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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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war ich nämlich fast sicher, dass all die Schikanen und Drohgebärden, ja selbst das Flirten, zu einem größeren Test gehörten.
    Denn es gab nur eine Gruppe auf dieser Insel, die völlige Unterwerfung verlangen konnte. Und das waren nicht wir Mädchen.

»Begleitet mich ein Stück«, sagte Amanda und scheuchte uns von der Couch. Es klang eher nach einer Bitte als nach einem Befehl, und ich sprang auf, erleichtert, dass ich es mal mit einer Eingeweihten zu tun hatte, die nicht wie eine Furie auf mich losging.
    Emma dagegen zögerte. »Ich kann nicht«, sagte sie. »Ich muss noch meinen Stoff durcharbeiten.« Wie um ihre Worte zu unterstreichen, deutete sie auf ihre Umhängetasche.
    Ich hoffte, dass sie nicht schwindelte – dass sie nicht in Wahrheit eine Ausrede gebrauchte, um sich in ihrem Zimmer zu verkriechen.
    Amanda musterte sie mit ernster Miene. »Na schön, Schätzchen. Dann rede ich mit dir später.«
    Ich stellte meine Büchertasche im Vorbeigehen rasch in meinem Zimmer ab und folgte dann Amanda zu der kleinen Bucht, in der viele unserer Trainings-Einheiten abgehalten wurden. Der gewundene Fußweg war auf seine Weise grandios. Grau, steinig und düster führte er an schroffen Felsformationen vorbei zum Meer hinunter, das im vagen Dämmerlicht silbrig schimmerte.
    Ich stieß gegen einen Stein, stolperte und fluchte unterdrückt. »Warum gibt es hier eigentlich keine Autos oder zumindest Fahrräder?« Die Küste lag etwa eine Meile vom Schulgelände entfernt, und das einzige Transportmittel außer den wenigen SUV s, die man den Suchern zugestand, waren unsere Füße.
    »Sie sind reichlich altmodisch, unsere Vampire.« Amanda lächelte, und wieder einmal wurde mir bewusst, wie hübsch sie mit ihren klaren, scharf gezeichneten Linien, der makellosen dunklen Haut und den schulterlangen Dreadlocks aussah. In der letzten Zeit hatte sie einen angespannten Eindruck gemacht, aber nun, da wir allein waren, wirkte sie gelöster, und etwas von ihrem wahren Ich schimmerte durch die Maske der Verschlossenheit. Unwillkürlich fragte ich mich, wie viel von ihrer Veränderung mit Ronan zu tun hatte.
    Wir kamen um eine Biegung und erspähten Masha und ihre Gruppe etwa eine Viertelmeile weiter unten am Weg. »Na großartig«, sagte ich und verlangsamte meine Schritte. »Wenn ich Glück habe, zerren diese Zicken mich in die Brandung und üben an mir Waterboarding.«
    »Bring sie nicht auf dumme Gedanken!« Sie lachte, aber gleich darauf wurde sie wieder ernst. »Schau«, sagte sie und ging ebenfalls langsamer. »Du scheinst eine besondere Begabung dafür zu haben, dir Ärger einzuhandeln. Und die Mädels da unten sind echt auf Krawall gebürstet.«
    »Ich hatte gehofft, meine Nähe zu Alcántara würde sie ein wenig bremsen.«
    Sie blieb mit einem Ruck stehen. »Der Typ kann deinen Untergang bedeuten.«
    »Aber er hat mich mit Aufmerksamkeiten überhäuft.«
    »Wir sprechen von Alcántara. « Sie betonte jedes Wort, als redete sie mit einer Geistesgestörten.
    »Ich weiß, wovon wir sprechen«, fauchte ich. »Mag sein, dass ich etwas jünger bin als du, aber das heißt noch lange nicht, dass ich total bescheuert bin.«
    »Schon klar.« Ihr Tonfall ließ allerdings Zweifel erkennen. »Verdammt, Drew, ich habe das kommen sehen. Du musst dich in Acht nehmen.«
    Ich hatte den leisen Verdacht, dass Amanda immer noch nicht ganz begriff, worum es ging, obwohl sie schon viel länger auf der Insel lebte als ich. »Ist denn die Tatsache, dass er mir den Hof macht, nicht ein gewisser Schutz für mich?«
    » Er macht dir den Hof?« Sie packte mich hart am Arm. »Seit wann? Ist etwas passiert?«
    »Nein.«
    Sie spürte mein Zögern. »Nein, es ist nichts passiert – oder nein, du willst nicht darüber reden?«
    Ich zuckte zurück, als sich ihre Finger tief in mein Fleisch gruben. »Nun ja«, gestand ich und rieb mir den schmerzenden Arm. »Er hätte mich fast geküsst.«
    Ihre Augen blitzten zornig, und ich begann mich zu verteidigen. »Im Ernst, Amanda, ich dachte, es hilft mir, wenn er mich mag.«
    »So ein Quatsch!«
    »Kein Quatsch!« Meine Stimme war jetzt ebenso scharf wie ihre. »Ich finde, es kann nicht schaden, sich den Gepflogenheiten hier ein wenig anzupassen.«
    »Du wirst deinen Weg machen, auch ohne irgendwelche Vampire zu küssen.«
    Wir hatten eine Weggabelung erreicht. Ein kleinerer Felsenpfad schlängelte sich von hier steil hinunter zu einem schmalen Strand. Ein halbes Dutzend Guidons waren bereits dort versammelt.

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