Vampire bevorzugt
Er wurde blass und eilte zurück an seinen Tisch. Einige Vampire genießen die Gesellschaft von Menschen, aber Thalia gehörte nicht zu ihnen.
»Charles ist der temperamentloseste Vampir, den ich je getroffen habe, obwohl ich ihn zugegebenermaßen nicht besonders gut kenne. Er arbeitet erst seit zwei Wochen hier.«
»Er scheint ziemlich gut beschäftigt zu sein.«
»Ich kann ihn euch abtreten.« Eric warf mir einen arroganten Blick zu, der eindeutig besagte, dass es ganz bei ihm lag, wie beschäftigt seine Angestellten waren.
»Hm... okay, okay.« Den Gästen des Merlotte's würde der Pirat bestens gefallen, und Sams Einnahmen würden nur steigen.
»Hier die Bedingungen«, sagte Eric und fixierte mich mit durchdringendem Blick. »Sam stellt freie Blutvorräte für Charles und eine sichere Unterkunft zur Verfügung. Aber vielleicht möchtest du ihn ja auch, wie mich, bei dir zu Hause unterbringen.«
»Das will ich nicht«, entgegnete ich entrüstet. »Ich unterhalte doch keine Herberge für Vampire auf Reisen.« Frank Sinatra begann im Hintergrund seinen Schmachtfetzen >Strangers in the Night< zu singen.
»Oh, natürlich nicht, hatte ich ganz vergessen. Doch für meine Unterbringung wurdest du fürstlich entlohnt.«
Da hatte er einen sehr wunden Punkt getroffen. Ich zuckte zusammen. »Das war die Idee meines Bruders«, gab ich zurück. Erics Augen blitzten auf, und ich wurde knallrot im Gesicht. Ich hatte gerade die Vermutung bestätigt, die er gehabt hatte. »Aber das war ganz richtig«, fuhr ich überzeugt fort. »Warum hätte ich einen Vampir in meinem Haus unterbringen sollen, ohne mich dafür bezahlen zu lassen? Ich brauchte das Geld schließlich.«
»Sind die fünfzigtausend schon weg?«, fragte Eric sehr leise. »Wollte Jason einen Anteil?«
»Das geht dich nichts an«, erwiderte ich, und meine Stimme klang genauso scharf und entrüstet, wie ich beabsichtigt hatte. Ich hatte Jason nur ein Fünftel gegeben. Er hatte zwar nicht ausdrücklich darum gebeten, aber ich musste mir eingestehen, dass er auf jeden Fall etwas erwartet hatte. Da ich es allerdings sehr viel dringender brauchte, hatte ich mehr behalten als eigentlich geplant.
Ich war nicht krankenversichert. Jason aber schon, über seinen Arbeitgeber, die Verwaltung des Landkreises. Und da hatte ich mir so meine Gedanken gemacht: Was, wenn ich arbeitsunfähig würde? Was, wenn ich mir den Arm brach oder mein Blinddarm raus musste? Ich würde nicht nur nicht arbeiten gehen können, ich hätte außerdem auch noch Krankenhausrechnungen zu begleichen. Und heutzutage ist jeder Aufenthalt im Krankenhaus ungeheuer kostspielig. Im letzten Jahr waren bei mir einige Arztrechnungen angefallen, und ich hatte sehr lange und hart arbeiten müssen, um sie zu bezahlen.
Und jetzt war ich enorm froh, dass ich diese kleine Rücklage hatte. Normalerweise schaue ich nicht sonderlich weit voraus, weil ich es gewöhnt bin, von Tag zu Tag zu leben. Doch Sams Verletzung hatte mir die Augen geöffnet. Ich hatte schon darüber nachgedacht, dass ich mir dringend ein neues Auto anschaffen musste - okay, ein neueres gebrauchtes. Und auch darüber, wie schäbig die Vorhänge im Wohnzimmer aussahen und wie schön es wäre, bei JCPenney neue zu bestellen. Mir war sogar der Gedanke gekommen, dass es auch mal Spaß machen würde, ein Kleid nicht erst im Schlussverkauf zu kaufen. Aber Sams Verletzung hatte mich wie ein Schock aus solch leichtsinnigen Überlegungen gerissen.
Lenny die Leiche sagte den nächsten Song an (>One of these Nights<), und Eric musterte mein Gesicht. »Wenn ich nur deine Gedanken lesen könnte so wie du die Gedanken anderer«, sagte er. »Wenn ich nur wüsste, was in deinem Kopf vor sich geht. Und wenn ich nur wüsste, warum ich das eigentlich wissen will.«
Ich lächelte ihn undurchsichtig an. »Mit den Bedingungen bin ich einverstanden: freie Blutvorräte und Unterkunft - auch wenn diese nicht unbedingt bei mir zu Hause sein wird. Wie sieht es mit der Bezahlung aus?«
Eric lächelte. »Ich möchte eine Bezahlung in Naturalien. Mir gefällt der Gedanke, dass Sam mir einen Gefallen schuldet.«
Ich rief Sam mit dem Handy, das er mir geliehen hatte, an und berichtete ihm.
Sam klang schicksalsergeben. »In der Bar ist Platz, da kann der Vampir schlafen. Okay. Unterkunft und Verpflegung, und einen Gefallen. Wann kann er anfangen?«
Ich gab die Frage an Eric weiter.
»Jetzt gleich.« Eric winkte eine menschliche Kellnerin heran, die das tief
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