Vampire Academy 03 ● Schattenträume
wir mussten einen Bogen um einige der Pfützen machen.
Dimitri blieb abrupt stehen und drehte sich um, sodass er direkt vor mir stand und mir den Weg versperrte. Ich kam schlitternd zum Stehen und prallte beinahe mit ihm zusammen. Er streckte die Hand aus und hielt mich am Arm fest, dann zog er mich näher an sich, als ich es in der Öffentlichkeit von ihm erwartet hätte. Seine Finger bohrten sich tief in mein Fleisch, doch er tat mir nicht weh.
„Rose”, sagte er, und der Schmerz in seiner Stimme ließ mein Herz stehen bleiben, „ich hätte nicht erst jetzt davon erfahren sollen! Warum haben Sie es mir nicht erzählt? Wissen Sie, wie es für mich war? Wissen Sie, wie es für mich war, Sie so zu sehen und nicht zu wissen, was da geschah? Wissen Sie, welche Angst ich hatte?”
Ich war sprachlos, sowohl von seinem Ausbruch als auch von unserer Nähe. Ich schluckte, außerstande, sofort zu sprechen. Da passierte so viel in seinem Gesicht, so viele Gefühle kamen zum Vorschein. Ich konnte mich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so viel davon zur Schau gestellt hatte. Das war gleichzeitig wunderbar und erschreckend. Dann sagte ich das Dümmste, was mir einfiel.
„Sie haben vor nichts Angst.”
„Ich habe vor vielen Dingen Angst. Ich hatte Angst um Sie.” Er ließ mich los, und ich trat einen Schritt zurück. Leidenschaft und Sorge standen ihm noch immer ins Gesicht geschrieben. „Ich bin nicht vollkommen. Ich bin nicht unverletzbar.”
„Ich weiß, es ist nur....” Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte recht. Für mich war Dimitri immer überlebensgroß. Allwissend. Unbesiegbar. Es fiel mir schwer zu glauben, dass er sich solche Sorgen um mich machen konnte.
„Und das geht schon seit langer Zeit so”, fügte er hinzu. „Es ging schon bei dem Zwischenfall mit Stan so und als Sie mit Father Andrew über Geister gesprochen haben - Sie mussten die ganze Zeit über damit fertig werden! Warum haben Sie es niemandem erzählt? Warum haben Sie es nicht Lissa erzählt .... oder.... mir?”
Ich starrte in diese so dunklen Augen, diese Augen, die ich liebte. „Hätten Sie mir geglaubt?”
Er runzelte die Stirn. „Was geglaubt?”
„Dass ich Geister sehe.”
„Nun.... das sind keine Geister, Rose. Sie denken das nur, weil .... ”
„Das ist der Grund”, fiel ich ihm ins Wort. „Das ist der Grund, warum ich es weder Ihnen noch sonst jemandem erzählen konnte. Niemand würde mir glauben, nicht ohne zu denken, es sei verrückt.”
„Ich denke nicht, dass Sie verrückt sind”, widersprach er. „Aber ich denke, dass Sie eine Menge durchgemacht haben.” Adrian hatte fast genau das Gleiche gesagt, als ich ihn gefragt hatte, wie ich erkennen könnte, ob ich verrückt war oder nicht.
„Es ist aber mehr als das”, sagte ich. Dann ging ich weiter. Ohne auch nur noch einen einzigen Schritt machen zu müssen, streckte er die Hand aus und hielt mich wieder fest. Er zog mich abermals an sich, sodass wir einander jetzt näher standen als zuvor.
Ich schaute mich auch diesmal unbehaglich um und fragte mich, ob jemand uns sehen konnte. Aber der Campus war verlassen. Es war noch früh, nicht ganz Sonnenuntergang, so früh, dass die meisten Leute noch nicht einmal für den Schultag aufgestanden waren. Noch mindestens eine Stunde lang würde sich niemand hier blicken lassen.
Trotzdem überraschte es mich, dass Dimitri dieses Risiko einging. „Dann erzählen Sie es mir”, sagte er. „Erzählen Sie mir, inwiefern es mehr ist als das.”
„Sie werden mir nicht glauben”, antwortete ich. „Verstehen Sie denn nicht? Niemand wird mir glauben. Selbst Sie.... gerade Sie.” Irgendetwas bei diesem Gedanken führte dazu, dass meine Stimme brach. Dimitri verstand so vieles, was mich betraf. Ich wollte, dass er auch das verstand, ich brauchte sein Verständnis.
„Ich werde es.... versuchen. Aber ich denke trotzdem nicht, dass Sie wirklich verstehen, was mit Ihnen geschieht.”
„Das tue ich”, erklärte ich entschieden. „Das ist es, was niemand begreift. Hören Sie, Sie müssen ein und für alle Mal entscheiden, ob Sie mir wirklich vertrauen. Wenn Sie denken, ich sei ein Kind, zu naiv, um zu begreifen, was mit meinem zerbrechlichen Verstand geschieht, dann sollten Sie lieber einfach weitergehen. Aber wenn Sie mir genug vertrauen, um sich daran zu erinnern, dass ich Dinge gesehen habe und um Dinge weiß, die alles übersteigen, was andere meines Alters erlebt haben.... Nun, dann sollten Sie auch
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