte ihm, dass er nun sein eigenes Ding machen solle. Er ging, doch gerade als ich durch die Lobbytür treten wollte, fiel mir wieder ein, dass meine Reisetasche noch in der Klinik stand. Ich murmelte einiges, das mir Nachsitzen eingetragen hätte, machte kehrt und eilte zurück in die Richtung, aus der ich soeben gekommen war.
Dr. Olendzkis Sprechstundengehilfin schickte mich in einen der Untersuchungsräume, als ich ihr sagte, warum ich gekommen sei. Ich holte die Tasche aus meinem mittlerweile leeren Zimmer und trat in den Flur, um zu gehen. Plötzlich sah ich in dem Raum meinem gegenüber jemanden im Bett liegen. Vom Klinikpersonal war nichts zu sehen, und meine Neugier - die bei mir stets die Oberhand gewann - trieb mich dazu, einen Blick hinein zu riskieren.
Es war Abby Badica, eine Moroi aus der Oberstufe. Niedlich und forsch waren die Adjektive, die mir vermutlich in den Sinn gekommen wären, wenn ich Abby hätte beschreiben sollen, aber jetzt war sie alles andere als das. Sie hatte am ganzen Körper blaue Flecken und Kratzer, und als sie sich zu mir umdrehte, sah ich rote Striemen.
„Lass mich raten”, sagte ich. „Du bist gefallen.”
„W-was?”
„Du bist gefallen. Ich höre, dass das die Standardantwort ist: Brandon, Brett und Dane. Aber ich werde dir die Wahrheit sagen - ihr müsst euch etwas anderes einfallen lassen. Ich glaube, die Ärztin schöpft langsam Verdacht.”
Ihre Augen weiteten sich. „Du weißt Bescheid?”
Das war der Moment, in dem ich begriff, welchen Fehler ich bei Brandon gemacht hatte. Ich hatte Antworten von ihm verlangt, was dazu geführt hatte, dass es ihm widerstrebte, mir irgendetwas zu erzählen. Die Leute, die Brett und Dane befragt hatten, hatten ähnliche Resultate erzielt. Bei Abby - begriff ich - brauchte ich lediglich so zu t un, als würde ich die Antworten kennen. Dann würde sie mir schon die Informationen geben.
„Natürlich weiß ich Bescheid. Sie haben mir alles erzählt.”
„Was?”, quiekte sie. „Sie haben geschworen, es nicht zu tun. Das ist ein Teil der Regeln.”
Regeln? Wovon redete sie? Das gegen die königlichen Moroi gerichtete Selbsthilfebündnis, das ich mir vorgestellt hatte, schien mir nicht gerade für Regeln prädestiniert zu sein. Irgendetwas anderes war hier im Gange.
„Nun, es gab kaum eine andere Wahl. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie finde ich euch ständig anschließend irgendwo. Ich musste ihnen helfen, die Sache zu vertuschen. Ich sage dir, ich weiß nicht, wie lange das noch so weitergehen kann, ohne dass jemand mehr Fragen stellt.” Ich sprach, als hätte ich Mitgefühl, als wollte ich helfen, so gut ich konnte.
„Ich hätte stärker sein sollen. Ich habe es auch versucht, aber es war nicht genug.” Sie wirkte müde - und schien Schmerzen zu haben. „Bewahr einfach weiter Stillschweigen, bis alles geregelt ist, okay? Bitte?”
„Klar”, sagte ich. Ich brannte darauf zu erfahren, was es war, das sie versucht hatte. „Ich werde niemanden reinreißen. Wie bist du überhaupt hier gelandet? Du
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