Vampire Academy 04
ihren Hals – der Strigoi hatte sie bereits gebissen, aber nur wenig Blut getrunken. Die Wunde war relativ klein und blutete nur leicht. Das Mädchen regte sich und stöhnte, als ich sie berührte, was ich als ein gutes Zeichen wertete. Behutsam zog ich sie von der Mülltonne weg und weiter ins Licht, wo man sie am ehesten bemerken würde. Den Strigoi schleppte ich jedoch so weit wie möglich in die Dunkelheit hinein, bis sie ihn fast völlig verbarg. Danach bat ich Denis, mir sein Handy zu leihen, und wählte die Nummer auf dem zerknitterten Zettel, den ich seit der letzten Woche mit mir herumtrug.
Nachdem es ein paarmal geklingelt hatte, meldete Sydney sich auf Russisch. Sie klang verschlafen.
„Sydney? Hier ist Rose.“
Es entstand eine kurze Pause. „Rose? Was ist los?“
„Bist du wieder in Sankt Petersburg?“
„Ja … wo bist du?“
„Nowosibirsk. Habt ihr eure Leute hier auch?“
„Natürlich“, antwortete sie argwöhnisch. „Warum?“
„Hm … ich habe da was zum Aufräumen für euch.“
„Oje.“
„He, immerhin rufe ich an. Und es ist ja nun nicht gerade so, als sei es etwas Schlechtes, dass ich die Welt von einem weiteren Strigoi befreit habe. Und außerdem, hattest du mich nicht darum gebeten, dir Bescheid zu sagen?“
„Doch, doch. Wo bist du?“
Ich reichte Denis das Telefon, damit er unseren genauen Standort durchgeben konnte. Als er fertig war, gab er es mir zurück, und ich erzählte Sydney von dem Mädchen.
„Ist sie ernstlich verletzt?“
„Sieht nicht so aus“, sagte ich. „Was sollen wir mit ihr machen?“
„Lasst sie einfach liegen. Der Mann, der gleich bei euch vor Ort eintrifft, kümmert sich darum, dass sie versorgt wird und keine Geschichten erzählt. Er erklärt euch dann alles Weitere.“
„Moment mal, nicht so schnell. Ich werde nicht hier sein, wenn er auftaucht.“
„Rose …“
„Ich bin hier weg“, erklärte ich. „Und ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn du ansonsten niemandem erzählen würdest, dass ich angerufen habe – zum Beispiel Abe.“
„Rose …“
„Bitte, Sydney. Erzähl es einfach nicht. Oder …“ Ich zögerte. „Wenn du es doch tust, werde ich nicht wieder anrufen, wenn so etwas passiert. Und wir werden garantiert noch weitere Strigoi erledigen.“ Gott, was kam als Nächstes? Zuerst Folter, jetzt Drohungen. Schlimmer noch, ich drohte jemandem, den ich mochte. Natürlich hatte ich gelogen. Ich verstand, warum Sydneys Leute taten, was sie taten, und ich würde eine Enthüllung nicht riskieren. Das wusste sie jedoch nicht, und ich hoffte inständig, sie würde mich für verrückt genug halten, dass ich das Risiko eingehen könnte, uns der Welt zu offenbaren.
„Rose …“, versuchte sie es noch einmal. Ich gab ihr keine Chance.
„Danke, Sydney. Wir bleiben in Kontakt.“ Ich brach die Verbindung ab und reichte Denis sein Handy. „Weiter geht’s, Leute. Die Nacht ist noch jung.“
Zweifellos hielten sie mich für total durchgeknallt, weil ich Strigoi verhören wollte, aber wenn man bedachte, wie tollkühn sie selbst manchmal waren, wirkte mein Verhalten auf sie offenbar nicht so sonderbar, dass sie ihren Glauben in mich verloren gehabt hätten. Schon bald waren sie wieder so enthusiastisch wie zuvor, noch ganz berauscht von den Eindrücken unserer ersten Tötung auf diesem Streifzug. Meine mysteriöse Fähigkeit, Strigoi aufzuspüren, machte mich in ihren Augen noch cooler, und ich war zuversichtlich, dass sie mir so ziemlich überallhin folgen würden.
In dieser Nacht fingen wir noch zwei weitere Strigoi, und es gelang uns, die Prozedur zu wiederholen. Die Ergebnisse waren allerdings die gleichen: Jede Menge Beleidigungen auf Russisch; keine neuen Informationen. Sobald ich davon überzeugt war, dass ein Strigoi uns nichts zu bieten hatte, erlaubte ich den Unversprochenen, ihn zu töten. Sie fanden es herrlich, aber nach dem dritten Strigoi stellte ich fest, dass ich sowohl geistig als auch körperlich allmählich müde wurde. Also erklärte ich der Gruppe, dass wir nach Hause gehen würden – doch dann, als wir eine Abkürzung über den Hofplatz einer Fabrik nahmen, spürte ich einen vierten Strigoi.
Wir griffen ihn an. Es folgte ein weiteres wildes Handgemenge, doch schließlich gelang es uns, ihn in die Mangel zu nehmen, genau wie die anderen vor ihm. „Na los“, sagte ich zu Denis. „Du weißt, was du …“
„Ich werde dir die Kehle rausreißen!“, knurrte der Strigoi.
Was war das denn? Der hier
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