Vampire bevorzugt
tiefsten schlafe ich so gegen drei Uhr früh, und irgendwann in dieser Phase erwachte ich durch den Griff einer Hand an meiner Schulter.
Schockartig war ich hellwach wie ein Mensch, der in einen kalten Swimmingpool geworfen wird. Um gegen den Schock anzukämpfen, der mich fast lähmte, schwang ich meine Faust. Eine eiskalte Hand fing sie ab.
»Nein, nein, nein, schhhh«, drang ein durchdringendes Wispern aus der Dunkelheit. Ein englischer Akzent. Charles. »Irgendwer schleicht da draußen um dein Haus, Sookie.«
Mein Atem ging stoßweise, wie bei einem Akkordeon. Vielleicht würde ich gleich einen Herzinfarkt erleiden. Ich legte eine Hand auf mein Herz, als könnte ich es aufhalten, auch wenn es entschlossen schien, aus meiner Brust zu springen.
»Bleib liegen!«, sagte er direkt in mein Ohr, und dann spürte ich, wie er sich neben mein Bett kauerte. Ich legte mich wieder zurück und schloss die Augen. Das Kopfteil des Bettes stand zwischen den beiden Fenstern des Zimmers. Wer immer da draußen um mein Haus herumschlich, hatte keine wirklich gute Sicht auf mein Gesicht. Ich versuchte, so ruhig und entspannt wie möglich dazuliegen und nachzudenken, aber dazu hatte ich einfach viel zu viel Angst. Wenn der Streuner ein Vampir war, dann konnte er (oder sie) nicht hereinkommen - es sei denn, es war Eric. Hatte ich nicht Erics Erlaubnis, das Haus zu betreten, widerrufen? Ich konnte mich nicht erinnern. » Das sind die Dinge, die ich unbedingt wissen sollte «, murmelte ich vor mich hin.
»Er ist verschwunden«, sagte Charles mit so leise gehauchter Stimme, dass sie klang wie ihr eigener Geist.
»Wer oder was war das?«, fragte ich und hoffte, dass meine Stimme ähnlich tonlos war.
»Es ist zu dunkel draußen, um etwas zu erkennen.« Wenn nicht mal ein Vampir etwas sehen konnte, musste es wirklich stockdunkel sein. »Ich gehe hinaus und schaue nach.«
»Nein«, sagte ich eindringlich, aber es war schon zu spät.
Jesus Christus, Hirte von Judäa! Was, wenn der Streuner da draußen Mickey war? Er würde Charles töten - da war ich mir sicher.
»Sookie!« Das Letzte, was ich erwartet hatte - obwohl ich, offen gestanden, schon weit jenseits davon war, noch irgendwas bewusst zu erwarten -, war, dass Charles nach mir rufen würde. »Komm nach draußen, bitte!«
Ich schlüpfte mit den Füßen in meine roten Flauschpantoffeln, rannte in die Diele und zur Hintertür. Denn von dort war die Stimme gekommen, meinte ich.
»Ich mache die Außenbeleuchtung an«, rief ich. Wollte nicht jeder mal von plötzlich aufflammendem elektrischen Licht geblendet werden? »Ist es auch wirklich sicher da draußen?«
»Ja«, sagten zwei Stimmen beinahe gleichzeitig.
Mit geschlossenen Augen kippte ich den Schalter. Nach einer Sekunde öffnete ich sie und ging durch die Tür auf die hintere Veranda, in rotem Pyjama und Pantoffeln. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, denn obwohl es nicht kalt war heute Nacht, fröstelte ich doch.
Ich ließ die Szene auf mich wirken. »Okay«, sagte ich langsam. Charles stand in dem kiesbestreuten Bereich, wo ich meinen Wagen parkte, und hatte seinen Arm fest um den Hals meines Nachbarn Bill Compton geschlungen. Bill ist Vampir, schon seit dem Ende des Bürgerkriegs. Wir haben eine gemeinsame Geschichte. Na ja, in der langen Geschichte von Bills Leben ist es wohl eher nur ein Kieselstein, in der Geschichte meines Lebens dagegen ein Felsbrocken.
»Sookie«, presste Bill zwischen den Zähnen hervor. »Ich will diesem Fremden kein Leid zufügen. Sag ihm, er soll mich loslassen.«
Mit etwas mehr Tempo als eben noch dachte ich darüber nach. »Charles, du kannst ihn loslassen«, entschied ich, und im Handumdrehen stand der Barkeeper neben mir.
»Kennst du diesen Mann?« Seine Stimme klang hart.
»Sie kennt mich, sogar ganz privat«, fuhr Bill in genauso kaltem Ton dazwischen.
Oh, klasse.
»Tja, höflich ist etwas anderes.« Wahrscheinlich lag auch in meiner Stimme ein kalter harter Ton. »Ich renne nicht herum und erzähle jedem Details unserer Beziehung. Und dasselbe erwarte ich eigentlich auch von einem Gentleman.«
Zu meiner Genugtuung starrte Charles Bill an und zog auf sehr souveräne, aber irritierende Art eine Augenbraue hoch.
»Und jetzt teilst du also mit dem da dein Bett?« Bill zeigte mit dem Kopf in Richtung des kleineren Vampirs.
Wenn er den Mund gehalten hätte, dann hätte ich mich wohl zusammennehmen können. Ich verliere nicht oft die Beherrschung, aber wenn es so weit ist, dann
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