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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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soll. Diesen Kurs zu wiederholen, wäre die absolute Höchststrafe.«
    Also machte Josh den Tanzkurs nicht mit – das war immerhin etwas. Dennoch konnte ich es nicht lassen, ihn unauffällig zu mustern. Er war nicht ganz so groß, aber breitschultriger als Yas. Klasse Aussehen, klasse Surfer, klasse Student, klasse Persönlichkeit – wie ich Josh einschätzte, war er auch ein klasse Tänzer. Und ein Typ mit so vielen klasse Eigenschaften war mir einfach suspekt.
    »Husch, mach die Flatter!« Ich wedelte mit den Händen vor seinem Gesicht herum. »Bevor Master Dagursson auf falsche Gedanken kommt.«
    »Bin schon weg, bin schon weg.« Josh rutschte von der Mauer und besaß die Frechheit, mir im Vorbeigehen auf Deutsch ins Ohr zu raunen: »Vergiss nicht deine Hausaufgaben in Anstandslehre, mein kleines Gummibärchen .«
    Ich lief bis in die Haarwurzeln knallrot an und schickte ihm einen leisen Fluch nach.
    »Tut mir leid, Drew. Ich werde mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden.« Yas legte mir einen Arm um die Schultern und steuerte mich zu den Eingangsstufen. »Hat er irgendwas Zweideutiges von sich gegeben?«
    Ich schnitt eine Grimasse. Schlimmer.
    Schweigend betraten wir den Übungssaal, und Yas wirkte mit jeder Minute ernster. »Ehrlich, ich bringe ihn um, wenn …«
    Ich winkte lachend ab. »Das fehlte noch, dass du für mich zum Mörder wirst!«
    »Dann sag endlich, was er dir zugeflüstert hat!«
    »Ein paar deutsche Worte.« Ich stemmte beide Hände in die Hüften und lieferte ihm die englische Übersetzung. Meine finstere Miene sollte ihn daran hindern, laut loszuwiehern, aber das gelang nur halb. Zum Glück betrat in diesem Moment Master Dagursson den Saal, und Yasuo erstickte fast an seinem Gelächter.
    »Ich freue mich über Ihr zahlreiches Erscheinen.« Dagursson bedachte uns mit einem bösen Grinsen, das seine papierdünne Haut zerknitterte und deutlich verriet, dass uns nichts Gutes erwartete. Gleich darauf drehte er sich noch einmal um und rief in den Korridor hinaus: »Nur herein, nur herein!«
    Zwei Vampir-Anwärter, die ich nicht kannte, huschten mit gesenkten Köpfen herein. Sie schoben eine Art Gepäckkarren, auf dem sich jedoch keine Koffer, sondern Schachteln stapelten. Schuhschachteln.
    Ich bewegte meine Zehen in den Uniformstiefeln und entschuldigte mich schon im Voraus bei ihnen für die Folterwerkzeuge, die ich in den Schachteln vermutete. »Was zum …?«
    Unser Tanzlehrer klatschte in die Hände, und die Vampir-Anwärter ergriffen die Flucht. »Heute erwartet Sie ein ganz besonderes Vergnügen.«
    Ihn erwartete vielleicht ein ganz besonderes Vergnügen. Yas und ich wechselten dagegen einen sehr besorgten Blick.
    »Denn heute zeige ich Ihnen den Paso doble.« Er strahlte, als erwartete er, dass wir vor Dankbarkeit auf die Knie fielen. Wie er so vor uns auf und ab stolzierte, erinnerte er an einen Pfau – einen hässlichen, runzligen, selbstzufriedenen Pfau. »Ich gestehe, das war nicht meine Idee, sondern der Wunsch und Vorschlag eines Kollegen.«
    Etwas schnürte mir das Herz zusammen. Paso doble klang verdächtig spanisch. Und ich kannte zufällig einen verdächtigen Vampir, der Spanier war. Garantiert hatte Alcántara hier seine Finger im Spiel.
    »Doch bevor wir uns dem Tanz zuwenden, mache ich Sie mit einem wichtigen Element vertraut, das bisher in unserem Kurs vernachlässigt wurde.« Er deutete auf die Schachteln, und mir war sofort klar, was uns jetzt erwartete. »Das passende Schuhwerk.«
    Wir standen alle wie erstarrt da, ehe er wie ein Irrer zu klatschen begann. Der Typ klatschte wirklich bei jeder Gelegenheit – vielleicht waren seine Hände deshalb so lang und knochig. »Beeilung, Beeilung! Es ist für alle Teilnehmer ein Paar Schuhe in der richtigen Größe vorhanden. Und ich hoffe doch sehr, dass Sie den Unterschied zwischen Damen- und Herrenmodellen erkennen.«
    Ich schlurfte zu dem Gepäckkarren und hielt Ausschau nach meiner Größe. Als ich die Schachtel ganz unten entdeckt, hervorgezogen und geöffnet hatte, wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Sie enthielt ein Paar typische Ballschuhe – mit anderen Worten, Folterinstrumente. Hoch, schwarz, mit Riemchen und in meiner Größe am ehesten für Minni Maus geeignet.
    Die Dinger waren bestimmt mein Tod – wenn mich nicht schon vorher die Scham über meinen lächerlichen Aufzug umbrachte. Ich schaute an meiner Acari-Uniform herunter. Graues Oberteil und graue Leggings, mit diesen Zahnstocher-Absätzen?

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