Vampirmelodie
ihr sie erkennen.‹«
»Dann bist du eine überaus fleißige und großzügige Frau«, erwiderte ich, und sie strahlte. Ich umarmte sie beide auf etwas einseitige Weise. Bevor sie gingen, fragte Michele mich noch, ob sie das Schmorgericht in die Mikrowelle stellen solle, damit ich es mir zum Abendessen nur noch warm machen musste. »Es könnte zu schwierig zu handhaben sein für dich«, sagte sie. Sie war entschlossen, mich gut mit Nahrung zu versorgen.
»Das schaffe ich später schon«, erwiderte ich, und damit musste sie sich zufriedengeben. Das Haus wirkte angenehm friedvoll, als sie weg waren, bis zu dem Zeitpunkt, als die Wirkung meiner Schmerzmittel nachließ und ich mich fragte, wo Mr C. und Diantha eigentlich waren. Hoffentlich ging es ihnen gut. Und da sich gezeigt hatte, dass seelenlose Leute die Schutzzauber meines Hauses durchdringen konnten, holte ich meine Schrotflinte heraus. Das Gewehr wäre effektiver gewesen, doch das konnte ich in meinem geschwächten Zustand einfach nicht bedienen. Wenn Copley Carmichael auftauchen würde, um zu beenden, was sein Lakai begonnen hatte, musste ich bewaffnet und bereit sein. Ich schloss das Haus gut ab, zog die Vorhänge im Wohnzimmer vor, damit er nicht gleich sah, wo ich war, und versuchte zu lesen. Ein Versuch, den ich wieder aufgab. Und schließlich sah ich mir irgendetwastotal Hirnloses im Fernsehen an. Was leider nicht schwer zu finden war.
Mein Handy hatte ich immer bei mir, und ich bekam einen Anruf von Kennedy Keyes. Sie war so glücklich, wie ich sie noch nie erlebt hatte. »Danny und ich mieten eins von Sams kleinen Häusern«, erzählte sie. »Gegenüber von den Doppelhäusern. Er sagt, du weißt, wo.«
»Aber sicher«, sagte ich. »Wann zieht ihr ein?«
»Sofort!« Sie lachte. »Danny und einer seiner Kumpel vom Baumarkt tragen in diesem Moment grad das Bett rein!«
»Kennedy, das ist ja wunderbar. Ich hoffe, dass ihr beide sehr glücklich werdet.«
Sie redete noch eine Weile, ganz außer sich über ihre neue Situation. Ich hatte keine Ahnung, ob die Liebe der beiden von Dauer sein würde, doch ich war froh, dass sie trotz ihrer sehr unterschiedlichen Herkunft einen Versuch machten. Kennedys Familie, so wie sie sie mir beschrieben hatte, war eine von entschlossenen sozialen Aufsteigern, die sich immer fragten, wohin ihr nächster Schritt aufwärts sie führen würde. Dannys Familie dagegen hatte sich eher gefragt, woher ihre nächste Mahlzeit kommen sollte.
»Viel Glück euch beiden, ich schick euch ein Geschenk zum Einzug«, sagte ich, als Kennedy langsam zum Schluss kam.
Ungefähr eine Stunde später hörte ich, wie auf dem Kies vor meinem Haus ein Auto abgestellt wurde. Als der Motor ausgeschaltet war, verrieten mir Schritte und ein sanftes Klopfen an der Tür, dass mein Besucher sein Vorhaben durchziehen wollte, obwohl ich ein sehr großes Zögern wahrnahm.
Ich griff zur Schrotflinte. Es würde höllisch schwierig werden, mit meiner verletzten Schulter einen gutenSchuss abzugeben, und es würde sehr schmerzhaft werden. »Wer ist da?«, rief ich.
»Halleigh.«
»Bist du allein?« Ich wusste, dass sie allein war, aber weil da draußen auch nicht wahrnehmbare Leute herumliefen, musste ich nachhaken. Ihre Gedanken würden mir sagen, ob sie von jemandem gezwungen wurde, an die Tür zu klopfen.
»Ja. Aber ich kann’s verstehen, wenn du nicht aufmachen willst«, sagte sie.
Ich öffnete die Tür. Halleigh Bellefleur war jünger als ich, eine hübsche braunhaarige Grundschullehrerin, die richtig, richtig schwanger war. Tara hatte sich ziemlich schwergetan, als sie die Zwillinge erwartete, doch Halleigh war geradezu aufgeblüht.
»Komm rein«, sagte ich. »Weiß Andy, dass du hier bist?«
»Ich habe keine Geheimnisse vor meinem Mann«, erwiderte sie, kam auf mich zu und schloss mich ganz vorsichtig in die Arme. »Andy ist im Moment zwar nicht allzu glücklich, aber da kann man nichts machen. Ich glaube nicht, dass du diese Frau ermordet hast. Und es tut mir wirklich leid, dass dieser Mann durchgedreht ist und dich angeschossen hat. Deine Freundin muss sich ja schrecklich fühlen, ich meine die, deren Vater vermisst wird. Dieser Kerl hat doch für ihren Vater gearbeitet?«
Also setzten wir uns für eine Weile und unterhielten uns ein wenig, bis Halleigh wieder aufstand, um zu gehen. Ich verstand, dass sie diesen Besuch bei mir machen wollte, um ihren Standpunkt zum Ausdruck zu bringen, sowohl Andy als auch mir gegenüber. Sie hielt zu denen,
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