Vampire Academy 03 ● Schattenträume
anfangen? Werde ich Rechtsanwältin oder Marine-Biologin? Es hat keinen Sinn, meinen eigenen Stundenplan zu haben. Für mich ist bereits alles entschieden.”
„Und das ist für Sie so auch in Ordnung.” Es hätte eine Frage sein können, aber sie formulierte es wie eine Tatsachenfeststellung.
Ich zuckte die Achseln. „Es ist für mich in Ordnung, auf sie aufzupassen, und das ist es, was Sie hier ständig übersehen. Jeder Job hat Nachteile. Will ich ihren Kurs in Differentialrechnung mitmachen? Nein. Aber ich muss es tun, weil der andere Teil wichtiger ist. Wollen Sie sich anhören, wie wütende Teenager versuchen, Ihre Bemühungen zu vereiteln? Nein. Aber Sie müssen es tun, weil der Rest Ihres Jobs wichtiger ist.”
„Tatsächlich”, sagte sie unerwartet, „ist das der Teil meines Jobs, den ich am liebsten mag.”
Ich konnte nicht feststellen, ob sie scherzte oder nicht, aber ich beschloss, der Sache nicht weiter nachzugehen, insbesondere da sie nicht mit einer Frage geantwortet hatte. Ich seufzte. „Ich hasse es einfach, wenn alle so tun, als würde ich dazu gezwungen werden, Wächterin zu sein.”
„Wer sind ,alle’?”
„Nun, Sie und dieser Mann, den ich am Königshof kennengelernt habe.... dieser Dhampir namens Ambrose. Er ist.... nun ja, er ist eine Bluthure. Eine männliche Bluthure.” Als wäre das nicht offensichtlich gewesen. Ich wartete, ob sie auf den Ausdruck reagieren würde, aber sie tat es nicht. „Er hat es auch so dargestellt, als sei ich in diesem Leben und alldem gefangen. Aber das bin ich nicht. Das ist es, was ich will. Ich bin aber gut darin. Ich weiß, wie man kämpft, und ich weiß auch, wie man andere verteidigt. Haben Sie jemals einen Strigoi gesehen?”
Sie schüttelte den Kopf.
„Nun, ich schon. Und wenn ich sage, dass ich den Rest meines Lebens damit verbringen will, Moroi zu beschützen und Strigoi zu töten, dann ist es mir damit ernst. Strigoi sind böse und müssen ausgelöscht werden. Ich bin glücklich, das zu tun, und wenn ich dabei mit meiner besten Freundin zusammen sein kann, ist es umso besser.”
„Das verstehe ich, aber was passiert, wenn Sie andere Dinge wollen - Dinge, die Sie nicht haben können, wenn Sie sich für diesen Lebensstil entscheiden?”
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Dieselbe Antwort wie zuvor. Alles hat gute und schlechte Seiten. Wir müssen sie nur nach bestem Vermögen ausbalancieren. Ich meine, versuchen Sie, mir zu sagen, das Leben sei nicht so? Dass mit mir etwas nicht stimmt, wenn in meinem Leben nicht alles perfekt ist?”
„Nein, natürlich nicht”, antwortete sie und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. „Ich möchte, dass Sie ein wunderbares Leben haben, aber man kann kein perfektes erwarten. Das kann niemand. Was ich in diesem Punkt jedoch für interessant halte, ist die Art, wie Sie reagieren und zurechtkommen, wenn Sie diese widersprüchlichen Teile Ihres Lebens miteinander versöhnen müssen - wenn die Möglichkeit, eine Sache zu haben, Ihnen die andere Sache verwehrt.”
„Das macht jeder durch.” Ich hatte das Gefühl, mich zu wiederholen.
„Ja, aber nicht jeder sieht in der Folge Geister.”
Es kostete mich einige schwere Sekunden, um endlich zu begreifen, worauf sie hinauswollte. „Moment mal. Sie sagen, ich sehe Mason deshalb, weil ich einen heimlichen Groll gegen Lissa hege, und zwar wegen der Dinge, die ich in meinem Leben nicht haben kann? Was ist mit all den traumatischen Erfahrungen, die ich durchgemacht habe? Ich dachte, das sei der Grund, warum ich Mason sehe?”
„Ich denke, es gibt eine Menge Gründe, warum Sie Mason sehen”, erwiderte sie. „Und diese sind es, die wir hier beleuchten.”
„Und trotzdem”, sagte ich, „reden wir niemals wirklich über Mason.”
Deirdre lächelte heiter. „Tun wir das nicht?” Unsere Sitzung endete.
„Beantwortet sie deine Fragen auch immer mit Gegenfragen?”, erkundigte ich mich später bei Lissa. Ich ging mit ihr über den Campus in Richtung Mensa, um zu Abend zu essen. Anschließend wollten wir uns mit den anderen treffen und einen Film ansehen. Es war schon eine ganze Weile her, dass sie und ich das letzte Mal allein etwas unternommen hatten, und jetzt wurde mir klar, wie sehr ich es vermisst hatte.
„Wir haben nicht die gleiche Therapeutin”, lachte sie. „Das wäre ein Interessenkonflikt.”
„Hm, und - macht deine Therapeutin das denn auch?”
„Nicht dass es mir aufgefallen wäre. Ich entnehme deiner Frage, dass deine
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