Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
du dir überlegst, ich weiß es im gleichen Augenblick wie du und kann dich sofort wieder kontrollieren. Also sei ein braves kleines Schäfchen, tu, was man dir sagt, und stell lieber nicht meine Geduld auf die Probe.«
Entsetzt sah Jo ihn an, da ihr bei seinen Worten bewusst wurde, dass sie tatsächlich überhaupt keine Chance hatte. Sie konnte ihm nicht entkommen, er kannte jeden ihrer Gedanken, und selbst wenn sich unerwartet eine Gelegenheit zur Flucht ergeben sollte, konnte er sie von einer Sekunde zur nächsten kontrollieren, bevor sie sich auch nur einen Schritt von ihm entfernt hatte. Sie war verloren. »Schön. Nachdem du jetzt deine Lage begriffen hast, kannst du dir deine Sachen aus der Waschmaschine holen und dich anziehen. Und falls du das nicht willst, nehme ich dich so mit, wie du bist, und dann dürfen meine Brüder mit dir anstellen, was sie wollen.«
Jo musste schlucken. Erst als sie nickte, machte er ihr den Weg frei. Zügig ging sie zum Ende des Flurs in den Raum, in dem die Waschmaschine und der Trockner standen. Als sie die Klappe der Waschmaschine öffnen wollte, fiel ihr plötzlich auf, dass der Trockner summte. Sie starrte verwundert in die leere Waschmaschine, dann richtete sie sich auf und öffnete die Klappe des Trockners, der auf der Maschine stand.
Zu ihrem Erstaunen fiel ihr das T-Shirt entgegen, das Nicholas ihr geliehen hatte. Es war trocken, und ihr wurde klar, dass Nicholas ihre Sachen aus der Waschmaschine genommen und in den Trockner getan haben musste, nachdem er aufgewacht war. Es erstaunte sie, dass er so umsichtig war, und es rührte sie. Sie nahm alles aus dem Trockner, lediglich die Jeans fühlte sich noch ein wenig klamm an. Allerdings bestand im Augenblick ihre geringste Sorge darin, dass sie sich vielleicht eine Erkältung holte, wenn sie mit einer feuchten Jeans das Haus verließ. »Gut«, sagte Ernie, der ihr zusah, wie sie sich anzog. »Dann können wir ja gehen. Wie gesagt, ich möchte nicht mehr hier sein, wenn Mortimer eintrifft.«
Jo drehte sich resigniert zu ihm um und ging durch den Flur, wobei sie alles versuchte, um ja an nichts zu denken – weder an einen Fluchtweg noch an irgendetwas anderes. Es war ein ausgesprochen unbehagliches Gefühl zu wissen, dass da jemand neben einem stand, der jeden Gedanken lesen konnte, vor allem, wenn dieser Jemand ein Mann war, den sie absolut nichts über sich wissen lassen wollte. Um nach unten zu gelangen, nahmen sie die Treppe, nicht den Aufzug. Jo ging voran. Im Erdgeschoss ließ er sie dann den Seitenausgang benutzen, um zu einem Fahrzeug auf dem angrenzenden Besucherparkplatz zu gehen. Auf dem Weg dorthin sah sich Jo um, ob sie irgendwo Nicholas oder Mortimer entdecken konnte, aber weder sah sie einen der beiden noch sonst einen Menschen.
»Wie hast du uns eigentlich gefunden?«, fragte sie ihn, als sie beide im Wagen saßen. »Ich war im Hotel in der Tiefgarage, als ihr nach unten kamt. Dein Hund hat mich bemerkt«, erklärte er grinsend und ließ den Motor an. »Glücklicherweise hatte ich gerade von einem Hotelgast getrunken, als ich euch zwei sah. Ich bin euch einfach im Wagen von diesem Gast nachgefahren. Nicholas hat die ganze Zeit nach einem SUV Ausschau gehalten, und mich hat er dadurch nicht bemerkt.« »Woher wusstest du überhaupt, dass wir im Hotel sind?«, erkundigte sie sich, als sie den Parkplatz verließen. Sie war sich ziemlich sicher, dass er keine Möglichkeit hatte, ihre Kreditkarte zu überwachen.
»Gina«, sagte er und bescherte ihr damit eine Gänsehaut. »Ich war derjenige, der an ihrer Tür geklingelt hat, als sie mit dir telefonierte. Ich habe ihre Gedanken gelesen, fand heraus, dass sie mit dir redete, und habe sie angewiesen, dich zu fragen, wo du bist.« »Aber das habe ich ihr nicht verraten.« »Das stimmt. Aber ich musste nur abwarten, bis du aufgelegt hattest, und dann den Code eingeben, um den letzten Anrufer zurückzurufen, und da meldete sich das Hotel.« »Und Gina?«, fragte Jo. »Sitzt unversehrt und ahnungslos in ihrem Apartment. Ich war zwar hungrig, aber ich wollte zum Hotel, also habe ich nur ihre Erinnerung gelöscht. Deshalb habe ich ja auch in der Tiefgarage im Hotel getrunken.«
Jo seufzte leise und ließ sich auf ihrem Sitz zurücksinken. Offenbar war sie ausgesprochen tollpatschig, wenn es darum ging, auf der Flucht keine Spuren zu hinterlassen. Erst lenkte sie durch ihre Kreditkarte die Vollstrecker auf ihre Fährte, und dann machte sie auch noch Ernie auf sich
Weitere Kostenlose Bücher