Vampire Academy 05
Strafe aus. Haben Sie Ihre Strafe denn schon abgesessen?“
„So etwa. Im Augenblick warte ich gerade auf jemanden. Wir wollen einfach eine Weile in meinem Zimmer herumhängen.“
„Also, wenn Sie ohnehin die Zeit totschlagen, warum kommen Sie dann nicht mit mir zu Tante Rhonda?“
„Rhonda?“ Ich runzelte die Stirn. „Nichts für ungut, aber Ihre Tante hat mich beim letzten Mal mit ihren Fähigkeiten nicht gerade beeindruckt.“
„Kein Problem“, erwiderte er wohlgelaunt. „Aber sie macht sich Gedanken um Sie. Und um Vasilisa. Also, wenn Sie sowieso nur herumhängen …“
Ich zögerte. Er hatte recht damit, dass ich im Augenblick nichts Besseres zu tun hatte. Ich steckte sowohl bei Dimitri als auch bei den idiotischen Resolutionen des Rates fest. Doch Rhonda – seine Moroi-Tante, die die Zukunft voraussagte – war nicht jemand, den ich wirklich wiedersehen wollte. Trotz meiner zungenfertigen Worte musste ich rückblickend zugeben, dass sich einige von Rhondas Weissagungen tatsächlich erfüllt hatten. Das Ergebnis gefiel mir nur nicht.
„Na schön“, sagte ich und versuchte, gelangweilt dreinzuschauen. „Aber beeilen Sie sich.“
Er lächelte wiederum, als könne er meine List durchschauen, und führte mich zu einem Gebäude, in dem ich schon einmal gewesen war. Es beherbergte einen luxuriösen Salon und ein Wellness-Bad, die beide von königlichen Moroi besucht wurden. Lissa und ich hatten uns dort die Nägel machen lassen, und während Ambrose und ich uns durch das Gebäude zu Rhondas Höhle schlängelten, durchzuckte mich ein seltsamer Stich. Maniküren und Pediküren … sie wirkten wie die trivialsten Dinge auf der Welt. Aber an jenem Tag waren sie wunderbar gewesen. Lissa und ich hatten gelacht und waren einander nähergekommen … kurz bevor die Schule angegriffen worden und alles zerbrochen war …
Rhonda machte ihre Weissagungen in einem Hinterzimmer, das von dem belebten Wellnessbereich weit entfernt war. Obwohl es alles sehr zwielichtig schien, hatte sie ein ziemlich gut florierendes Geschäft und sogar ihre eigene Empfangsdame. Oder, na ja, früher hatte sie jedenfalls mal eine gehabt. Diesmal war der Schreibtisch leer, Ambrose führte mich direkt in ihr Zimmer. Es sah genauso aus wie zuvor, so als befände man sich in einem Herzen. Alles war rot: die Tapete, die Dekorationen und die Kissen auf dem Boden.
Rhonda selbst saß auf dem Boden und aß einen Becher Joghurt, was bei jemandem, der angeblich über mystische Kräfte verfügte, schrecklich gewöhnlich wirkte. Gelocktes, schwarzes Haar wogte ihr um die Schultern und ließ die großen, goldenen Reifen in ihren Ohren funkeln.
„Rose Hathaway“, sagte sie glücklich und stellte den Joghurt beiseite. „Was für eine nette Überraschung.“
„Hätten Sie mein Kommen nicht vorhersehen müssen?“, fragte ich trocken.
Ihre Lippen zuckten vor Erheiterung. „Das liegt nicht in meiner Macht.“
„Tut mir leid, dass wir dich beim Abendessen stören“, bemerkte Ambrose und faltete seinen muskulösen Körper anmutig zusammen, während er sich hinsetzte. „Aber Rose ist nicht leicht zu fassen.“
„Das kann ich mir vorstellen“, erwiderte sie. „Es beeindruckt mich, dass du sie überhaupt dazu bewegen konntest herzukommen. Was kann ich heute für Sie tun, Rose?“
Ich zuckte die Achseln und ließ mich neben Ambrose auf den Boden sinken. „Keine Ahnung. Ich bin nur hier, weil Ambrose mich dazu überredet hat.“
„Sie fand deine letzte Deutung nicht sehr gut“, sagte er.
„He!“ Ich warf ihm einen tadelnden Blick zu. „Das ist nicht genau das, was ich gesagt habe.“
Beim letzten Mal waren Lissa und Dimitri mit mir bei ihr gewesen. Rhondas Tarotkarten hatten Lissa gezeigt, gekrönt mit Macht und Licht – keine Überraschung. Rhonda hatte gesagt, Dimitri würde verlieren, was ihm am teuersten sei, und so war es auch gekommen: Er hatte seine Seele verloren. Und ich? Rhonda hatte mir unumwunden mitgeteilt, dass ich die Untoten töten werde. Ich hatte noch darüber gespottet, denn ich wusste, dass mein Leben zu einem großen Teil darin bestehen würde, Strigoi zu töten. Jetzt fragte ich mich, ob mit untot der Strigoi-Teil von Dimitri gemeint gewesen sein mochte. Selbst wenn ich den Pflock nicht in sein Herz gerammt hatte, hatte ich doch gewiss eine bedeutende Rolle dabei gespielt.
„Vielleicht würde ja eine weitere Deutung dazu beitragen, dass die andere etwas mehr Sinn gewinnt?“, bot sie an.
Im Geiste legte ich
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