Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
noch weiterzufahren.«
»Zwei Tage?«, wiederholte sie erstaunt. Sie hatte gedacht, dass nur eine Nacht vergangen sei, aber wenn sie überlegte, wie oft sie und Nicholas sich geliebt hatten, dann waren zwei Tage durchaus möglich. Kein Wunder, dass sie sich ausgehungert fühlte. Zwischendurch hatten sie immer mal eine Pause gemacht, um den Rest der Pizza aufzuessen. Dann war Jo auf mehrere Dosen Suppe gestoßen, die sie aufgewärmt hatte....
Ja, es konnten durchaus zwei Tage vergangen sein, fand sie nun. Dann wunderte sie sich über Ernies fast schon beleidigten Tonfall, als störte es ihn, eine Erklärung liefern zu müssen, warum sie nicht sofort weiterfuhren. Man hätte meinen können, dass er von ihr nicht für schwach gehalten werden wollte, nur weil er erst mal schlafen musste. Sie konnte sich nicht erklären, warum es ihn kümmern sollte, was sie von ihm dachte.
»Es kümmert mich überhaupt nicht!«, fauchte er sie an und trat energisch gegen das Bett, das kräftig durchgeschüttelt wurde. Jo vermutete, dass er so die junge Frau aufwecken wollte, doch der Versuch schlug fehl. Die Frau stöhnte zwar, regte sich aber ansonsten nicht. »Verdammt noch mal, Dee, jetzt wach schon auf!«, herrschte Ernie sie an und beugte sich vor, um ihr eine schallende Ohrfeige zu geben. Der Knall war so laut, dass Jo mitfühlend zusammenzuckte, doch die Methode hatte Erfolg, denn die Frau wurde wach. Allerdings wirkte sie ein wenig benommen, sodass Jo sich fragte, ob das geringe Körpergewicht tatsächlich die Folge einer Heroinabhängigkeit war. Dee stöhnte mürrisch, verstummte aber in dem Moment, als sie die Augen öffnete und den Mann erkannte, der immer noch über sie gebeugt stand.
»Ernie?« Träge setzte sie sich auf und machte einen erleichterten Eindruck. »Du warst drei Tage lang weg, ich dachte schon, du hättest mich verlassen.« »Ich habe dir gesagt, ich komme wieder«, knurrte er abfällig. Besonders freundlich klang er nicht, aber wenn es stimmte, dass Ernie nicht mehr an Sex interessiert war, dann war sie ganz sicher nicht seine Geliebte. Damit blieb nur die Frage, welche Rolle sie stattdessen spielte.
»Sie ist mein Essen.... und meine Dienerin«, antwortete Ernie, der schon wieder ihre Gedanken gelesen hatte. »Stimmt doch, Dee, oder nicht?« »Ja, Ernie«, sagte sie fast geistesabwesend, während sie voller Hass Jo ansah. Verbittert fragte sie dann: »Und wer ist sie? Meine Nachfolgerin?« »Sie ist für meinen Vater bestimmt«, gab er knapp zurück. »Und jetzt steh auf und mach dich nützlich. Hast du in der Zwischenzeit gegessen?« »Ja, drei Mahlzeiten am Tag, wie du gesagt hast«, bestätigte sie hastig und nahm die Füße vom Bett. »Und die Bluttransfusion habe ich auch erledigt, einen Beutel am Tag, obwohl du nicht da warst.«
»Gut. Dann bestell dir jetzt noch was zu essen«, forderte er Dee auf. »Wenn ich aufwache, werde ich Hunger haben, und ich kann mit dir nichts anfangen, wenn du zu schwach bist, um zu fahren, nachdem ich von dir getrunken habe.« Dee nickte und wandte sich dem Telefon zu. Dann tippte sie eine Ziffernfolge ein, was Jo zeigte, dass sie sich schon lange genug dort aufhalten musste, um die Telefonnummern der verschiedenen Pizza-Taxis aus der Umgebung auswendig zu kennen. Aber Jo ging eine andere Frage durch den Kopf, die sie an Ernie richtete: »Sie verabreicht sich selbst Transfusionen, und dann trinkst du von ihr? Warum trinkst du nicht aus dem Blutbeutel und lässt sie damit in Ruhe?« »Ich mag kein kaltes Essen«, antwortete er wie selbstverständlich. »Sei lieber froh, dass ich nicht von dir trinke.« »Und wieso machst du das nicht?«, hakte sie nach. »Würdest du deinem Vater was schenken, was du selbst schon benutzt hast?«
Jo verzog den Mund. Vermutlich sollte sie ihm dafür dankbar sein, doch das fiel ihr schwer, da sie wusste, dass er sie nur in Ruhe ließ, damit er sie seinem Vater überlassen konnte, der mit ihr anstellen würde, was er wollte. Ernie sah zu Dee, die ihre Bestellung aufgab, und hörte zu, wie sie eine Pizza Calzone und einen Salat wählte. Dann sagte er: »Sorg dafür, dass es für zwei Personen reicht.« Sie drehte sich verwundert um, woraufhin er sie anfauchte: »Tu, was ich dir sage, und guck mich nicht so fragend an! Sie bekommt auch was zu essen.« Sein Kommentar überraschte Jo, da sie nicht erwartet hätte, dass er daran denken würde. »Sogar ein zum Tode Verurteilter bekommt eine letzte Mahlzeit«, murmelte er. »Ich bin
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