Vampire Academy 05
würde. Sie drehte sich um und ging mit schnellen Schritten auf den Eingang des Raums zu. Ich eilte hinter ihr her, ebenso wie Adrian und Daniella.
Sobald wir die von Fackeln erleuchtete Halle verlassen hatten, wandte sich Daniella an Adrian. „Was hast du dir nur dabei gedacht? Du weißt doch, ich habe nichts dagegen, wenn du Rose zu gewissen Anlässen mitbringst, aber dies hier war …“
„Unpassend“, sagte Tatiana scharf. „Obwohl es vielleicht durchaus passend ist, dass ein Dhampir sieht, wie sehr man die Opfer ihrer Leute wertschätzt.“
Dies schockierte uns so sehr, dass wir alle einen Moment lang schwiegen. Daniella erholte sich als Erste. „Ja, aber die Tradition verlangt, dass …“
Wieder fiel ihr Tatiana ins Wort. „Ich bin mir der Tradition durchaus bewusst. Es ist ein übler Verstoß gegen die Etikette, aber Rosemaries Anwesenheit hier ruiniert gewiss nicht unsere Absichten. Der Verlust Priscillas …“ Tatiana versagte nicht direkt die Stimme, aber sie verlor doch ein wenig von ihrer gewöhnlichen Fassung. Ich hatte nicht gedacht, dass jemand wie sie eine beste Freundin hatte, aber Priscilla hatte diese Rolle so ziemlich ausgefüllt. Wie würde ich mich benehmen, wenn ich Lissa verlöre? Nicht annähernd so beherrscht.
„Der Verlust Priscillas ist etwas, das mir noch sehr, sehr lange nachgehen wird“, brachte Tatiana schließlich hervor. Ihr scharfer Blick ruhte auf mir. „Und ich hoffe, Sie verstehen wirklich, wie sehr wir Sie und alle anderen Wächter brauchen und schätzen. Ich weiß, Ihre Rasse fühlt sich manchmal nicht richtig gewürdigt. Der Eindruck trügt aber. Jene, die gestorben sind, haben ein klaffendes Loch in unseren Reihen hinterlassen, eins, das uns noch verletzbarer macht, wie Sie sicher wissen.“
Ich nickte, immer noch überrascht, dass mich Tatiana nicht anbrüllte. „Es ist ein großer Verlust“, erwiderte ich. „Und das macht die Situation nur noch schlimmer, denn meist ist es unsere Unterzahl, die uns zu schaffen macht – vor allem, seit die Strigoi große Gruppen bilden. Dem können wir nicht immer etwas entgegensetzen.“
Tatiana nickte, anscheinend angenehm überrascht, dass wir zumindest in irgendeinem Punkt Einigkeit erzielt hatten. Womit wir schon zu zweit waren. „Ich wusste, dass Sie es verstehen würden. Nichtsdestoweniger …“ Sie wandte sich an Adrian. „Du hättest das nicht tun sollen. Einige Anstandsregeln müssen befolgt werden.“
Adrian war jetzt überraschend unterwürfig. „Entschuldige, Tante Tatiana. Ich dachte nur, es sei etwas, das Rose sehen sollte.“
„Sie werden das für sich behalten, nicht wahr?“, fragte mich Daniella. „Viele der Gäste sind sehr, sehr konservativ. Sie würden nicht wollen, dass sich dies herumspricht.“
Dass sie sich bei Feuerlicht trafen und verkleideten? Ja, ich konnte mir schon vorstellen, dass sie das geheim halten wollten.
„Ich werde es niemandem erzählen“, versicherte ich ihnen.
„Gut“, sagte Tatiana. „Nun, Sie sollten wahrscheinlich trotzdem gehen, bevor … ist das Christian Ozera?“ Ihr Blick war wieder in den überfüllten Raum gewandert.
„Ja“, antworteten Adrian und ich wie aus einem Mund.
„Er hat keine Einladung bekommen“, rief Daniella aus. „Ist das auch deine Schuld?“
„Es ist weniger meine Schuld als mein Genie“, bemerkte Adrian.
„Ich bezweifle, dass es irgendjemand mitbekommen wird, solange er sich benimmt“, meinte Tatiana mit einem Seufzer. „Und ich bin mir sicher, dass er jede Gelegenheit, die sich ihm bietet, nutzen würde, um mit Vasilisa zu reden.“
„Oh“, sagte ich, ohne nachzudenken. „Das ist nicht Lissa.“ Lissa hatte Christian den Rücken zugewandt und sprach mit jemand anderem, während sie ängstlich zu mir herüberschaute.
„Wer ist das denn?“, fragte Tatiana.
Mist. „Das ist, ähm, Mia Rinaldi. Wir haben uns in St. Vladimir miteinander angefreundet.“ Beinahe hatte ich zu lügen gewagt, um ihr einen königlichen Namen zu nennen. Einige Familien waren so groß, dass man unmöglich jeden Einzelnen im Auge behalten konnte.
„Rinaldi.“ Tatiana runzelte die Stirn. „Ich glaube, ich kenne einen Dienstboten mit diesem Namen.“ Tatsächlich war ich ziemlich beeindruckt, dass sie die Leute kannte, die für sie arbeiteten. Einmal mehr änderte sich meine Meinung im Hinblick auf die Königin.
„Ein Dienstbote?“, fragte Daniella und bedachte ihren Sohn mit einem warnenden Blick. „Gibt es sonst noch jemanden, von
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