Vampire Academy 03 ● Schattenträume
sie früher oft getan.”
„Vor vierhundert Jahren”, sagte Adrian. „Ich denke, sie finden hier leichte Beute, ohne ganz und gar mittelalterlich zu werden.”
Bei den Worten leichte Beute zuckte Lissa zusammen. Sie wusste, dass Eddie in Bezug auf die Kapelle recht hatte, aber sie konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass Christian vielleicht auf dem Rückweg zum Wohnheim gewesen war und mittendrin festsaß. Die Sorge fraß sie auf, und sie fühlte sich hilflos, da sie keine Möglichkeit hatte, etwas zu tun oder herauszufinden.
Ich kehrte in meinen eigenen Körper zurück und stand wieder im Flur des ersten Stockwerks. Endlich begriff ich wirklich und wahrhaftig, was Dimitri darüber gesagt hatte, wie wichtig es sei, jemanden zu bewachen, mit dem ich kein psychisches Band teilte. Man verstehe mich nicht falsch: Ich machte mir trotzdem Sorgen um Lissa. Ich sorgte mich mehr um sie als um jeden anderen Moroi auf dem Campus. Ich hätte mir nur dann keine Sorgen gemacht, wenn sie meilenweit entfernt gewesen wäre, umringt von Schutzzaubern und Wächtern. Aber zumindest wusste ich, dass sie so sicher war, wie sie es im Augenblick nur sein konnte. Das war immerhin etwas.
Aber Christian.... ich hatte keine Ahnung. Ich besaß keine Verbindung zu ihm, um in Erfahrung zu bringen, wo er sich gerade auf-hielt. Ich konnte nicht einmal feststellen, ob er noch lebte. Das war es, was Dimitri gemeint hatte. Es war ein ganz anderes Spiel, wenn man kein Band hatte - und zwar ein beängstigendes Spiel.
Ich starrte auf das Fenster, ohne es zu sehen. Christian war da draußen. Er war mein Schützling. Und selbst wenn das Praktikum nicht die Realität war.... das änderte nichts an den Tatsachen. Er war doch ein Moroi. Er konnte in Gefahr schweben. Ich war diejenige, die ihn bewachen sollte. Sie kamen zuerst.
Ich holte tief Luft und rang mit der Entscheidung, die vor mir lag. Man hatte mir Befehle gegeben, und Wächter befolgten Befehle. Angesichts der Gefahren um uns herum war es das Befolgen von Befehlen, das dafür sorgte, dass wir organisiert und effizient waren. Wenn man den Rebellen spielte, konnte das manchmal dazu führen, dass jemand starb. Mason hatte dies bewiesen, indem er zu den Strigoi in Spokane gegangen war.
Aber es war nicht so, als wäre ich die Einzige gewesen, der hier Gefahr drohte. Alle schwebten in Gefahr. Es gab keine Sicherheit, nicht bis alle Strigoi vom Campus verjagt worden waren, und ich hatte keinen Schimmer, wie viele es sein mochten. Die Bewachung dieses Fensters war reine Beschäftigungstherapie, dazu bestimmt, mich aus dem Weg zu halten. Nun gut, irgendjemand konnte in den ersten Stock eindringen, und dann wäre ich von Nutzen. Und gewiss, ein Strigoi konnte versuchen, durchs Fenster zu kommen, aber das war unwahrscheinlich. Es war zu schwierig, und wie Adrian bemerkt hatte: Sie hatten einfachere Möglichkeiten, an Opfer heranzukommen.
Aber ich konnte durchs Fenster gehen. Ich wusste, dass es falsch war, noch während ich das Fenster öffnete. Aber ich konnte nicht beiden Grundsätzen gleichzeitig folgen.
Gehorche Befehlen. Beschütze Moroi. Ich musste mich davon überzeugen, dass es Christian gut ging.
Kühle Nachtluft wehte herein. Keine Geräusche von draußen offenbarten, was geschah. Ich war etliche Male aus dem Fenster meines Zimmers geklettert und hatte also einige Erfahrung damit. Das Problem hier war nur der Umstand, dass der Stein unter dem Fenster absolut glatt war. Es gab nichts, wo ich mich festhalten konnte. Unten im Erdgeschoss befand sich ein schmaler Sims, aber leider zu tief unter mir, um ihn mit den Füßen zu erreichen, wenn ich mich langsam von der äußeren Fensterbank des kleinen Fensters herabließ.
Ich starrte auf den Sims unter mir. Ich würde mich fallen lassen müssen. Wenn ich stürzte, würde ich mir wahrscheinlich den Hals brechen: leichte Beute für Strigoi, wie Adrian sagen würde. Mit einem schnellen Gebet an wen auch immer, der gerade zuhörte, kletterte ich aus dem Fenster, bis ich mit beiden Händen an dessen äußerer Fensterbank hing. Zwischen meinen Füßen und dem Sims unten waren es noch etwa sechzig Zentimeter. Ich zählte bis drei, ließ mich los und blieb im Fall so dicht wie möglich an der Mauer. Ich traf mit den Füßen auf den Sims und schwankte schon, aber meine Dhampirreflexe sorgten dafür, dass ich doch noch Halt fand. Ich hatte es geschafft, mich auf dem Sims bis zur Hausecke vorzuschieben. An deren Bogenkante hinunterzuklettern war ein
Weitere Kostenlose Bücher