Vampire Academy 05
Gefangenenflur durch eine weitere Doppeltür und erreichten endlich den Spenderbereich. Auch dieser Bereich fühlte sich wie ein mittelalterlicher Kerker an, aber um der Gefangenen willen musste der Schein gewahrt werden. Abgesehen von der Einrichtung war die Anlage des Spenderraums ähnlich der von St. Vladimir, nur dass der Raum kleiner war. Einige Kabinen boten eine Spur von Privatsphäre, und ein gelangweilt dreinschauender Moroi las an einem Schreibtisch ein Buch, schien aber kurz davor einzuschlafen. In diesem Raum befand sich nur ein einziger Spender, ein zerzaust aussehender Mensch in mittleren Jahren, der mit einem einfältigen Lächeln auf dem Gesicht auf einem Stuhl saß und ins Leere starrte.
Der Moroi zuckte bei unserem Eintreten zusammen und riss die Augen auf. Offensichtlich waren wir das Aufregendste, was ihm in der ganzen Nacht widerfahren war. Er wirkte keine Sekunde lang desorientiert, als er uns ansah; anscheinend hatte er eine niedrige Zwangresistenz, was gut zu wissen war.
„Was ist das?“
„Es sind gerade zwei Neue reingekommen“, antwortete Wes.
„Aber uns steht niemand mehr zu“, wandte der Moroi ein. „Und wir bekommen niemals so Junge herein. Sie geben uns immer die Alten, die verbrauchten.“
„Frag nicht mich“, sagte Wes und bewegte sich auf die Tür zu, nachdem er Lissa und mir bedeutet hatte, uns auf zwei Stühle zu setzen. Es war klar, dass das Eskortieren von Spendern seiner Meinung nach unter seiner Würde war. „Marx will, dass sie hierbleiben, bis Sullivan aufsteht. Ich schätze, das Ganze wird sich als Versehen entpuppen, aber sie haben gejammert, dass sie schon lange nicht mehr zum Zug gekommen seien.“
„Wunderbar“, stöhnte der Moroi. „Also, unsere nächste Mahlzeit ist in fünfzehn Minuten fällig, da kann ich Bradley dort drüben eine Pause verschaffen. Er ist so hinüber, dass er es wohl kaum bemerken wird, wenn jemand anders als er Blut spendet.“
Wes nickte. „Wir rufen sofort durch, wenn wir die Sache geklärt haben.“
Der Wächter ging, der Moroi aber griff seufzend nach einem Klemmblock. Ich hatte das Gefühl, dass hier alle ihrer Arbeit irgendwie müde waren. Ich konnte auch verstehen, warum. Dies war ein elender Ort, um hier arbeiten zu müssen. Da zog ich doch jederzeit den Rest der Welt vor.
„Wer ist in fünfzehn Minuten mit Trinken an der Reihe?“, fragte ich.
Erstaunt riss der Moroi den Kopf hoch. Es war nicht die Art von Frage, die ein Spender stellte. „Was haben Sie gesagt?“
Lissa stand auf und fing ihn mit ihrem Blick ein. „Beantworten Sie ihre Frage.“
Die Züge des Mannes erschlafften. Er war tatsächlich leicht zu zwingen. „Rudolf Kaiser.“
Das war niemand, den wir kannten. Nach allem, was ich wusste, konnte er wegen Massenmords oder Veruntreuung hier drin sein. „Wann ist Victor Dashkov an der Reihe?“, hakte Lissa nach.
„In zwei Stunden.“
„Dem Zeitplan zufolge. Sagen Sie seinen Wachen, dass es eine Umstellung gegeben hat und er jetzt anstelle von Rudolf kommen soll.“
Die leeren Augen des Moroi – der jetzt genauso benommen wirkte wie der Spender Bradley – schienen einen Moment zu brauchen, um das aufzunehmen. „Ja“, sagte er.
„Dies ist etwas, das auch normalerweise durchaus passieren könnte. Es wird keinen Verdacht erregen.“
„Es wird keinen Verdacht erregen“, wiederholte er mit monotoner Stimme.
„Tun Sie es“, befahl sie und schlug einen harten Ton an. „Rufen Sie an, vereinbaren Sie den neuen Termin und wenden Sie den Blick nicht von mir ab.“
Der Moroi gehorchte. Während er telefonierte, identifizierte er sich als Northwood. Als er auflegte, waren die Vorkehrungen getroffen worden. Jetzt hatten wir nichts anderes zu tun, als abzuwarten. Mein ganzer Körper kribbelte vor Anspannung. Theo hatte gesagt, dass wir über eine Stunde Zeit hätten, bis der Direktor seinen Dienst antrat. Bis dahin würde niemand Fragen stellen. Eddie musste lediglich mit Theo ein wenig Zeit totschlagen. Beruhig dich, Rose. Du schaffst das.
Während wir noch warteten, belegte Lissa den Spender Bradley mit Zwang, so dass er in einen tiefen Schlaf fiel. Ich wollte keine Zeugen, nicht einmal benebelte. Und ich verstellte die Kamera im Raum um eine Spur, so dass der größte Teil des Raums nicht mehr einsehbar war. Natürlich würden wir uns vor unserem Aufbruch um das gesamte Überwachungssystem des Gefängnisses kümmern müssen, aber für den Augenblick konnten wir nicht riskieren, dass das
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