Vampire Academy 05
konnte es sehen. Doch in diesem Moment war es so, als gebe es niemanden außer ihm und mir. Es war, als stünde keine Lissa zwischen uns.
„Du bist dort drin, Rose.“ Ein schwaches, mitleidloses Lächeln umspielte seine Lippen. „Und du wirst keinen von ihnen im Stich lassen. Du bist auch nicht töricht genug, um allein zu kommen, nicht wahr? Früher hättest du es vielleicht getan – aber jetzt nicht mehr.“
Ich zog mich ruckartig aus ihrem Kopf zurück, außerstande, in diese Augen zu blicken – und zu sehen, wie sie meinen Blick erwiderten. Ob es meine eigene Angst war oder ein Spiegelbild von Lissas Angst, ich entdeckte jedenfalls, dass mein Körper ebenfalls zitterte. Ich zwang ihn, damit aufzuhören, und versuchte, mein rasendes Herz zu verlangsamen. Schluckend sah ich mich um, um festzustellen, ob irgendjemand etwas bemerkt hatte, aber sie waren alle damit beschäftigt, ihre Strategie zu erörtern – bis auf Tasha.
Sie musterte mich mit ihren kühlen, blauen Augen, das Gesicht vor Sorge angespannt. „Was haben Sie gesehen?“
Ich schüttelte den Kopf, außerstande, sie auch nur anzuschauen. „Einen Albtraum“, murmelte ich. „Meinen schlimmsten Albtraum, der wahr geworden ist.“
16
Ich hatte nicht präzise zählen können, wie viele Strigoi zu Dimitris Gruppe gehörten. So vieles von dem, was ich durch Lissas Augen gesehen hatte, war durch Verwirrung und Entsetzen verschwommen gewesen. Die Wächter, die wussten, dass wir erwartet wurden, mussten einfach so gut wie möglich schätzen, wie viele Leute sie ausschicken sollten. Hans hatte gehofft, dass eine überwältigende Anzahl von Wächtern den Umstand wettmachen würde, dass wir das Überraschungsmoment verloren hatten. Er hatte so viele Wächter ausgeschickt, wie er vernünftigerweise vom Hof abziehen konnte. Zugegeben, der Hof wurde zwar durch Schutzzauber geschützt, aber man konnte ihn dennoch nicht vollkommen unverteidigt lassen.
Es hatte geholfen, dass die frischgebackenen Absolventen dort waren. Die meisten von ihnen waren zurückgeblieben, was es den erfahrenen Wächtern ermöglichte, sich unserem Jagdtrupp anzuschließen. Wir waren ungefähr vierzig Personen. Das war ebenso ungewöhnlich wie große Gruppen von Strigoi, die sich zusammentaten. Wächter arbeiteten im Allgemeinen paarweise, vielleicht in Gruppen von höchstens drei Personen, für Moroi-Familien. Eine derart große Streitmacht hatte das Potenzial, eine Schlacht heraufzubeschwören, die dem Angriff auf die Akademie gleichkam.
Da Hans wusste, dass es nicht funktionieren würde, wenn sie sich durch die Dunkelheit schlichen, stoppte er unseren Konvoi bereits ein kleines Stück vor dem Lagerhaus, in dem sich die Strigoi verbarrikadiert hatten. Das Gebäude lag an einer Zufahrtsstraße, die vom Highway abzweigte. Sie führte in ein Gewerbegebiet und war alles andere als ein verlassener Pfad im Wald. Aber so spät in der Nacht waren alle Geschäfte und Fabriken geschlossen. Ich stieg aus dem SUV und ließ mich von dem warmen Abend umfangen. Die Luftfeuchtigkeit fühlte sich besonders bedrückend an, da ich bereits von Angst geplagt wurde.
Als ich am Straßenrand stand, verspürte ich keinerlei Übelkeit. Dimitri hatte so weit entfernt keine Strigoi postiert, was bedeutete, dass unser Eintreffen immer noch – irgendwie – eine Überraschung war. Hans kam zu mir herüber, und ich schätzte die Situation für ihn nach bestem Vermögen ein, basierend auf meinen begrenzten Informationen.
„Aber Sie können Vasilisa finden?“, hakte er nach.
Ich nickte. „Sobald ich im Gebäude bin, wird mich das Band direkt zu ihr führen.“
Er drehte sich um und starrte in die Nacht hinaus, während auf dem nahen Highway Autos vorbeischossen. „Wenn sie bereits draußen warten, werden sie uns, lange bevor wir sie sehen, riechen und hören können.“ Vorbeigleitende Scheinwerfer beleuchteten für einen Moment sein Gesicht, auf dem nachdenkliche Linien standen. „Sie sagten, es gebe drei Staffeln von Strigoi?“
„Soweit ich das erkennen konnte, ja. Einige sind bei Lissa und Christian, ein paar sind draußen.“ Ich hielt inne und versuchte zu überlegen, was Dimitri in dieser Situation getan hätte. Gewiss kannte ich ihn gut genug, selbst als Strigoi, um mir seine Strategie auszurechnen. „Dann eine weitere Staffel im Gebäude selbst – bevor man den Lagerraum erreicht.“ Dies wusste ich zwar nicht mit Bestimmtheit, aber das sagte ich Hans nicht. Die Vermutung entsprang
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